Eine bewegte Fußballer-Laufbahn
Seine Mitspieler hießen Kimmich und Sané – Jetzt führt Ex-Profi Pascal Itter ein neues Leben

05.04.2024 | Stand 05.04.2024, 10:40 Uhr

Pascal Itter (oben) wurde beim Chemnitzer FC (Bild) zum Stammspieler in der 3. Liga. Die Jahre von 2018 bis 2020 nennt er seine „coolste Zeit“. Foto: Robert Michael/dpa

Der Fußball schreibt die ungewöhnlichsten Geschichten. So diese: Pascal Itter, aufgewachsen in Schierling im Kelheimer Fußballgäu, war U19-Europameister, kickte bei 1. FC Nürnberg und FC Schalke. Heute ist er mit 29 Jahren Spielertrainer eines Kreisligisten – und läuft wieder in einem deutschen Nationalteam auf.



Joshua Kimmich, Leroy Sané, Julian Brandt: Mit diesen und anderen namhaften Profi-Kickern stand Itter in U17- und U19-Nationalmannschaft und beim FC Schalke auf dem Platz. Auch wenn er nicht ihr Level erreichte, ist er mit sich im Reinen. „Ich konnte über viel Arbeit einiges aus meinem Talent machen“, sagt der 29-Jährige, der in seiner Kindheit im TV Schierling begann, ehe es ihn 2009 in die Nachwuchsreihen des 1. FC Nürnberg zog.

Durchbruch gelang ihm in Österreichs Erster Liga



Fünf Jahre später wurde er mit Deutschland U19-Europameister, an der Seite von Kimmich, Brandt, Davie Selke und Co. Die Tür zu Schalke – damals noch Bundesliga-Größe – öffnete sich, wo er allerdings den Sprung ins Profi-Aufgebot nicht schaffte.

Dafür gelang ihm beim damaligen österreichischen Erstligisten SV Grödig der Durchbruch. Es folgte der SC Paderborn, der in Itters Zeit in die 2. Bundesliga aufstieg, doch der Schierlinger spielte wegen eines Kreuzbandrisses kaum. „Das war leider unglücklich. Damals wäre vielleicht mehr möglich gewesen.“

Die „coolste Zeit“ erlebte er in Chemnitz



Aber Itter hadert nicht. Auch nicht damit, dass er danach mit dem Regionalligisten Chemnitzer FC zwar aufstieg – aber auch gleich wieder abstieg. „Sportlich und persönlich war es die coolste Zeit, weil ich in der 3.Liga absoluter Stammspieler war.“ Bei SC Fortuna Köln und Rot Weiss Ahlen stand er im Anschluss in der vierten Liga auf dem Platz.

Die letzte Profi-Station in Ahlen liegt fast ein Jahr zurück. Diese Saison 2022/23 war für ihn geprägt von zwei gesundheitlichen Einschnitten. „Im September 2022 musste ich mich einer Not-OP am Rücken unterziehen.“ Ein schwerer Bandscheibenvorfall drückte derart auf Nervenkanäle, dass er seine Ferse nicht mehr heben konnte. Er schaffte die Rückkehr in die Mannschaft – und zog sich Anfang 2023 in einem Spiel eine Schultereckgelenksprengung zu.

Töchterchen Lilia veränderte seine Sichtweise



Spätestens da tauchte die Frage auf: „Mache ich als Profi weiter?“ Dass er mit Ehefrau Nathalie Nachwuchs erwartete, beförderte die Gedanken über die Zukunft. „Für mich war Familie immer wichtig. Jetzt mit Töchterchen Lilia hat das Leben eine andere Qualität.“ Sieben Monate ist das Mädchen mittlerweile jung.

Der Papa zog einen Schlussstrich unter die Profi-Karriere und ging im Sommer zum FC Kray bei Essen in die Landesliga. Dort etablierte sich der gelernte Rechtsverteidiger als Stürmer. In 17 Spielen erzielte er acht Tore. „Obwohl es gut lief, waren mir die rund 100 Kilometer ins Training zu weit.“ In Paderborn, wo die junge Familie seit Ende 2022 lebt, war Itter inzwischen auch ins Berufsleben eingestiegen. Für einen Anbieter von Sport- und Bewegungsprojekten an Schulen macht er im Vollzeitjob den Vertrieb.

Bock und Bier beim Kreisligisten Suryoye Paderborn



Im Winter folgte über einen guten Freund der Schritt zum Kreisligisten Suryoye Paderborn. Itter heuerte als Spielertrainer an und kickt im Zentrum auf der Sechs. „Es macht richtig Bock. Die Mannschaft will attraktiven Fußball zeigen, nach dem Spiel sitzen wir aber auch beim Grillen und Bierchen zusammen.“ Der frühere Schierlinger zeigt Ehrgeiz und will mit der Truppe „ein, zwei Ligen nach oben klettern“.

Den Kick mit ehemals höherklassigen Spielern pflegt Itter aber auch noch. Und zwar in der „Baller League“. Diese Liga auf Indoor-Kleinfeld hoben keine Geringeren als Lukas Podolski und Mats Hummels aus der Taufe. Teils können sich Spieler über ein Draft-System für ein Team bewerben, teils werden sie wie Itter angefragt.

Indoor-Liga mit Teams von Podolski und Boateng



In den Mannschaften finden sich auch Ex-Profis wie Moritz Leitner (TSV 1860 München, Borussia Dortmund, VfB Stuttgart, Norwich City) oder Maximilian Beister (Hamburger SV, Fortuna Düsseldorf). Prominent sind vor allem die Teammanager: Podolski, Kevin-Prince Boateng, Max Kruse (der auch selbst spielt) oder Nationalspielerin Jule Brand haben Mannschaften am Start.

„Die Mischung aus alledem macht ein tolles Format aus“, sagt Itter, der sich mit vier Toren in fünf Spielen gut einstellte. Am Montag, 8. April 2024, steigt das „Final Four“ um den Titel. Itters Truppe hat es zwar nicht geschafft, aber der 29-Jährige erfuhr eine Einladung: Er wird für das deutsche Kleinfeld-Nationalteam auflaufen.

Kleinfeld-WM 2024 im Oman ist das Ziel



„An diesem Wochenende haben wir ein Vorbereitungsturnier in Polen mit Spielen gegen die Gastgeber, England und Frankreich.“ Die deutschen Akteure stammen maximal aus Ober- oder Regionalliga, erklärt Itter. Höhepunkt ist die Kleinfeld-WM Ende November im Oman. „Wenn ich im Kader stehe, bin ich gerne dabei.“

Fußball werde weiterhin eine Rolle in seinem Leben spielen. „Kicken will ich noch länger, daneben auch Trainerscheine machen.“ Das frühe Ende seiner Profi-Laufbahn stimmt ihn nicht wehmütig. „Es war alles richtig, wie es gekommen ist“, sagt Pascal Itter.

Viele Stationen

Jugend: TV Schierling (1999 - 2009), 1. FC Nürnberg U17/U19 (2009 - 2013), FC Schalke U19 (2013/14).

Profi: FC Schalke (2014/15), SV Grödig (2015/16), SC Paderborn (2016 - 2018), Chemnitzer FC (2018 - 2020), SC Fortuna Köln (01/2021/22), Rot Weiss Ahlen (2022/23).

Amateur: FC Kray (2023 - 01/2024), seit Anfang 2024 Suryoye Paderborn; „Suryoye“ bezeichnet christliche Volksgruppen von Aramäern und Assyrern aus Vorderasien, die sich (nach Verfolgung) in verschiedenen Teilen Europas ansiedelten, so in Westfalen.