Handwerk
Bayerns letzter Blaudrucker

Josef Fromholzer nahm mit seiner Druckerei und Färberei in Ruhmannsfelden bei Regen die Herausforderungen der Zeit an.

01.09.2019 | Stand 16.09.2023, 5:16 Uhr
Michaela Schabel

Mit 92 Jahren ist Josef Fromholzner immer noch der Chef der Handdruckerei und Färberei, inzwischen der einzige Blaufärber in Bayern. Foto: Schabel

Die Heimtextilien von Josef Fromholzer haben nur einen Nachteil, sagt so mancher Kunde: Sie gehen nie kaputt. Das freut den Erschaffer, denn er legt sehr viel Wert auf Qualität. Inzwischen ist er der letzte Blaudrucker in Bayern.

Der Stammbaum reicht bis in 17. Jahrhundert zurück. Erstmals wurde ein Gottfried Fromholzer 1648 im Sterberegister der Pfarrei Vilshofen als „bürgerlicher Schwarzfärber“ und „kunstvoller Meister“ erwähnt. Andere Vorfahren sind durch die Aufzeichnungen ihrer Wanderjahre bis 1811 zurück dokumentiert, als sie als Gesellen bei verschiedensten Meistern arbeiteten und neue Muster mitbrachten. Durch Einheiraten und Betriebsübernamen verlagerte die Familie Fromholzer ihren Wohnort nach Straubing, dann nach Ruhmannsfelden. Die Mutter hatte den Betrieb nach dem Zweiten Weltkrieg wieder in Schwung gebracht. Die drei Söhne halfen mit.

Seit 60 Jahren Chef

1959 übernahm Josef Fromholzer die Druckerei und Färberei. Während andere Betriebe wegen der Industrialisierung aufgaben, nahm Josef Fromholzer die Herausforderungen der neuen Zeiten an, führte das Verfahren des Filmdrucks ein, später das maschinelle Bedrucken, wodurch größere Stoffflächen bearbeitet werden konnten. Dazu mussten die Muster von den Holzmodeln auf Siebdruckplatten umgezeichnet werden. „Die 80er Jahre waren die Besten, als wir die Wallachmuster auch noch druckten, als diese 1983 den Betrieb aufgaben“, schwärmt Josef Fromholzer.

Heute mit 92 Jahren steht er immer noch täglich mit vier treuen Mitarbeitern im Geschäft. Drei Frauen teilen sich die Laden- und Näharbeit. Willi Preiß, seit 42 Jahren bei der Firma, druckt die Stoffe. Von seiner Ware ist Josef Fromholzer immer noch begeistert. „Unsere Drucke fallen durch ihre Schönheit auf. Sie sind einmalig, und die Muster und Farben passen sich unaufdringlich an jede Umgebung an.“

Mit über 3000 Modeln und 1000 Siebschablonen hat das Haus inzwischen Museumscharakter. Die ältesten Formen stammen aus dem Dreißigjährigen Krieg. Aber die meisten sind immer noch druckfähig und einsatzfähig. Allein 400 Schablonen sind von der ehemals renommierten Firma Wallach, dem Münchner „Haus für Volkskunst und Tracht“. Deren berühmte Wallachmuster, vorwiegend kulturelle Motive von Jagdszenen und Hochzeitszügen, werden heute noch bei Josef Fromholzer gedruckt.

33 Wallach-Model sind derzeit an das Historische Museum in Regensburg ausgeliehen. Die Fromholzer-Muster sind schlichter, meist floral oder figurativ religiös mit Motiven der Auferstehung Jesu, mit weihnachtlichen Verkündigungsmotiven, dem Pfingstritt, volkstümlichen Szenen oder nur einfache Karos und Sonnenmuster, die Ruhe ausstrahlen, „so gediegen, dass sie nicht vordrängen und überall dazupassen“, erklärt Josef Fromholzer.

Wer gute Stoffdrucke schätzt, nimmt die lange Reise nach Ruhmannsfelden im mittleren Bayerischen Wald gerne auf sich, denn das Handwerk ist inzwischen eine Rarität. 2018 wurde deshalb der Blaudruck in die Welterbe-Liste der Unesco aufgenommen. In Deutschland gibt es insgesamt nur noch 12 Blaudrucker.

Und die Zukunft?

Josef Fromholzers Leben stand und steht ganz im Zeichen des Blaudrucks. Seine Söhne haben andere berufliche Wege eingeschlagen. So wird auch Josef Fromholzer seinen Betrieb schließen müssen, wenn er gesundheitlich nicht mehr fit ist.

Es sei denn, es fände sich im Trend zur Rückkehr zu manuellen Fertigungsprozessen ein Nachfolger. Roland Pongratz, Leiter des Niederbayerischen Landwirtschaftsmuseums in Regen, möchte, dass „Das blaue Wunder“, wie er die derzeitige Ausstellung über die Werkstätte Fromholzer nennt, erhalten bleibt. „Natürlich wäre es am schönsten, wenn die Gegenstände nicht dauerhaft in das Museum wandern würden, sondern an Ort und Stelle mit ihnen weitergearbeitet werden würde. Die Hoffnung stirbt zuletzt.“