Jahreslauf
Bauernregeln rund um die Sonnenwende

Um den Johannitag herum lohnt es sich besonders, mit offenen Augen durch die Natur zu streifen. Denn bald beginnt die Ernte.

20.06.2021 | Stand 16.09.2023, 2:15 Uhr
Siegfried Volkner
Margeriten richten ihre Blüten nach der Mittsommersonne aus. −Foto: Siegfried Volkner/Siegfried Volkner

In dieser Woche gibt es zwei Tage im Kalender, die in engem Zusammenhang stehen. Der Tag der Sommersonnenwende am 21. und der Johannitag am 24. Juni. Bezieht sich der 21. Juni auf den Zeitpunkt, an dem die Sonne ihren nördlichsten Stand erreicht und uns damit den längsten Tag und die kürzeste Nacht beschert, hat der Johannitag einen christlichen Ursprung. Er erinnert an die Geburt Johannes des Täufers. Vor allem für die ländliche Bevölkerung war der Johannitag seit jeher ein fester Termin im Jahresverlauf, und so ist er nicht nur ein Lostag, zu dem es viele Bauernregeln und Wetterprognosen gibt, mit diesem Tag beginnt praktisch die Haupterntezeit.

Der Johannitag am 24. Juni liegt drei Tage nach der Sommersonnenwende. Er liegt genau drei Monate nach dem Fest Maria Verkündigung und sechs Monate vor der Geburt Jesu Christi. Johannes der Täufer, so steht es in der Bibel, war leiblicher Vetter von Jesus, und ihm wurde mit seiner Geburt die mächtigste und heiligste Eigenschaft zugesprochen: Er ist für die Christen der Verkünder von Licht, Wachstum, Fruchtbarkeit und Gesundheit. Neben der Gottesmutter Maria und Jesus Christus gehört er zu den drei Heiligen, deren Geburt von der Kirche gefeiert wird und nicht wie bei anderen Heiligen deren Todestag.

Johannes als Prophet

Johannes war Bußprediger und taufte Jesus im Jordan, er gilt bei den Christen als letzter wichtiger Prophet vor Christus. Der Täuferspruch: „Er muss wachsen, ich aber muss abnehmen“, deutet darauf hin, dass Jesus geboren wird, Johannes aber sich zurückziehen wird.

Die Sommersonnenwende, die auf den 20. oder 21. Juni fällt, je nachdem wann die Sonne ihren höchsten Stand erreicht – heuer ist es der 21. Juni um 5.32 Uhr –, wurde in vorchristlicher Zeit gefeiert und war mit heidnischem Brauchtum verbunden. Wohl um der heidnischen Bevölkerung ihre Bräuche nicht zu nehmen, wurde der Tag an dem die Kirche die Geburt Johannes des Täufers feiert, in die Nähe der Sommersonnenwende gelegt und die Sonnwendfeuer als Symbol für Christus umgedeutet. Während in früheren Zeiten die Feuer auch böse Dämonen vertreiben sollten, bedeuten sie nach christlichem Glauben das Licht Christi. Über ein Johannisfeuer zu springen oder zu tanzen, soll Glück und Gesundheit bringen. Wer Holz ins Feuer wirft, soll sein Unglück loswerden. Sonnwendfeuer wird es heuer wegen Corona wohl wieder nicht geben.

Für die Landwirtschaft hatte der Johannistag von jeher eine besondere Bedeutung, war er doch ein wichtiger Termin und Wendepunkt im Jahresverlauf. Das Wetter am Johannistag spielte eine große Rolle. Bauernregeln wie „Bleibt es an Johanni trocken und warm, macht es den Bauern nicht arm“, oder „Regnet’s am Johannistag, regnet es noch 14 Tag“ machen deutlich, dass die Landwirte für die Haupterntezeit gutes Wetter brauchen. „Vor Johanni bitt‘ um Regen, später kommt er ungelegen“, oder „Bienen die vor Johanni schwärmen, tun des Imkers Herz erwärmen“ deuten darauf hin, dass jetzt alle auf gutes Wetter angewiesen sind. Auf den Getreidefeldern geht die Wachstumsphase ihrem Ende zu, die Ähren brauchen Sonne und Hitze, um zu reifen.

Bitte um Wettersegen

Wer zurzeit durch die Natur geht und ein Auge hat für das, was wächst, dem fallen die Getreidefelder auf. Wenn das Wetter passt, werden in wenigen Wochen nach der Ernte nur noch Stoppeln zu sehen sein. Damit die heranwachsende Ernte nicht durch Unwetter zerstört wird, wird in den Kirchen der Wettersegen erbeten, auch wenn diesem in der heutigen Zeit wohl kaum mehr Bedeutung zugemessen wird wie in früheren Zeiten.

Während mit Johanni die Getreideernte beginnt, endet mit diesem Tag die Spargelernte und die Ernte von Rhabarber. Einen direkten Bezug zum mittsommerlichen Fest haben zum Beispiel auch Johannisbeeren, Johanniskraut oder auch Johanniskäfer (ein anderer Name für Glühwürmchen). Um Johanni beginnt das gelbe Johanniskraut so richtig zu blühen – die Heilpflanze des Jahres 2015, die unter anderem bei Depressionen helfen soll. Auch die Johannisbeeren werden jetzt reif und die Glühwürmchen, auch Johanniskäfer oder -würmer genannt, sollen in den Nächten um Johanni am stärksten leuchten.

Wenn uns zur Sommersonnenwende mehr als 17 Stunden Helligkeit geschenkt sind, bedeutet das aber auch, dass schon bald darauf die Tage wieder kürzer werden. So heißt es in einer Bauernregel: „Wenn Johannes geboren, gehen die langen Tage verloren.“ Genießen wir die schönen Sommertage, wie wir sie gerade erleben und freuen uns an dem, was wächst, gedeiht und blüht. Denn der Jahreslauf bestimmt, dass schon bald, wenn auch zunächst kaum merklich, die Tage wieder kürzer werden. Johannes ist der, der im hellsten Sommer auf den dunkelsten Winter verweist und ankündigt: „Wenn es am dunkelsten ist, wird das Licht Jesus Christus kommen“. (kvo)