Sanierung
Altes Haus zu neuem Leben erweckt

Karl Ulrich Kratzer hat das denkmalgeschützte ehemalige Post- und Verstärkeramt in Hemau kernsaniert und umgestaltet.

24.07.2015 | Stand 16.09.2023, 7:04 Uhr
Bernhard Seiberl
Das ehemalige Postamt, frisch saniert, wird zur sozialen Einrichtung. −Foto: Fotos: Seiberl

Nach dem Abbau der Gerüste bietet sich dem Betrachter ein imposanter Anblick. Das mächtige Gebäude des ehemaligen Post- und Verstärkeramts an der Nürnberger Straße 17 in Hemau aus den 20-er-Jahren wurde nach den Richtlinien des Denkmalschutzes aufwendig kernsaniert und umgestaltet. Mit der Erhaltung eines historischen Gebäudes hat sich der Eigentümer, Dr. Karl Ulrich Kratzer, einen Lebenstraum erfüllt.

Bei der Aufbereitung des Gebäudes wurden höchste Ansprüche auf Qualität und Detailtreue gelegt, wobei das technische Innenleben dem neuesten Stand angepasst wurde. Treppenhäuser, die Pflasterböden im Erdgeschoss, Türen und Fenster samt Beschlägen wurden soweit möglich erhalten, beziehungsweise nachgebaut, auch die Stuckdecke im ehemaligen Schalterraum und Eingangsbereich wurde aufgefrischt. Oberhalb der früheren Eingangstür wird die in dem Türbogen enthaltene Kennzeichnung „Post“ zur Zeit saniert und danach an originaler Stelle wieder eingebaut.

Außen wurde nichts verändert

Am Außenbereich des Gebäudes wurde nichts verändert, mit Ausnahme der Dachgauben. „Auf der Südseite waren bereits früher sieben Gauben vorhanden, jetzt haben wir auch auf der Nordseite Dachgauben gesetzt, vom Denkmalschutzamt gab es hierzu keine Beanstandung“, so der Bauherr.

Auf dem etwa 4000 Quadratmeter großen Areal befindet sich im künftigen Gartenbereich eine Pagode als „Ort der Begegnung“ umgeben von einem noch anzulegenden „Blindengarten“. Die Wegführung erfolgt dann durch Tasten und Riechen (Riechgarten).

Der westlich angrenzende und angebaute Gebäudekomplex, Nürnberger Straße 17a, befindet sich nach wie vor im Besitz und in der Nutzung der Telekom.

Blinde Menschen ziehen ein

Der erste Stock und das neu ausgebaute Dachgeschoss werden künftig vom bereits ortsansässigen Blindeninstitut genutzt. Die Böden (rot für den Flur, grün für den Wohnbereich) und spezielle Beleuchtungen sind blindengerecht verbaut. Jeweils zwei Zimmer sind mit einer Nasszelle verbunden. Zusätzlich befinden sich in den beiden Stockwerken, zwei Verteilerküchen mit einem angrenzenden Wohnzimmer sowie einem Pflegebad mit spezieller Badewanne.

Ein Seminarraum unter frei tragenden Balken im Dachgeschoss und ein Aufzug, in dem auch liegend transportiert werden kann, runden die Ausstattung ab. Auf die geforderten und umfangreichen Brandschutzeinrichtungen für die speziellen Behinderteneinrichtungen wurde besonders geachtet, erklärt der Bauherr. Die Betreuung in diesem Bereich erfolgt rund um die Uhr.

Im Erdgeschoss, östliche Seite, richtet das Bayerische Rote Kreuz eine Tagespflege ein. Die Pflegezeiten reichen von etwa 7.30 bis 16.30 Uhr. Die Pflegestation kann bis zu 15 Plätze anbieten. Der Start ist für den 3. August geplant. Verschiedene Sozialräume ergänzen die Station der Tagespflege. Und im westlichen Teil eröffnet demnächst das Sanitätshaus Reichel und Platzer.

Auf die Rentabilität angesprochen, meinte der Bauherr: „In meinem Leben wird es wohl zu keiner schwarzen Zahl mehr kommen, vielleicht bei den nachfolgenden Generationen.“ Mit Dankbarkeit verwies Dr. Kratzer noch besonders auf Franz Gassner aus Neukirchen, zuständig für den Trockenbau und die Dacharbeiten, der bei den vielen Problemen immer einen guten Rat parat hatte.

Postgeschichte begann 1851

Die Postgeschichte in Hemau begann bereits im Jahr 1851. Nach der Nutzung von verschiedenen Liegenschaften wie Posthalterei Eibl am Oberen Stadtplatz (heutiges Bistro Moritz), oder der Postkraftwagenhalle auf dem Mönchsberg (ein Mehrfamilienhaus befindet sich heute auf dem Areal) kam es im Jahr 1925 zum Neubau an der Nürnberger Straße. 1926 wurde es seiner damaligen Bestimmung übergeben und galt zu jener Zeit als schönstes Gebäude der Stadt. 2001 konnte noch das 75-jährige Jubiläum des expressionistischen Gebäudes mit Walmdach und zwei Eck-Erkern gefeiert werden.

Martin Lintl der letzte Betriebsleiter kann sich noch sehr genau an diese Zeit erinnern. „Bereits zu diesem Zeitpunkt waren schon Arbeitsbereiche verlagert, Hemau war von 1996 bis etwa 2003 nur noch Zustellstützpunkt.“

Der letzte Betriebsleiter erzählt

„Was ich nicht vergessen werde, genau an meinem 50. Geburtstag, dem 1. Juli 1996, bekam ich meine Versetzung nach Cham in die Hand gedrückt. Zum Glück konnte ich später nach Kelheim versetzt werden, so reduzierte sich die Fahrtstrecke zum Arbeitsplatz doch erheblich. Im Laufe der Jahre mussten viele Veränderungen hingenommen werden, 23 Arbeitsplätze hatten wir in unserer besten Phase, zu Zeiten des Zustellstützpunkts waren gerade die Schalter noch besetzt. Das Telefongeschäft (heute Telekom) wurde ausgelagert, Veränderungen waren an der Tagesordnung, aber mit so einem radikalen Schnitt rechnete damals noch niemand“, erzählt Martin Lintl.