Rückblick
Als Tierliebe auf Magenknurren traf

Ein Blick zurück in die Adventszeit vor 50 Jahren auf dem Land: Vom „Sugerl“ füttern und dem Warten auf den Hausmetzger.

21.12.2014 | Stand 25.10.2023, 11:10 Uhr
Josef Herrnberger, „da Gaudam Sepp“ war ein gefragter Hausmetzger in den Tagen vor Weihnachten. −Foto: privat/Stelzl

Wie freute man sich vor einem halben Jahrhundert und mehr, wenn Weihnachten herannahte. Wusste man doch, dass alsbald der „Weihnachter“ geschlachtet wird, denn dann gab es Köstliches, wie Blut-und Leberwürste, Presssack, Kesselfleisch und eine heiße „Britsuppe“, mit knusprigen Bauernbrot eingebrockt, die in der meist frostklirrenden Zeit besonders gut tat.

Begonnen aber hat alles bereits gut ein halbes Jahr vorher, mit dem Kauf eines kleinen „Sugerls“, einem Ferkel, gekauft an einem Markttag in Cham und in einer Kiste oder in einem Sack mit dem Lobmayerbus, der über Zandt nach Harrling fuhr.

Den restlichen Weg wurde es meist getragen - auf dem Buckel oder in einem Schubkarren heimgefahren.

Fleisch für den Fleischbeschauer

Daheim aber im Stall, gut eingestreut mit Stroh und mit Futter versorgt, wurde es schnell zutraulich und ließ sich den Rücken kraulen und wurde manchmal auch mit besonderen Leckerbissen gefüttert, zum Beispiel zu Kartoffeln und Getreideschrot auch mit kuhwarmer Milch. Man freute sich, wenn das Ferkelchen gedieh, rundlich und „foast“ (fett) wurde. Nahte schließlich Weihnachten, überkam dem einem oder anderem doch etwas Mitleid mit der armen Sau, weil es ihr bald an den „Kragen“ gehen wird. Aber die Vorfreude auf all die Köstlichkeiten und auf Schweinebraten mit Knödel übertraf das Mitleid

Kam der Tag des Schlachtens, kam der Metzger mit einem Trumm Hackebeil. Alles war vorbereitet, der Sautrog, das Brühpech, kochendes Wasser im Kessel und die Schüssel zum Blutrühren samt Schneebesen. Später wurde zum Töten ein Schussapparat verwendet, das ging dann schneller und schmerzloser vor sich.

War die Sau tot, hieß es schnell Blutrühren, damit sich keine Klümpchen bilden konnten und damit es schneller abkühlte, durfte man eine Handvoll Schnee hineinwerfen. Die Sau wurde in den Trog geworfen, mit Brühpech eingerieben und mit heißem Wasser übergossen, damit sich die Borsten lösten und entfernt wurden die Klauen. War alles sauber geputzt, hängte sie der Metzger am „Sauschragen“ auf, schnitt sie in der Mitte auf und entfernte die Därme, die dann sauber geputzt wurden, denn man verwendete sie als Hülle für die Leber-und Blutwürste, ebenso den Magen, in ihm kam der Presssack.

Vorsichtig entnommen wurde auch die Saublase, man ließ sie trocknen und im Fasching konnte man sie zu allerlei Späßen gebrauchen, weil sie so schön krachte.

Inzwischen traf der Fleischbeschauer ein, der Proben von verschiedenen Stellen entnahm und prüfte, ob das Schwein auch gesund gewesen ist. Er bekam meist zu dem Geldbetrag auch noch ein schönes Stück Fleisch für ihn selber dazu.

Kesselfleisch und Bier

Dann erst konnte mit dem Kochen des Kesselfleisches begonnen werden, aus dem Leber-und Blutwürste und der Presssack gemacht wurde. Unmengen Zwiebeln hieß es nun schneiden und Speck fein würfeln, das gekochte Fleisch wurde durch den Wolf gedreht, mit Salz, Pfeffer und Majoran gemischt und die Würste dann im „ziehenden“ Wasser, kein kochendes, hineingelegt. Fertig waren Leber-und Blutwürste, wenn man mit einer feinen Nadel hineinstach und klarer Saft (kein blutiger) herauskam.

In der Zwischenzeit konnte man sich Kesselfleisch einverleiben, bestehend aus Innereien, von Zunge oder Stücke aus Kopf oder Hals, dazu frisches Brot und einen Trunk Bier. Ganz früher aber gab es zum Dazutrinken nur Wasser vom Brunnen, wie erzählt wurde, was aber oft zur Folge hatte, dass man, bedingt durch ungewohntes und fettes Essen, sehr schnell oder mehrmals hintereinander auf’s „Häusl“ musste. War es gerade nicht besetzt, hatte man Glück! Aber das war ganz normal und gehörte zum „Weihnachter-Schlachten“ dazu!

Eine Freude bis zum Fasching

Herrliche Zeiten brachen über die Feiertage und bis hin zu Dreikönig an.Es gab „Britsupe“ (in der die Würste gekocht wurden), täglich Leber-und Blutwürste und Presssack, man konnte nichts länger aufheben, denn Tiefkühltruhen gab es ja damals noch nicht! Das Fleisch wurde in einem kleinem Krautfassl in die „Sur“ gelegt (eingepökelt), und nach einigen Wochen ein paar Tage in den Kamin gehängt, den Ofen mit Holz (keine Kohle) und mit Kronawitta-Stauden (Wacholder) beheizt.

Meist war das Geselchte dann um die Faschingszeit fertig. Am allerbesten war es,wenn es noch rauchwarm aus der „Selchkammer“, die an den Kamin angebaut war, kam. Köstlicheres konnte man sich damaliger Zeit nicht vorstellen.

Ein seifiges Stück Speck

Wieder einmal war es soweit, dass das geselchte Fleisch aus dem Rauchfang genommen wurde. Wir freuten uns und aßen mit Genuss, Hände und Mund zur Teil rußverschmiert, aber was tat das schon.! Etwas abseits sah mein Vater später ein Stückchen vermeintlich schwarzen Speckes liegen und biss herzhaft hinein. Aber es war nur Kernseife, die schwarz war, weil sich Mutter vorher ihre Hände damit gewaschen hatte. Er hat das Stück schnell ausgespuckt und den Mund immer wieder mit Wasser ausgewaschen, aber alles half nichts gegen den Seifengeruch. Da hat er sich den Mund in seiner Verzweiflung mit einem gehörigen Schluck Schnaps ausgespült, das hat dann geholfen – für den Spott aber brauchte er lange Zeit nicht mehr zu sorgen.