Veränderung
Auf diese Erschließung „verzichten“

Wenn der Mensch einmarschiert, wo er lange ausgesperrt war, im ehemaligen Bombodrom, könnte das Folgen für die Natur haben,

07.11.2016 | Stand 16.09.2023, 6:36 Uhr
Karin Einsle
Hubert Berghammer zeigt das Bombodrom −Foto: Fotos: Einsle

Sie ließen sich nicht von jahrzehntelangem, ohrenbetäubenden Lärm von Kampfflugzeugen vertreiben und auch nicht von mehr oder weniger regelmäßig abgeworfenen Bomben vertreiben. Die Rede ist von der Ödlandschrecke, dem Ameisenlöwen und weiterem seltenen Getier, das sich gerade hier, auf dem Gelände des bislang menschenleeren Bombodroms offenbar sehr wohlfühlt.

„Im ehemaligen Clubhaus hängen noch alle Abzeichen der Flugzeuge, die jemals über das rund 265 Hektar große Gelände des Bombodroms geflogen sind“, sagt Hubert Berghammer (72). Von 1988 bis 2005 war er Forstdirektor in Siegenburg und kennt im Dürnbucher Forst jeden Baum, jeden Strauch. Bei einer Exkursion auf dem Gelände der ehemaligen Range erläutert Berghammer, warum er es nicht befürwortet, dass das ehemals militärisch genutzte Gebiet als Naherholungsgebiet erschlossen werden soll.

Errichtet worden war der Bombenabwurfplatz 1937 von der Deutschen Wehrmacht, wobei nach dem Zweiten Weltkrieg das US-Militär einzog. In den 1960er Jahren waren es zunehmend die Bundeswehr sowie die Nato, die das Gebiet nutzte.

„Da es rund um die Bombenabwurfstelle zu Splittern im Holz der Bäume kam, wurde dies als Splitterholz günstiger abgegeben!“, erklärt Berghammer. Er schätzt, dass in etwa 40 Jahren dieses Holz Geschichte ist. Der Wald sei Kapital, alte Bäume werden gefällt, neue junge werden gepflanzt, bzw. wachsen aus Naturverjüngung nach. So sei es zunehmend schwieriger geworden, das Holz aus dem Bestand zu entfernen – so musste schweres Gerät her

Auf einer Anhöhe – gleich neben dem Funkturm haben wir einen prima Blick auf das Bombodrom. „Anfangs wurden die Bomben im Direktflug ins Ziel gebracht!“ erzählt Berghammer. Vom Turm aus sei per Fernglas geschaut worden, ob der Abwurf im runden Zielbereich erfolgte. Dies wurde per Fahnen dem Piloten gezeigt.

„Indianer“ campierten hier

Die Reservisten aus Train und Siegenburg veranstalteten hier ihre Kreismeisterschaften mit Übungsplatz und einem Hindernisparcours. Auch eine Horde „Indianer“ – eine Gruppe die nach dem Vorbild der Ureinwohner Nordamerikas zeltete kam ein paar Jahre her.

Weiter geht es zu einem Platz mit Douglasien, einer Baumart, die ursprünglich aus Amerika kommt und sich vom Klima und der Bodenbeschaffung her im Dürnbucher Forst offenbar sehr wohlfühlt. Wenn man die Nadeln der Douglasie zerreibt verströmen sie einen angenehmen aromatischen Duft. Sie können über 60 Meter hoch werden und sind auch im Dürnbucher Forst in dieser Größenordnung anzutreffen.

Im Dürnbucher Forst befindet sich auch das Naturwaldreservat „Damm“. Es ist durch einen Zufall entstanden, erzählt der ehemalige Forstdirektor mit einem Grinsen im Gesicht. ‚und das kam so: „Damals kam uns der Orkan Wiebke, der vom 28. Februar auf 1. März 1990, wütete in die Quere. Wiebke hatte zwar in der Hallertau nicht so stark gewütet, aber alle Holzfäller waren jahrelang im Einsatz, Schäden anderswo in Bayern zu beseitigen – so dass vor Ort keine Waldarbeiter Holz ernten konnten. Somit wurden die Buchen zu groß um sie ohne große Schäden über die bereits nachgewachsene Naturverjüngung fällen zu können.

Gerade da kam die Anfrage vom Landwirtschaftsministerium nach einem Standort für ein Naturwaldreservat. „Wir, mein Kollege und ich haben diese Gelegenheit gleich beim Schopfe gepackt und schon waren unsere zu groß gewachsenen Bäume ein Naturwaldreservat. Jetzt darf hier alles wachsen wie es will.“

Seit Ende November 2015 ist das ehemalige Bombodrom Naturschutzgebiet.Bei der Unterzeichnung der entsprechenden Vereinbarung wurde allseits betont, dass das Gelände nun saniert und anschließend der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden soll.

Seltene Pflanzen und Tiere

Und das ist es, was den ehemaligen Forstdirektor nicht begeistert. Denn die schütter bewachsenen Sandflächen und Zwergstrauch-Heiden beherbergen Seltenheiten wie die eingangs schon erwähnte „Blauflügelige Ödland-Schrecke“, den Dünen-Ameisenlöwen, Sand- und Grabwespen, Sandbienen, Heidelerche, Ziegenmelkerund sogar eine Wildkatze. Die Fauna besteht aus Sandmagerrasen, Heideflächen und lichten Kiefern-Forsten, hier findet man einen seltenen Farn die ästige Mondraute, das doldige Winterlieb und die weiß blühende Küchenschelle.

Berghammer befürchtet, dass diese empfindlichen Tiere und Pflanzen zertrampelt werden könnten, sollte man je das Gebiet für die breite Öffentlichkeit erschließen. Jedoch, da im Boden noch Kampfmittel vermutet werden werde es wohl so schnell mit der Erschließung nicht gehen.

Berghammer meint: „Wir leben hier in einem Naherholungsgebiet – rund um uns ist Natur - daher kann man durchaus auf diese Erschließung verzichten!“

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