Architekt und Träger streiten
Sanierung eines Regensburger Studentenwohnheims ist jetzt ein Fall fürs Gericht

18.04.2024 | Stand 18.04.2024, 21:54 Uhr

Das Haus 1 des Studentenwohnheims erstrahlte im April 2019 in neuem Glanz. Foto: Tino Lex, Archiv

Seit 2019 ist die Sanierung des Studentenwohnheims in der Dr.-Gessler-Straße in Regensburg abgeschlossen. Nun ist sie Gegenstand zweier Verfahren vor dem Landgericht.



Der Architekt fordert ausstehendes Honorar vom Träger, dem Studentenwerk Niederbayern/Oberpfalz. Dieses will im Gegenzug Schadensersatz vom Planungsbüro. Die erste Einschätzung der Richter war für beide Seiten ernüchternd.

Lange Verfahrensdauer, hohe Kosten stellten die Richter des Landgerichts den streitenden Parteien gestern in Aussicht. Für beide Seiten geht es um eines: viel Geld. So fordert etwa das Studentenwerk Niederbayern/Oberpfalz Schadensersatz in Höhe von 875.000Euro (Beträge gerundet) von dem mit der Sanierung beauftragten Münchner Planungsbüro.

Finanzielle Ausfälle durch Verzögerung?

Die Gründe dafür sind vielfältig. Unter anderem legt der Träger dem Architekten die Überschreitung der Bauzeit, eine mangelnde Überwachung der Baustelle, falsche Beratung sowie die durch die Verzögerungen aufgekommenen Mietausfälle zur Last. Im Gegenzug fordert der Architekt ausstehendes Honorar in Höhe von rund 182.000 Euro vom Träger, maßgeblich entstanden durch die Erhöhung der anrechenbaren Kosten.

Auf dem Papier laufen die Verfahren jeweils getrennt. Da es jedoch in vielen Punkten Überschneidungen gibt, wurden alle Beteiligten zu einem gemeinsamen Sitzungstermin geladen. Zunächst skizzierten zwei beisitzende Richter den jeweiligen Sachverhalt sowie die dazugehörigen Forderungen. Anschließen offerierte die Vorsitzende Richterin Ruth Koller den beiden Parteien, eine erste Risikoanalyse des Gerichts auf Grundlage der Akten abzugeben.



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In dem Verfahren um das Architektenhonorar sei die Kammer zu der vorläufigen Einschätzung gekommen, dass die Erfolgsaussichten bei etwa 60 Prozent lägen – und damit leicht überwiegen würden. Von den geforderten rund 182.000 Euro sind allerdings nur rund 56.000 Euro überhaupt strittig, so die Richterin. Bei den angenommenen 60Prozent käme die Kammer auf rund 34.700 Euro, insgesamt also 160.000 Euro.

Komplexer scheint das Verfahren um die Schadensersatzforderung des Studentenwerks. In vielen Punkten fühle sich der Träger vonseiten des Planungsbüros falsch beraten, trug der Berichterstatter in dem Fall vor. So etwa bezüglich des Abbruchs eines Treppenhauses oder den neu entstandenen Balkoneinhausungen. „Man hätte diese Erweiterung nicht vorgenommen, wenn die wahren Kosten benannt worden wären“, fasste der Richter die Sicht des Studentenwerks zusammen. Weiter legt der Träger dem Architekten die Verzögerung der Bauzeit zur Last. Größter Knackpunkt hierbei ist aus Sicht des Gerichts, dass vertraglich kein verbindlicher Termin zur Fertigstellung vereinbart wurde. Warum dies bei einem Millionenprojekt nicht passiert sei, erschließe sich dem Gericht nicht.

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Die Bauzeit betreffend müsste vonseiten des Studentenwerks im Fall einer Weiterführung des Verfahrens umfassend dargelegt werden, „wie es hätte laufen sollen und wie es gelaufen ist“, stellte der Richter in Aussicht. Gleiches gelte für die angebliche Verletzung der Koordinationspflicht. Zum größten Posten, den Mietausfallschäden, sagte der Richter, dass es begründete Verzögerungen gegeben habe, für die das Planungsbüro nicht verantwortlich gemacht werden könne. Auf der anderen Seite gäbe es Verzögerungen, die dem Architekten zu Last gelegt werden könnten.

Jeder Monat bedeutet ein Minus

Da mit jedem Monat, in dem das Studentenwohnheim nicht vermietet werden kann, ein Schaden von 42.700 Euro entstehe, bewege man sich schnell im sechsstelligen Bereich. Insgesamt schien die Einschätzung des Gerichts dann ernüchternd: Von den geforderten 875.000 Euro stellte die Kammer dem Studentenwerk 150.000 bis 170.000 Euro in Aussicht. Zudem müsste von beiden Seiten umfangreich weiter vorgetragen werden – und damit die ganze Baustelle noch einmal im Detail aufgearbeitet werden.

Die Folgen wären ein enorm langer Prozess und Kosten im mindestens fünfstelligen Bereich. „Letztendlich kommt es auf null raus“, sagte die Vorsitzende Richterin Koller. Dabei seien die Risiken klar, es könne für beide Seiten noch in die eine oder die andere Richtung gehen. Zu einer Entscheidung kam es gestern nicht, ein Verkündungstermin wurde auf 16.Mai festgesetzt.