Initiative
An diesem Gebäude hängt ihr Herz

Josef und Monika Kerner sanieren das Schlosserhaus in Lam. Wenn es fertig ist, sollen eine Schau-Schmiede und eine Ferienwohnung ihre Türen öffnen.

18.10.2013 | Stand 16.09.2023, 7:21 Uhr
Maria Frisch

Die Kerners mit einer Aufnahme ihres Häusls aus dem Jahr 1910

„Das ist mein Elternhaus. Hier bin ich groß geworden“, sagt Monika Kerner und zeigt auf ein Stück „Alt-Lam“, das auf Außenstehende sicherlich marode wirkt, an dem aber ihr und das Herz ihres Mannes Josef hängt. Und sie strahlt dabei so eine Leidenschaft aus, dass man es den beiden ohne weiteres glaubt, dass sie ihr Ziel, die Revitalisierung des sogenannten Schlosserhauses, auch schaffen. Wochenlang packen sie schon bei der Instandsetzung mit an – und müssen dies auch, weil ihre Eigenleistung eines der Standbeine der Finanzierung ist. Wenn die Sanierung in Zusammenarbeit mit dem Landesamt für Denkmalpflege abgeschlossen ist, soll die Schmiede wieder für Schauzwecke geöffnet und im Obergeschoss eine Ferienwohnung vermietet werden.

„Es wurde biegeweich gebaut“

Zur Seite stehen den beiden unter anderem Architektin Petra Hofmann aus Högen an der Grenze der Oberpfalz zu Mittelfranken und Statiker Anton Landgraf aus Amberg – zwei, die beruflich öfter miteinander zu tun haben. Ihnen liegt, wie auch den Hauseigentümern daran, dass die Akzeptanz der Bevölkerung bezüglich der Sanierung des Gebäudes wächst. Deshalb haben sie am Donnerstag einen Pressetermin einberufen. Anton Landgraf vermittelt dabei gleich einen Überblick, was an der Substanz alles kaputt war, und das ist etliches. „Wir hatten es mit drei Schadensarten zu tun: ursprüngliche Mängel, unsachgemäße Eingriffe bei vorgenommenen Umbauten und die Feuchteschäden.“

Das Gebäude wurde nämlich um das Jahr 1876 in den Hang hineingebaut. Dies war von Anfang an ein Risiko, weil die Rückwand durch die Einwirkung von Wasser geschädigt wurde. Außerdem beschränkten sich die Bauherren aufgrund der ärmlichen Verhältnisse bei der Konstruktion auf das Minimalste. „Es wurde äußerst sparsam und biegeweich gebaut – sozusagen an der Grenze von allem, sowohl was die Holzquerschnitte als auch die dünnen Wände betrifft“, erklärte der Statiker.

Notdürftig ersetzt

Ursprünglich war es Wohnung und Werkstatt mit überliegendem Lagerraum. Deshalb ließen die Erbauer die Fugen offen, weil sie oben Heu gelagert hatten, das gelüftet werden musste. Als die Räumlichkeiten zu Wohnzwecken gebraucht wurden, war die Zirkulation unerwünscht und der schöne Holzblock wurde innen und außen verputzt. Zu den weiteren unsachgemäßen Eingriffen zählt Anton Landgraf die herausgeschnittenen Bohlenwände und den nachträglichen Einbau einer Giebelstube samt Kamin.

„Dafür hat man viele Konstruktionsteile geopfert.“ Ein Barockhaus mit soliden Querschnitten hätte das eher verkraftet als dieser Minimalbau. Als Schwächung der Substanz kam hinzu, dass die abgefaulte und abgestockte hintere Blockwand mit nur acht Zentimetern Stärke herausgerissen und mit ein paar Brettern notdürftig ersetzt wurde („Wir haben uns selber gefragt, wie das Haus überhaupt noch stehen bleiben konnte“).

„Jetzt gehen wir langsam und behutsam wieder an den statischen Aufbau“, sagte Landgraf und zeigte auf die ergänzte hintere Wand. Aussteifungsstützen bilden einen Ersatz für die einst herausgeschnittenen Wände und gewährleisten zusätzlich einen freien Dachraum. „Das ist jetzt das Grundskelett, das wir langsam aufbauen“, ließ der Statiker durchblicken.

Die erste Notmaßnahme war die gemauerte Rückwand, die massive Schäden aufwies. Dahinter wurde aufgegraben und eine Drainage eingebaut, damit das Wasser vom Hang kontrolliert abfließen kann. Der nächste Schritt war die Errichtung eines Schutzdaches, um darunter die Kamine abzutragen und das Gebäude statisch zu ertüchtigen. „Das ist wirtschaftlicher, als ständig alles mit Folie auf- und abzudecken.“

Es sei schon eine mühselige Angelegenheit, sich in die alte Handwerkstechnik hineinzudenken. „Wir haben ein Riesenglück, dass uns der Handwerker Albert Hausner von der Firma Wutz aus Grafenkirchen zur Seite steht, der diese alten Holzdohlenverbindungen beherrscht“, sagte der Statiker, der zuletzt das Wasserschloss in Arnschwang saniert hatte, das vielfach als Wunder von Arnschwang tituliert wurde. „Das hier könnte das Wunder von Lam werden“, meinte er. Nach der Urkonstruktion der Bauherrn wurde später im Parterre eine Schmiede eingebaut.

