Nach Waffenkauf
Amoklauf in Hamburg: Anonymer Hinweisgeber warnte Behörden im Januar vor Philipp F.

10.03.2023 | Stand 10.03.2023, 18:38 Uhr

dpa

Ein ehemaliges Mitglied der Zeugen Jehovas hat dieAmoktat von Hamburgbegangen. Der Mann hatte seine Gemeinde wohl nicht im Guten verlassen. Nach einem anonymen Hinweis war er zudem ins Visier der Behörden geraten.



Der schnelle Einsatz der Polizei hat wohl ein noch schlimmeres Blutvergießen verhindert beim Amoklauf während einer Gemeindeversammlung der Zeugen Jehovas in Hamburg. Doch der Hass, mit dem der mutmaßliche Täter sieben Menschen und schließlich sich selbst tötete, kam nicht aus dem Nichts.

Anonymer Hinweis an Waffenbehörde im Januar

Im Januar habe ein anonymer Hinweisgeber die Waffenbehörde auf Philipp F. „besondere Wut auf religiöse Anhänger, besonders gegenüber den Zeugen Jehovas“ aufmerksam gemacht, sagt Hamburgs Polizeipräsident Ralf Martin Meyer am Freitag. Außerdem: Wieder ist der mutmaßliche Täter Sportschütze. Nur einen Monat vor dem Hinweis hatte der 35-Jährige die Waffenbesitzkarte erhalten und sich eine halbautomatische Pistole gekauft. Der Tippgeber aus dem Januar sorgt sich offenbar, befürchtet eine psychische Erkrankung, mit der sich Philipp F. seinen Angaben zufolge aber nicht behandeln lässt. Und er hält es angesichts des Waffenbesitzes wohl für nötig, die Behörden vor Philipp F. zu warnen - spätestens da ist der Mann auf dem Radar.

Intensiv mit Gott und Jesus auseinandergesetzt

Im Internet gab Philipp F. einiges über sich und seine Gedankenwelt preis. Die Webseite des Täters zeigt etwa, dass er sich intensiv mit Gott und Jesus Christus auseinandersetzte. Die Waffenbehörde hatte den aus Memmingen im Allgäu stammenden Mann zwar schon bei der Erteilung der Waffenbesitzkarte auf seine Zuverlässigkeit überprüft, routinemäßig Erkundigungen in den Akten von Polizei, Verfassungs- und Staatsschutz angestellt. Zweifel an der Zuverlässigkeit des späteren Amokläufers hätten sich da aber nicht ergeben, sagt Meyer.

Beamte überprüften Wohnung Anfang Februar

Nach dem Hinweis hätten ihn dann am 7. Februar zwei Beamte der Waffenbehörde in seiner Altonaer Wohnung besucht - unangekündigt. „Er zeigte sich kooperativ, erteilte bereitwillig Auskunft, es war ein offenes Gespräch.“ Sowohl Waffe als auch der Tresor, in dem sie verwahrt wurde, hätten keinen Anlass zur Beanstandung gegeben, „bis auf eine Kleinigkeit, weil ein Projektil oberhalb des Tresors lag“, sagt der Polizeipräsident. Die gesamten Umstände hätten auch keinerlei Anhaltspunkte für die Beamten ergeben, „die auf eine psychische Erkrankung hätten hindeuten können“. Man habe über alltägliche Dinge wie die Wohnungseinrichtung gesprochen „und ist am Ende des Tages rausgegangen und hat ihm wegen des kleinen Verstoßes eine mündliche Verwarnung ausgesprochen“. Philipp F. habe sich entschuldigt, „es war ihm auch erkennbar peinlich“.

An diesem Punkt verschwand Philipp F. dann wieder vom Radar der Behörden, bis zu diesem Donnerstag, bis zu der Gewalttat in der Gemeindeversammlung, die Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) einen Tag später als „das schlimmste Verbrechen in der jüngeren Geschichte unserer Stadt“ bezeichnen wird.

− dpa