Kulturkantine
Aus Sinzing in die weite Welt des Films

Schauspielerin Annika Blendl sucht ständig neue Herausforderungen. Am Sonntag ist sie in einem ZDF-Film zu sehen.

17.05.2017 | Stand 16.09.2023, 6:33 Uhr
Alois C. Braun

Annika Blendl wurde durch diverse Rollen im „Tatort“ bekannt.Foto: dpa

Ihr Weg führte sie von Regensburg über Köln und Berlin nach München. Dort lebt Annika Blendl heute mit ihrer Familie. Der Frau, die nicht nur durch diverse Rollen im Tatort bekannt wurde, ist die Schauspielerei alleine jedoch nicht genug. Sie entwickelt ständig neue Ideen und geht zielstrebig ihren Weg. Auch als Filmproduzentin und Regisseurin.

Als Teenager strahlte Annika Blendl einst bis über beide Ohren. Gerade hatte sie mit ihrer Geige den Wettbewerb „Jugend musiziert“ zum zweiten Mal gewonnen – das Üben hatte sich gelohnt. Auch wenn die Musik letztendlich nicht zu Lebensinhalt und Beruf wurde, so hat sich Blendl bis heute ihr Interesse am Erreichen neuer Ziele bewahrt.

Gustl Mollath für Doku begleitet

Die gebürtige Regensburgerin war in unzähligen Rollen als Schauspielerin zu sehen und hat ihrem Interesse an Regiearbeit auch Taten folgen lassen. Ab 2009 studierte sie an der Hochschule für Fernsehen und Film in München Dokumentarfilmregie. „Ich schaue selbst gerne Dokus an“, erklärt sie die Motivation dazu. „Außerdem beobachte ich sehr gerne Menschen.“

Menschen wie Gustl Mollath. Ihn hat sie für den Film „Mollath – Und plötzlich bist du verrückt“ ein Jahr lang begleitet. „Ich war gleich an ihm interessiert und denke, das beruhte auf Gegenseitigkeit“, erzählt Blendl über die Situation, einem Fremden plötzlich nah zu sein. „Eine sehr interessante Persönlichkeit, wir stehen immer noch in Kontakt.“ Und das, was für Dokumentationen gilt, ist Blendl auch für andere Arbeiten wichtig: „Ich muss Interesse an der Geschichte und einen Bezug dazu haben.“

Annika Blendl spricht ruhig und unaufgeregt und hat klare Vorstellungen von ihrem Weg: „Ich will mich überall auskennen und brauche Herausforderungen. Deshalb suche ich immer nach Sachen, die ich noch machen möchte und wohin ich mich entwickeln könnte. Als Schauspielerin, Regisseurin und Produzentin kann ich ständig hin und her springen und bin mit verschiedensten Themen konfrontiert.“ Und dabei hilft auch ihre musikalische Ausbildung, das Wissen über und das Verständnis für die Musik. „Bei der Regie etwa geht es wie in der Musik um Rhythmus und Gefühl. Das liegt alles sehr nah beieinander.“

Gerne arbeitet sie mit Leuten zusammen. Deshalb hat sie damals auch Pläne für ein Malereistudium sausen lassen. „Zu einsam“, beschreibt sie diese Arbeit lachend. „Ich brauche Menschen um mich herum. Die Regie bei Mollath habe ich zusammen mit Leonie Stade geführt und die Produktionsfirma Man-On-Mars leiten wir zu dritt. So will ich arbeiten.“

Die ersten vier Jahre ihres Lebens verbrachte Annika Blendl in Sinzing. Zusammen mit ihren fünf Geschwistern. Von Sinzig aus zog die Familie nach Köln und nach dem Abitur ging Annika nach Berlin, um Schauspielerin zu werden. Inzwischen lebt sie mit ihrem Partner und den beiden Kindern in München.

Ihre Eltern haben die künstlerische Ader in ihr stets gefördert. „Außerdem besuchte ich eine Waldorfschule, dort bekam ich wohl die Grundlagen meiner künstlerischen Orientierung“, sagt sie. Schon die Oma wollte Schauspielerin werden. Blendl lacht: „Ja, das stimmt. Sie mochte die darstellende Kunst. Wenn wir sie in München besucht haben, war ich oft mit ihr in den Kammerspielen und im Resi.“

„Ein Sommer auf Zypern“ im ZDF

Zu Regensburg hat sie immer noch einen starken Bezug. „Auch wenn es lange her ist und ich nicht so lange in der Region gelebt habe, so ist die Stadt trotzdem Heimat für mich“, sagt sie. „Ich komme gerne hierher, am liebsten in die Ostdeutsche Galerie. Eine freundliche Stadt, die mich sehr an den Süden erinnert.“ Und auch an die Kindheit hier hat sie Erinnerungen: „Im Sommer waren wir immer im Freibad in der Stadt.“ Auch in ihrem aktuellen Film geht es, zumindest im Titel, um die warme Jahreszeit. Für „Ein Sommer auf Zypern“ (21. Mai, 20.15 Uhr im ZDF) musste sie reisen. Kein Problem für die vielseitig interessierte Frau. „Ich liebe das Reisen, nicht nur innerhalb Deutschlands. In Zypern waren sogar die Kinder mit dabei“, freut sie sich. „Sie hatten gerade Ferien und das passte sehr gut. Wenn ich vor der Kamera stand, hatten sie natürlich eine Babysitterin.“

Auch wenn der Titel zunächst vielleicht etwas anderes suggeriert: „Es ist kein verschnulzter Film“, sagt die Schauspielerin und lacht. „Der Kulturclash, das griechisch-türkische Verhältnis auf der Insel sind auch Thema des Spielfilms über eine alleinerziehende Frau, die sich auf die Suche nach dem Vater ihres Kindes macht.“

Auch wenn die Vorbereitungszeit für einen Film manchmal zu kurz ist, arbeitet die Schauspielerin immer mit Akribie. Sei es beim Lernen im stillen Kämmerchen oder bei Feldstudien an der darzustellenden Persönlichkeit. „Ich gehe an die Orte, an denen sich die Leute aufhalten, die ich darstellen werde, und schaue, wie die so sind. Manchmal ist da dann auch ein Charakter, den ich so in meiner Rolle übernehmen will.“ Dabei versucht sie, sich nicht zu wiederholen, sich immer wieder neu zu erfinden. „Ich versuche, ein Gefühl zu dieser dargestellten Person zu entwickeln, auch wenn es sehr fern von mir selbst ist.“

„Lebenslinien“ aus Regensburg

Mit ihrer Produktionsfirma ist gerade die Dokumentation „Mein Glaube, meine Liebe“ für die BR-Serie „Lebenslinien“ abgedreht. Regie übernahm ihr Kommilitone Michael Schmitt „Es geht um die lesbische Beziehung einer Religionslehrerin und die daraus resultierenden Probleme“, erzählt sie. Die Geschichte handelt in Regensburg und wird am 12. Juni ausgestrahlt.

Als Regisseurin arbeitet sie aktuell an einem Spielfilm mit dokumentarischen Teilen. Deshalb fehlt die Zeit für Hobbys und Sport. Obwohl, ab und zu klappt es noch, dass sie Musik macht. „Anfang Mai habe ich bei der Taufe meines Neffen das Ave Maria auf meiner alten Geige gespielt.“