Freizeit
Auf dem Saurierweg zum Tatzelwurm

Die MZ stellt dieses Jahr Wandertouren mit Kindern vor. Familie Sigel ist heute auf dem Erlebnispfad Juralandschaft unterwegs.

15.05.2012 | Stand 16.09.2023, 21:03 Uhr
Heike Sigel

Essing.„Gehen Sie den Erlebnispfad Juralandschaft, der wird sicher der ganzen Familie gefallen.“ Angelika Nowy von der Touristinfo im Essinger Rathaus ist heute das Zünglein an der Waage. Innerhalb der Familie herrscht eine Pattsituation. Mutter und Sohn wollen hoch zur Burgruine Randeck, während Vater und Tochter unbedingt einen Rundwanderweg gehen möchten, bei dem man über den „Tatzlwurm“ wandern darf. Mit 193 Metern ist die wellenförmig geschwungene Holzspannbrücke immerhin eine der längsten Holzbrücken Europas. Im Volksmund wird das Wahrzeichen Essings liebevoll „Tatzelwurm“ genannt. Die freundliche Frau Nowy empfiehlt eine leicht gekürzte Version des rund fünf Kilometer langen Essinger Erlebnispfades – „Tatzelwurm“ inklusive – somit ist die Entscheidung gefallen.

Der Flugsaurier weist uns den Weg

Der Rundweg ist thematisch in mehrere Stationen eingeteilt und gut beschildert. Die enge Verbindung des Ortes an der Altmühl mit dem Element Wasser stellt das Motto des Weges dar. Blaue Tafeln mit einem schwarz-weißen Flugsaurier namens Pterodactylus weisen die nächsten zweieinhalb Stunden den Weg. Der Grund hierfür ist einer Begleitbroschüre aus der Touristinfo zu entnehmen: Erstens war die Jurazeit die Zeit der Saurier und zweitens wurde das schönste Exemplar eines Pterodactylus ganz in der Nähe, nämlich am Herzberg in Ihrlerstein, gefunden. „Offizieller“ Start der Runde ist eigentlich am Kirchplatz. Die Familie setzt sich jedoch vom Marktplatz aus in Bewegung, wo noch der Marktbrunnen und im Erdgeschoss des Rathauses traditionelle Trachten zu besichtigen sind.

Nach einer kurzen Strecke durch den Markt geht es rechts einen schmalen Pfad hinauf. Ein Schild weist auf den benachbarten Trockenrasenhang hin. Die Kalkmagerrasen im Jura bieten den Lebensraum für seltene Pflanzen und Tiere.

Essing.Ein Blick zurück bestätigt, wie malerisch sich Essing zu Füßen der Burgruine Randeck an die weißen Jurafelswände schmiegt. Es geht Richtung Westen eine Häuserreihe entlang. Durch die Laubbäume hindurch ist in der Ferne schon der „Tatzelwurm“ zu erkennen. Doch vorher wartet noch eine andere Attraktion. Aber kann der kleine, dunkle Tümpel da links unten am Waldrand tatsächlich schon der „Blautopf“ bei der Weihermühle sein? „In die Dolinen von Maierhofen fällt Wasser ein, durchfließt das Gestein und kommt an den Felsen des Altmühltalgrundes wieder zum Vorschein. Der so entstandene Blautopf hat seinen Namen wegen seiner schimmernden smaragdgrünen bis blauen Farbe erhalten“, steht in der Broschüre. Also nichts wie hin. Den kleinen Abhang hinunter. Tatsächlich: Das Wasser schimmert von hier aus türkis und glitzert in der Sonne. Ein Hinweisschild bestätigt: Das ist der Blautopf!

Labradorhündin „Abbey“ nützt die Gelegenheit für eine Trinkpause an dem Gewässer, in dem viele Fische unterwegs sind. Immer wieder springt einer hoch, um sich eine Fliege zu schnappen. Auf einer Bank wird Brotzeit gemacht. Die Frauen sind mutig und testen am Ufer, ob das glitzernde Wasser tatsächlich lediglich acht Grad kalt ist. Nach ein paar Sekunden sind die Füße zu Eisklötzen erstarrt. Zum Warmlaufen wird eine flottere Gangart eingelegt. Nach dem Blautopf geht es an der nächsten Wegkreuzung nach links. Rechts würde ein Pfad zur Burg Randeck führen. Sie wurde im elften Jahrhundert erbaut und zählt zu den ältesten Festungsanlagen Bayerns. Einer der Burgherren, Graf Ulrich Babo von Abensberg, verlieh 1336 die Marktrechte an die Gemeinde Essing.

Kurz vor der Staatsstraße biegt man wieder links ab. Im Gasthaus „Essinger Hof“ bestünde eine Einkehrmöglichkeit. Noch ein paar Meter geradeaus und schon ist der „Tatzelwurm“ erreicht. Durch den Bau des Main-Donau-Kanals und der Staatsstraße konnten die südlichen Felder, Wiesen und Wälder der Gemeinde nicht mehr erreicht werden. Aus diesem Grund wurde die außergewöhnliche Brücke im Jahr 1987 errichtet. Das Überqueren der achterbahnartigen Holzkonstruktion macht Spaß, der Lärmpegel der Staatsstraße weniger. Für den Rest des Weges bekommt man die Verkehrsgeräusche nicht mehr ganz aus dem Ohr, da können sich die Vögel im Wald noch so anstrengen. Nach der Brücke geht es links einen Feldweg am Kanal entlang, anschließend nach rechts hinauf zu einer kleinen Höhle. In den Klausenhöhlen machten Forscher früher berühmte steinzeitliche Funde.

Wo einst die Urdonau floss

Der Erlebnispfad führt nach links am Waldrand entlang. In regelmäßigen Abständen werden auf Klapptafeln Fragen zur Geschichte der Region gestellt. Nach dem Umblättern erfährt der Wanderer die richtigen Antworten. „Welcher Fluss durchströmte früher das Altmühltal?“ Wer weiß es? Es ist die Urdonau! An dieser Stelle sollen selbstverständlich nicht alle Fragen verraten werden. Die Familie überquert den Kanal an der nächsten Straßenbrücke und wandert, um die Tennisplätze des Essinger Sportplatzes herum, wieder am Kanal entlang. An der nächsten Straßenunterführung bieten sich zwei Rückkehrmöglichkeiten Richtung Esssinger Marktplatz an: Entweder man geht den „Original“-Erlebnispfad über die Ortschaft und den Kirchplatz zurück, oder den sogenannten Kunstweg an der Altmühl entlang, wo moderne Künstler ihre Werke präsentieren.

Wer auf dem Weg am Kanal bleibt, kann die Staatsstraße bei der zweiten Unterführung passieren und kommt direkt am Holzbrückerl über den Altwasserarm der Altmühl an. Durch einen Torturm aus dem 14. Jahrhundert gelangt der Wanderer zurück auf dem Marktplatz. An dieser Stelle präsentiert sich Essing von seiner Schokoladenseite: Hoch droben thront die Burg, die dicht aneinandergebauten Häuschen teilen sich den begrenzten Platz unter dem weißen Felsen.