Energiewende
Experte bei Neumarkter ÖDP: Zehnmal so viele Windräder und Photovoltaikanlagen nötig

07.01.2024 | Stand 07.01.2024, 15:30 Uhr
Heike Regnet

Im Landkreis Neumarkt stehen bereits zahlreiche Windräder. Rein theoretisch müssten es aber noch viel mehr sein. Foto: Wolfgang Endlein

Wie kann die Energiewende gelingen? Diese Frage stand am Samstag beim Dreikönigstreffen der ÖDP Neumarkt im Gasthaus Mittlere Gans im Fokus. Ein Experte der TU München sprach dabei klare Worte.

„Nach dreijähriger Pause lassen wir heute eine alte Tradition wieder aufleben“, freute sich Kreisvorsitzender Ludwig Härteis, als er die Gäste willkommen hieß.

Als Referent war Simon Herzog von der TU München nach Neumarkt gekommen. Er leitet an der TU Projekte zur Forschung und zur Förderung von Startups im Bereich Energie und Mobilität. In seinem Vortrag erklärte er, dass sich zwar in den vergangenen Jahren manches in Sachen Energiewende getan habe. „Aber wir haben noch 80 Prozent der Wegstrecke vor uns. Daher stehen wir mit der Energiewende bedauerlicherweise erst am Anfang“.

Nicht einmal die Hälfte des Stroms aus erneuerbaren Energien



Pro Jahr würden in Deutschland 560 Terrawattstunden (TWh) Strom benötigt. Zur Verdeutlichung: Eine TWh entspricht einer Milliarde Kilowattstunden (kWh). Der Anteil nicht erneuerbarer Energien wie Erdgas, Kernkraft, Stein- und Braunkohle habe 2021 bei 325 TWh gelegen, der der erneuerbaren bei 234 TWh. Im Jahr 2021 erzeugten laut Herzog rund 30000 Windräder deutschlandweit 122 TWh Strom, Photovoltaikanlagen auf rund 600 Quadratkilometern Fläche 45 TWh.

Strombedarf steigt weiterhin rasant

Um den gesamten Strombedarf abdecken zu können, bestehe also noch Handlungsbedarf – vor allem, wenn fossile Energieträger zunehmend durch Strom ersetzt werden sollten. Der Strombedarf werde künftig deutlich höher sein, so Herzog – etwa wenn statt Öl- und Gasheizungen elektrische Wärmepumpen verwendet werden oder auch mit Blick auf den Strombedarf für E-Fahrzeuge, Wasserstoff oder für Prozesswärme in der Industrie.

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Im Jahr 2022 lag der Primärenergieverbrauch in Deutschland bei 3269 TWh, der Anteil der Erneuerbaren bei 17 Prozent. Um hier 100 Prozent zu erreichen, müsse die Zahl von Windrädern und PV-Anlagen verzehnfacht werden, so Herzog. Allein für Neumarkt würden damit 70 Windräder nötig, was so sicher nicht umgesetzt werden könne.

Die Energiewende müsse auf drei Säulen stehen: die Energiewende vor Ort, die wichtig und sinnvoll sei, aber nicht ausreichen werde. Nötig seien auch Infrastruktur mit neuen H2-Leitungen und Abkommen mit anderen Ländern.

Im Fokus müsse dabei das Recyceln alter Anlagen stehen. Wichtig sei, Recyclingtechnik dort zu etablieren, wo PV-Anlagen und Co. stünden. „Durch Recycling werden wir auch unabhängiger von Rohstoffimporten“, so Herzog.

Neue Regelungen nötig

In vielen Bereichen brauche es künftig neue Regelungen, wie zum Beispiel bei den Gebrauchtwagenmärkten der Zukunft. Landeten gebrauchte E-Autos letztlich in Afrika, müssten auch hier alte Batterien recycelt werden. „Egal ob in Deutschland oder weltweit – Kreislaufwirtschaft ist notwendig, damit Rohstoffe nicht verloren gehen.“