Noch bis Sonntag
„West Side Story“ in Regensburg: Von Liebe und Hass in den Häuserschluchten

02.02.2024 | Stand 02.02.2024, 14:00 Uhr

Zwischen den Fronten: Tony (m.) und Maria (r. oben) Foto: Pfeifer

Irgendwo, irgendwann wartet eine bessere Welt: Das Musical-Meisterwerk „West Side Story“ feierte am Donnerstag Premiere in Regensburg. Noch bis Sonntag ist es im Audimax zu sehen.

In einer besseren Welt könnte die Liebesgeschichte zwischen Tony und Maria mit den Worten „glücklich bis ans Lebensende“ schließen. In einer besseren Welt würde sie nicht splittern zwischen aufgegebenen Immigranten und verunsicherten jungen Männern. Und in einer besseren Welt würde man auch nicht ständig unbequem daran erinnert, wie aktuell das 1957 uraufgeführte Musical „West Side Story“ von Leonard Bernstein selbst heute noch ist.

Am Donnerstag feierte die neueste Inszenierung der amerikanischen Tragödie Premiere in Regensburg: mit einem gewaltigen 36-köpfigen Orchester auf der Bühne, knalligen Kostümen, aufwendig choreographierten Show-Kämpfen und herausragenden Sängerinnen und Sängern. Von den knapp 1000 Premieren-Zuschauern im Audimax der Universität Regensburg gab es dafür Jubel und Standing Ovations.

Gefangen in Rassismus und Verzweiflung



„Wir“ gegen „die anderen“, die vermeintlich Guten gegen die vermeintlich Bösen, dunkle Haut gegen helle Haut – ob sie wollen oder nicht: Tony und Maria (gefühlvoll gespielt von Philipp Röslmair und Marie Groß) sind von Anfang an ihren Schicksalen zugeteilt. Die Jugendgang „Jets“ sieht ihr weißes Manhattan von zugewanderten Puerto-Ricanern und der Rivalen-Gang „Sharks“ bedroht. In heißen Großstadtnächten schwelt die Gewalt. Tony und Maria stehen als moderne Version von Romeo und Julia zwischen den Fronten. Sie hoffen auf Frieden und spalten die Gesellschaft mit ihrer Liebe stattdessen noch mehr.

Dieses Sozialdrama in den Häuserschluchten von New York verpackt „West Side Story“ in Extravaganz und schnipsende Tanzkämpfe. Regisseurin Julia Renz-Köck vom Lehrstuhl für Musikpädagogik der Uni Regensburg bringt den Kontrast in originalgetreuer Form auf die Bühne. Das Ensemble aus Musikstudenten singt und spielt in der Originalsprache Englisch (mit deutschen Untertiteln) und tanzt klassisch in Lederjacken und Jeans-Outfits. Damit hebt es sich von der Inszenierung ab, die zuletzt in Regensburg zu sehen war: vor zehn Jahren in einer modernisierten Fassung des Theaters Regensburg im Velodrom.



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West Side Story, ein zeitloses Meisterwerk



Noch drei mal, am 2., 3. und 4. Februar, wird „West Side Story“ im Audimax der Uni Regensburg aufgeführt. Beginn ist jeweils um 19 Uhr, Karten gibt es auf okticket.de und an der Abendkasse. Anna Kerscher übernimmt ab Samstag die Rolle der Maria und Christopher Moritz wechselt sich mit Philipp Röslmair als Tony ab. Den mitreißenden Latin-Jazz-Soundtrack liefert das herausragende Orchester unter Leitung von Christoph Eglhuber.

„West Side Story“ ist und bleibt trotz fester Wurzeln in den 1950ern ein zeitloses Meisterwerk. „There’s a place for us, a time and place for us“ beginnt dessen vielleicht berühmteste Ballade „Somewhere“. Das Lied, mit sanfter Verwundbarkeit von den Darstellerinnen gesungen, gibt dem Konflikt des Musicals eine nachhallende Melodie. Auch wenn es scheint, als würde die Gesellschaft immer gespaltener, der Hass verbitterter und die Lage auswegloser: Irgendwo, irgendwann gibt es eine bessere Welt, auf die es sich zu hoffen lohnt.