Das Ganze ist ein „Hobby“

Bevor Josef und Monika Kerner die Sanierung in Angriff nahmen, wandten sie sich an das Amt für Denkmalpflege, die dafür Architekten und Statiker empfahlen. Da keine brauchbaren Pläne vorhanden waren, wurde vom Amt ein Vorprojekt bezuschusst, das das Aufmaß, die statische Untersuchung und die Entwicklung eines Nutzungskonzepts mit Kostenermittlung beinhaltete. Sinn und Zweck ist, sich darüber klar zu werden, ob das Ganze überhaupt machbar ist.

Diese Frage stellte sich auch die Familie Kerner, zumal sie das „Häusl“ nicht zum Wohnen braucht, weil sie in Dietersdorf bei Zandt ohnehin ein Wohnhaus besitzt. Das Herrichten des Elternhauses in Lam fällt sozusagen unter die Rubrik „Hobby“. Also wurde aus dem Finanzrahmen die mögliche Eigenleistung, die nicht unerheblich ist, herausgerechnet. Woche für Woche nehmen sie die Arbeitsaufträge der Architektin entgegen und erledigen diese zuverlässig und prompt. Ohne Zweifel sind dabei die Berufe der Eigentümer hilfreich: Josef Kerner ist gelernter Elektriker, Sohn Jakob Heizungsbauer, Monika Kerner Bauzeichnerin. „Die Kerners leisten enorm viel, haben sogar die Stützmauer selbst errichtet“, sparte die Architektin nicht mit Lob für die Bauherrn.

„Eine Superlösung“

Für die denkmalgerechte Sanierung gibt es zwar Zuschüsse vom Landesamt, dem Bezirk und der Bayerischen Landesstiftung, die allerdings nur den denkmalpflegerischen Mehraufwand abdecken. Das Nutzungskonzept ergab sich aus der noch vorhandenen Schmiede, die nicht nur für die Nachwelt erhalten, sondern auch für Veranstaltungen wieder in Betrieb gesetzt werden soll. „Das sieht das Landesamt für Denkmalpflege als Superlösung“, erinnerte sich Petra Hofmann.

Kombiniert wird das Ganze mit einer Ferienwohnung im Obergeschoss und voraussichtlich einem Matratzenlager mit kleiner Sauna im Dachgeschoss. Die übrigen Räume im Erdgeschoss brauchen die Bauherrn für die Pellets-Heizung. Den Anbau halte man sich für Events frei, denkbar sind Vorführungen der Schmiede oder das Hufbeschlagen von Pferden.

„Wir bekommen schon viel Zuspruch von Lamer Bürgern“, sagt Monika Kerner, die ihr Elternhaus auch auf einem Kalender aus dem Jahr 1910 entdeckt hat. „Da sieht man unser Haus noch mit Blockbau und außen unverputzt“, zeigte sie auf die Aufnahme. Interessant finden es die Eigentümer, was damals alles als Dämmmaterial verwendet wurde, zum Beispiel eine Schicht Ruß, Birkenreisig oder Bergwerksschlacke. „Die waren so arm, dass sie alles verwendeten, was nichts gekostet hat.“ Natürlich hat Monika Kerner auch schon in der Ahnengalerie gestöbert. Erbaut hat das Häusl Schlossermeister Josef Kuchler, der mit der Hebamme Maria Christina Kuchler, geborene Stoiber, verheiratet war. Deshalb gab es in dem Gebäude ein Hebammenzimmer. Als Beweis fanden die beiden eine Gebührenordnung für Hebammen von 1870. Die Relikte der Vorzeit, auch Originalmöbel, platzieren die Eigentümer nach der Fertigstellung wieder in diesem steinernen und hölzernen Zeitzeugen.

„Heimat verkauft man nicht“

Anton Kuchler, der Vater von Monika Kerner, hat bis ins hohe Alter von 83 Jahren „immer noch ein bisschen in der Werkstatt gekruscht und im Winter das Öferl eingeheizt“, obwohl das Schlosseranwesen schon seit rund 30 Jahren unbewohnt ist. Das Grundstück hätte ihr Vater schon vor 20 Jahren verkaufen können und eine ansehnliche Summe dafür erhalten. Dann wäre aber der Abriss unausweichlich gewesen. „Seine Heimat verkauft man nicht“, hatte er stets gesagt.

Die Schmiedeeinrichtung wurde ausgelagert. „Oberkonservator Karl versicherte uns, dass dies eine der letzten historischen Schmieden der Oberpfalz ist und eine besondere Wertigkeit hat“, sagte Monika Kerner, die mit ihrer Familie dem Trend entgegensteuern will, dass alte Substanz rigoros weggerissen wird. Für sie hat das Baudenkmal eine besondere Atmosphäre. Außerdem wollen die Bauherren anderen Mut machen, sich beraten zu lassen, falls sie ebenfalls über ein Objekt verfügen, das gerettet werden könnte.