Film
Annika Blendl punktet als neues Talent

Die Schauspielerin aus Regensburg überzeugte am Sonntag im „Tatort“. Als Regisseurin hat sie sich an den Fall Mollath gewagt.

16.06.2015 | Stand 16.09.2023, 7:10 Uhr
An der Seite von Thomas Heinze spielte Annika Blendl am Sonntag im „Tatort“ eine Umweltaktivistin. −Foto: Radio Bremen

Sie ist hübsch, sie ist musikalisch, sie kann gut schauspielern, obwohl sie es nie auf einer Schule gelernt hat – und nun wechselt Annika Blendl auch noch ins Regiefach. In wenigen Tagen wird die gebürtige Regensburgerin beim Münchner Filmfest gemeinsam mit Leonie Stade einen Dokumentarfilm über Gustl Mollath präsentieren. Als Kontrastprogramm drehte sie zwischendurch noch einen „Tatort“. In „Wer Wind erntet sät Sturm“, den am Sonntagabend 8,5 Millionen Zuschauer verfolgten, schlüpfte sie in die Rolle einer leidenschaftlichen Umweltaktivistin und spielte an der Seite von Sabine Postel, Thomas Heinze und Helmut Zierl. Es war bereits die fünfte Tatort-Figur für Blendl. Die Zeitschrift TV Spielfilm lobte: „Ihr Entwurf einer modernen Frau, die kühl und strukturiert agiert, aber die innere Zerrissenheit der ehemaligen Ökoidealistin noch in sich trägt, hinterlässt Eindruck.“

Von der Kunst zur Kamera

Die ehemalige Waldorfschülerin, die mit zwei Schwestern und drei Brüdern in der Oberpfalz aufgewachsen ist, gehört zu den Multitalenten der Branche. Als zweifache Gewinnerin von „Jugend musiziert“ hätte sie Geige an einer Musikhochschule studieren können. Annika Blendl entschied sich aber zunächst für Kunst und ging nach dem Abitur nach Berlin. Doch dann kam die Schauspielerei dazwischen. Ihre ältere Schwester Mareile hatte die Schauspielschule bereits abgeschlossen, als auch Annika ihr Interesse entdeckte. Sie wollte vor die Kamera – aber ohne eine theoretische Ausbildung wie sie einmal in einem MZ-Gespräch sagte. Denn sie hatte Sorge, dass sie durch das intensive Training ihre natürliche Ausstrahlung und Glaubwürdigkeit verlieren könnte. „Natürlich hätte das ohne Ausbildung auch schief gehen können.“ Es zeigte sich aber schnell, dass der Weg auch so zum Erfolg führt.

Zwei Kinder, Drehs und Studium

Blendl überzeugte Regisseure wie Dominik Graf und Christian Petzold. Ab 2002 spielte sie in vielen deutschen Krimireihen mit, aber auch an der Seite von Til Schweiger in dem Film „Zweiohrküken“. Bei den Dreharbeiten zum Kinodrama „Maria am Wasser“ lernte Blendl Alexander Beyer („Goodbye, Lenin!“) kennen und – wie im Film – lieben. Das Schauspielerpaar lebt in einem kleinen Dorf bei München und hat inzwischen zwei Kinder.

Annika Blendl, die am heutigen Dienstag ihren 34. Geburtstag feiert, und sich selbst als „zappelig“ beschreibt, fühlte sich aber wohl noch nicht genug ausgelastet mit Job und Familie und begann 2009 auch noch mit einem Studium an der Filmhochschule München. Bereits mit ihrem zweiten Werk, das sie auch als Produzentin betreut, erregt sie jetzt große Aufmerksamkeit: Ein Jahr lang begleitete Blendl gemeinsam mit ihrer Kommilitonin Leonie Stade den ehemaligen Psychiatriepatienten Gustl Mollath auf seinem Weg in die Freiheit. Ab 9. Juli kommt die Dokumentation „Mollath – und plötzlich bist du verrückt“ in die Kinos. „Wir erzählen den Film aus unserer Perspektive der Filmemacherinnen. Wir möchten erkennen, wer der Mensch Gustl Mollath ist“, sagt Blendl. Bei den Dreharbeiten habe sie viel gelernt, über die Gesellschaft, über Medien und über die Justiz.

Zeit zum Verschnaufen, bevor ihre Regie-Abschlussarbeit für die Filmhochschule ansteht, gönnt sich die Schauspielerin nicht. Seit Mai ist sie in Hamburg und Berlin und dreht für das ZDF den Film „Zweimal Lebenslänglich“.