Event
3000 Besucher bei „Dilly Dally“

Maximale Vielfalt unter der Tüllwolke: Der kultige Regensburger Designmarkt hat den Umzug ins Marinaforum gut überstanden.

07.11.2021 | Stand 15.09.2023, 23:24 Uhr
Peter Geiger
Auch wenn die Leute etwas verhaltener zu Dilly Dally strömten als früher - im Marinaforum waren die Gänge stets gefüllt. −Foto: Peter Geiger

„Wir vom Dilly-Dally-Team betrachten es als unsere Aufgabe, dass wir die Regensburger für Design begeistern!“, sagt Tanja Jackwerth, Mitorganisatorin des Marktes, der am Wochenende im Marinaforum über die Bühne ging. Dass die Idee aufgegangen ist und Früchte trägt, sieht mal allein an der imposanten Sprache der Zahlen: Zehn Jahre liegt die Premiere von Dilly Dally mittlerweile zurück. Mit dem heuer erfolgten Umzug aus der RT-Halle ins Marinaforum fremdeln Messe und ihre rund 5.000 Besucher und Besucherinnen keinen Augenblick - im Gegenteil: Die großzügigen Räumlichkeiten werden grandios bespielt.

Jackwerth muss gar nicht lange nachdenken: „Nein, einen Stand, der sämtliche Elemente unserer Dilly-Dally-Idee verkörpert, den gibt es hier gar nicht!“ Das ist kein Zufall - sondern liegt in der Natur der Sache: Denn das Konzept der von ihr, der Innenarchitektin und ihren beiden Kolleginnen Tanja Schuster und Kathrin Hauser verantworteten Designmesse, es ist auf maximale Vielfalt angelegt! Insgesamt sind es 80 Stände auf zwei Stockwerken

Ein Puzzle in Kleinstarbeit

Um gleich vorweg Missverständnisse auszuräumen: Vielfalt, das bedeutet für Tanja Jackwerth keineswegs ein kunterbuntes Kuddelmuddel - sondern genau das Gegenteil: Dilly Dally ist für sie wie ein Puzzle, das in Kleinstarbeit zusammengebaut wird. Um diese Komposition zu perfektionieren, arbeitet das Dreierteam mehr oder weniger ganzjährig - und sorgt so dafür, dass dann, jeweils im November, sämtliche Elemente präzise und logisch ineinandergreifen. Und somit Standbetreibern wie auch den Gästen maximales Vergnügen zu ermöglichen.

Ein ästhetisches Statement

Und während man Tanja Jackwerth zuhört, bei ihren die Messephilosophie erläuternden Ausführungen („Wir mixen die Labels!“), drängt sich plötzlich der Gedanke auf: Dilly Dally ist von der Idee des Plattenauflegens getragen! Denn ebenso, wie hier unentwegt Soul und Disco aus den Boxen zu hören ist - aufgelegt von wechselnden DJ-Teams, die ihrerseits allein ihrer Intuition folgen und mit ihrem Vinyl Stimmungen und Vibes aus dem Publikum aufnehmen, verstärken und manchmal auch konterkarieren - nach eben diesem Prinzip ist diese Messe komponiert: Mit ganz viel Empathie, Einfühlungsvermögen und dem klaren, eindeutigen Willen zum ästhetischen Statement.

Das Motto fließt

Im „Move on up“-Motto fließt das alles zusammen: Denn die Titelzeile dieser fast neunminütigen Soul-Hymne von 1970, sie ist beredtes Zeugnis des Willens, voranzukommen. Oben im ersten Stock, da ist die Do it yourself-Area. Hier können sich Interessierte an der Nähmaschine ausprobieren: Und weil gelber Tüllstoff das diesjährige Dilly-Dally-Erscheinungsbild prägt, hat sich Besucherin Pia gerade daran gemacht, eine Tasche aus dem transparenten gelben Material zu nähen. „Und jetzt einfach vorwärts mit dem Fuß!“, sagt Maria vom Standbetreiber „Nähxt“ aufmunternd. Sie schaut Pia über die Schulter und unterstützt deren handarbeitliche Bemühungen: „Werd‘ scho!“

Für alles Sinne:Nachschlag:
Alles, was man kaufen kann, an Schmuckund Kleidung, an Taschen oder Accessoires, erfreut vor allem das Auge, aber auch den Tastsinn. Gleichzeitig umschmeicheln DJs die Ohren und in der „Designkantine“ gibt es feine Sachen zum Essen und zum Trinken.Zwischen 19. November und 23. Dezember gibt es außerdem im Degginger den Pop-up-Store von Dilly Dally. Wer es also dieses Wochenende nicht geschafft hat, sich einzudecken, mit Geschenken, kann dies noch nachholen.

Originale und Reprints

Zurückgekehrt ins Erdgeschoss kann man sich in der Designkantine stärken, einen Kaffee holen oder ein Curry-Gericht essen. Und dann ist da plötzlich, zwischen all den Kleidern und den Geldbörsen, den Gin-Ständen und dem Schmuck, der Stand von Wolfgang Magnet. Der gebürtige Kärntner, der im Hauptberuf an der Uni Graz als Physiker tätig ist, hat ganz außergewöhnliche Designklassiker im Angebot. Und zwar verkauft er Leinwandtafeln aus Schulen und Universitäten - entweder im Original oder als Reprints. Urplötzlich sieht man sich, angesichts einer anatomischen Darstellung aus den 1850er Jahren, zurückversetzt an den Beginn der Moderne.

Bezug zur Geschichte

Und versteht, dass diese im Steindruckverfahren auf Leinwand reproduzierten Bilddarstellungen viel mehr sind als bloße Schmuckstücke. Sie stehen an der Wiege unserer heutigen Wissensgesellschaft und zeigen, dass Design viel mehr sein kann als bloßer Beitrag zur Ornamentierung unseres Alltags. Und liefern somit auch unvermittelt einen Kommentar zur neuen Räumlichkeit: Denn das Marinaforum hat seine Ursprünge in jener Zeit, als an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert die Städte zu wuchern begannen und auch Regensburg einen Schlachthof benötigte. Zwei Räume weiter trifft man neuerlich auf Leinen, das mit dem Satz „Do not handle with care“ beworben wird: Der ebenfalls in Österreich beheimatete Hersteller „Wienzwoelf“ fertigt nämlich extrem widerstandsfähige Taschen und Jacken aus anthrazitfarbenem Leinwandstoff. Vielleicht auch ein Bild für Dilly Dally? Denn die pandemiebedingte Zwangspause hat das Festival nahezu schadlos überstanden. Und den Umzug auch!