Trauer
Alexanders Tod ist Familie ein Rätsel

Alexander Kronauer wurde in Abensberg von einem Zug überrollt und getötet. Seine Familie sucht Zeugen des Unglücks.

05.10.2018 | Stand 16.09.2023, 6:03 Uhr
Am Bahngleis in Abensberg erinnern Blumen, Kerzen und ein Foto an den am 5. August dort verunglückten Alexander Kronauer. Foto: Neumaier −Foto: Benjamin Neumaier

Tiefe Trauer, bohrende Ungewissheit und quälende Hilflosigkeit. Der Tod ihres Sohnes Alexander (18) hinterließ bei Josef und Andrea Kronauer einen Scherbenhaufen. „Es ist vor allem die Unwissenheit darüber, warum und wie Alexander gestorben ist und was in den letzten Stunden vor seinem Tod passiert ist, die uns belastet“, sagt Vater Josef Kronauer.

Deshalb versucht er auf allen erdenklichen Wegen, die Nacht, in der sein Sohn in Abensberg von einem Güterzug überrollt und getötet wurde, Stück für Stück zu rekonstruieren. „Wenn ich das nicht schaffe, habe ich versagt“, sagt er. „Ich muss herausfinden, was genau passiert ist. Das würde mir zumindest ein bisschen innere Ruhe bringen.“

Fall liegt bei Staatsanwaltschaft

Für die Behörden scheint der Fall schon abgeschlossen. Polizeisprecher Günther Tomaschko teilt mit: „Laut den Erkenntnissen der Kriminalpolizei ist es ein tragischer Unglücksfall ohne Fremdeinwirkung.“ Bei der Staatsanwaltschaft Regensburg ist der Todesfall von Alexander Kronauer noch anhänglich, sagt Oberstaatsanwalt Dr. Markus Pfaller: „Wir haben die polizeilichen Ermittlungsergebnisse noch nicht erhalten. Erst wenn das passiert ist, können wir eine abschließende Beurteilung treffen.“

Ein Hilferuf von Josef Kronauer im Video:

Bei der Auswertung des Blutes von Alexander wurde zum Todeszeitpunkt um 4.28 Uhr eine Blutalkoholkonzentration von 1,18 Promille festgestellt. „ Nach unserem Verständnis legt sich mit diesem Wert keiner zwischen die Gleise auf die kantigen Schottersteine‘‘, sagt Mutter Andrea Kronauer, den Tränen nahe.

Smartphone wurde ausgewertet

Ausgewertet wurde bei der Polizei auch das Smartphone des verunglückten Bad Göggingers. „Der Polizist, der mit dem Fall betraut war, hat auf unsere Nachfrage gesagt, dass viele Partyfotos auf dem Handy waren. Ich möchte niemandem etwas unterstellen, aber so wie ich das verstanden habe, unterstreicht das wohl die Annahme der Ermittler, dass es sich um den Unglücksfall eines Betrunkenen handelt“, sagt die trauernde Mutter und fügt hinzu: „Alexander hat, auch wenn er etwas getrunken hatte, nie etwas Extremes oder Chaotisches getan.“

Das weiß man über die letzten Stunden Alexander Kronauers:

Josef Kronauer erreichte mit stetigem Nachhaken bei den Behörden, dass das Handy seines Sohnes nun auch auf dessen Bewegungen in der Todesnacht hin ausgewertet wird – eine sogenannte Funkzellenauswertung. „Es gibt im direkten Umfeld der Todesstelle fünf Mobilfunk-Sendemasten. Je nachdem, wo sein Handy eingeloggt war, könnte man seinen Weg nachvollziehen“, sagt er. Denn trotz intensiver Bemühungen fehlen den Eltern Hinweise auf die letzten Stunden vor dem Tod ihres Sohnes . Es sind vor allem diese Stunden, die Josef Kronauer keine Ruhe lassen. „Wir haben Zettel ausgelegt und um Hinweise gebeten. Dasselbe haben wir bei Facebook getan. Wir haben seine Freunde abtelefoniert, ich habe Anwohner abgeklappert und war in allen Lokalen, die auf seinem Weg lagen und hätten liegen können. Es setzt sich ein Bild zusammen, aber eben nicht komplett“, sagt Alexanders Vater.

Ein paar wenige Hinweise seien zusammengekommen und haben das Bild der Kronauers in Teilen vervollständigt. „Um 18 Uhr habe ich Alexander nach Biburg in den Biergarten gefahren. Dort hat er sich mit Freunden getroffen. Danach sind sie zu Fuß zum Weissbierstadel auf der Gillamooswiese in Abensberg, wo die Aventinus Buam Jubiläum gefeiert haben“, sagt Kronauer. Das dortige Fest habe sein Sohn gegen 1.30 Uhr zusammen mit einem Bekannten verlassen, sich Richtung Innenstadt aufgemacht. Um etwa 1.45 Uhr trennte er sich von diesem vor dem Coronitas, das geschlossen hatte. „Gegen 2 Uhr hat ihn noch jemand vor dem Beau Rivage am Stadtplatz gesehen. Danach verliert sich seine Spur“, sagt Josef Kronauer. Bis um 4.28 Uhr, als Alexander von einem Zug – einem Sonderzug, der Kerosin transportierte – auf den Bahngleisen auf Höhe der Stadtwerke Abensberg erfasst und getötet wurde.

Todesnachricht kam um 7 Uhr

Zwei Stunden später informierten die Mitarbeiter des Kriseninterventionsdienstes Mona und die Kripo die Familie. „Ich habe es nicht geglaubt“, sagt Josef Kronauer. „Ich habe es so lange nicht geglaubt, bis ich dann nach ein paar Tagen meinen toten Sohn gesehen habe. Realisiert habe ich es aber immer noch nicht.“

Auch deshalb wolle er weiter nachforschen, „um zu begreifen, was passiert ist“. Einen Suizid schließen die Kronauers aus – „das hätte Alexander nie getan“ – auch seine Freunde bestätigten dies. Die Familie hofft weiterhin auf Hinweise, zum Tod ihres Sohnes. „Es ist vor allem ein Gedanke der uns quält: Wurde Alexander geschlagen oder betäubt und zwischen den Gleisen abgelegt? Wer unseren Sohn in seinen letzten Stunden gesehen hat oder wer etwas auffälliges bemerkt hat, soll sich bitte bei uns melden. Wir sind für jeden Hinweis dankbar“, sagt Andrea Kronauer. Kontakt zur Familie Kronauer unter Tel. (0 94 45) 2 11 63 oder (01 51) 50 51 31 43.

Weitere Nachrichten aus Abensberg finden Sie hier

Die wichtigsten Informationen des Tages direkt auf das Mobilgerät:Mit MZ und WhatsApp bleiben Sie stets auf dem Laufenden.