Landwirtschaft
1300 wilde Milchkühe aber kein Stall

Junglandwirt Maximilian Schambeck arbeitete ein Jahr in Neuseeland: Weniger Bürokratie aber hartes Business, lautete danach sein Fazit.

17.10.2014 | Stand 16.09.2023, 7:09 Uhr
Resi Beiderbeck

Die „Longland Dairies Farm“auf der Südinsel von Neuseeland war ein Jahr der Arbeitsplatz von Maximilian Schambeck (rechts). Sein Chef Martin Furrer (2. von links) hat 1300 Milchkühe. Fotos Beiderbeck

Der alte Oberpfälzer Traditionsgruß des Bauernstandes „Wünsch Glück im Stall“ ist für Neuseeland ungeeignet. Einen Stall gibt es nämlich nicht auf der „Longland Dairies Farm“. Dort erlebte der junge Landwirt Maximilian Schambeck, wie viel mehr die Milchwirtschaft auf der anderen Seite der Erde „Business“ ist als hierzulande.

Als Maximilian Schambeck im Sommer 2013 als 19-Jähriger seine Ausbildung zum Landwirt abgeschlossen hatte, war die berufliche Weiterbildung sein Ziel. Dazu musste er zunächst ein Praktikumsjahr machen. In Franken und in Schwaben hatte er während der Ausbildung jeweils ein Jahr auf einem landwirtschaftlichen Betrieb gearbeitet. Jetzt wollte er sich „ein bisserl weiter weg“ umschauen. „Wie wär’s mit Neuseeland“?, fragte sich der abenteuerlustige junge Mann und machte er sich auf den Weg zu den „Kiwis“, um auf der „Longland Dairies Farm“ in den Canterbury Plains auf der Südinsel zu arbeiten. Nicht 50 Milchkühe und nicht 100 hatte er dort zu betreuen – es waren 1300!

Sein Chef war der gebürtige Schweizer Martin Furrer, der dort 300 Hektar Land bewirtschaftet. Genau wie Maximilian Schambeck war er zunächst nur für ein Jahr als Praktikant nach Neuseeland gekommen. Aber sechs Jahre später war ihm klar, dass er als Bauer in seiner Heimat keine Perspektive hatte. So kehrte er zurück nach Neuseeland, um „Sharemilking“ zu betreiben.

Dieses System bedeutet, dass der Eigentümer des Weidelandes und der Eigentümer der Milchkühe verschiedene Personen sind, die sich zusammentun und die Einnahmen teilen. Jedes Jahr am „Gypsy Day“ werden die Karten neu gemischt. Dann herrscht Ausnahmezustand, denn es wechseln Tausende von Rindern und Hunderte von Milchviehbetrieben ihre Besitzer. Auch Martin Furrer schaffte nach drei Jahren als „Sharemilker“ den Einstieg als Partner eines Milchviehbetriebes. Seit zehn Jahren ist er nun Chef der „Longland Dairies Limited“.

Neben drei fest angestellten Kräften holt er sich laufend „junges Blut“ für die schwere und verantwortungsvolle Arbeit. So arbeitete Maximilian Schambeck mit Kollegen aus Chile, mit „Kiwis“ und mit zwei Schweizerinnen. Das neuseeländische System mit den viel größeren Strukturen fand er spannend. Er stellte aber auch fest, dass es keine Fehler erlaubt. „Du musst gut sein, sonst bist du weg vom Fenster. Die Produktionskosten sind niedriger als in Europa, die Bürokratie ist weniger ausgeprägt, aber das Business ist viel härter als hier“.

Es gibt einiges, was dem jungen Brennberger daheim auf dem elterlichen Betrieb besser gefällt: „Wir nehmen uns viel mehr Zeit pro Kuh und behandeln das Vieh erheblich besser“. Während daheim Fleckvieh gehalten wird, hat man es in Neuseeland mit Jerseys, schwarz-weißen „Holstein-Friesian“ und „Kiwi-Cross“ zu tun. „Das Vieh ist wilder und ungebändigter als bei uns und man arbeitet praktisch dauernd im Freien.“ Statt „zu Fuß in den Stall“ heißt es in Neuseeland „mit dem Motorradl zum Melkkarussell“.

Maximilians elterlicher Bauernhof daheim auf der Dosmühle ist ein Familienbetrieb mit 85 Milchkühen, von denen ihre Besitzer jede einzelne genau kennen. Einen krassen Gegensatz dazu stellt die Longland Dairies Farm als Kapitalgesellschaft mit 1300 Milchkühen dar. Statt Ställen gibt es Paddocks und gemolken wird täglich zehn Stunden non stopp.

Zu Spitzenzeiten werden täglich 50 Kälber geboren. „Arbeitstage von drei Uhr früh bis sechs Uhr abends kommen regelmäßig vor“, berichtet Maximilian, „geschenkt wird dir nichts!“ Dennoch hat er seinen Neuseeland-Job genossen: „Ich hab sehr viel Erfahrung sammeln können, viel Neues gesehen, nette Leute kennen gelernt, mein Englisch verbessert, nebenbei noch Schwizerdütsch gelernt und bin wesentlich selbstständiger geworden“. Statt Familienanschluss war Selbstversorgung angesagt und auf der Farm war ganzer Einsatz gefordert. Das fiel Maximilian nicht schwer, denn er ist keiner, der harte Arbeit fürchtet. Und natürlich nutzte er die Gelegenheit, Freizeit mit Bungeejumping, Walbeobachtung, Weinproben und Reisen zu verbringen. Wie ist es denn so in Neuseeland? Statt Fußball spielt man Rugby. Bier ist zwar nicht gut, aber teuer. Und im Fernsehen enden die Nachrichten nicht mit „Guten Abend“, sondern mit dem Maori-Gruß „Kia Ora“.

Die Natur ist atemberaubend und das Meer keine halbe Stunde entfernt.

Sehr gut gefallen hat Maximilian die Mentalität: „Die sind relaxed, zupackend, unkompliziert und total freundlich“. „Mateship“ (Kameradschaft) wird groß geschrieben und man mag es lässig. Fleißige Leute mit dem Herz am rechten Fleck sind - nicht nur als Arbeitskräfte auf Zeit - herzlich willkommen. So ist es kein Wunder, dass Maximilian Schambeck dort prima klar kam. „Good Job“ bescheinigte ihm sein Chef, der den Jungbauern gerne behalten hätte.