Netzwerke
Brucker zeigen ihren Stolz auf Facebook

311 Mitglieder tauschen auf einer Seite im Internet alte Erinnerungen und Gerüchte aus. Manchmal hilft das Netzwerk sogar bei Heimweh.

12.10.2012 | Stand 16.09.2023, 21:05 Uhr
Oxana Bytschenko

Die Mitglieder der Gruppe bei Facebook sind geborene Brucker, Zugezogene und Menschen, die der Beruf in andere Gebiete verschlagen hat. Foto: by

Für alle, die im Markt Bruck leben, früher dort gelebt haben, oder dorthin ziehen wollen, gibt es seit Juli eine Anlaufstelle im Internet. Auf Facebook treffen sich die Bewohner auf der Seite „Du bist Brucker, wenn...“. Dort tauschen sie alte Erinnerungen oder die neuesten Gerüchte aus und verabreden sich, zum Beispiel zum Bürgerfest oder zum Kabarett beim Meisl.

In der offenen Gruppe dürfen laut Beschreibung alle „alle Brucker und de wo se dafür halten“ mitmachen. Der Dialekt ist durchaus erwünscht und wird von den Mitglieder fleißig gepflegt. Inzwischen gibt es dort 311 Mitglieder.

„4-5 Autos beim Dreckswetter“

Diese erinnern sich an gute alte Zeiten: „Wennst am olten Morktplotz mit 4-5 Autos beim Dreckswetter in de Autos gsessen bist, dazwischen han Rengschirm ghängt, damits ned ins Auto ei rengt. Und durch olle gschrien worn is, damit mitn letzten Auto a ren hast kenna.“ Andere kommentieren diesen Post und erinnern: Bis der Nachbar kam und „die alt Bertzlen an Kübel Wasser runtergschiet hod, weils um fünfe in der früh schlafen wollt (wer schläft um die Zeit?). Hammerzeit war des“. Für andere waren die Einkäufe beim SUDI das erste Einkaufserlebnis auf eigene Faust; die ersten Zigaretten gab es „beim altn Berzl stückweis“.

Die eigene Kindheit bleibt auch im Gedächtnis. So wurde vielen Kindern früher die Geschichte von der weissen Frau am Goldhof erzählt, damit „die Kinder von den Ruinen wegbleiben“. Jüngere Teilnehmer ergänzten auf Facebook sofort, dass diese Geschichte bis heute von den Erwachsenen erzählt wird.

Verantwortlich für die Seite ist Markus Heinrich. Seine Frau war auf Facebook in einer ähnlichen Gruppe ihrer Heimatstadt. So kam ihm der Gedanke, nach einer Brucker Gruppe zu suchen. Da der 40-Jährige nicht fündig wurde, gründete er kurzerhand selbst eine Gruppe. Da er nun in Nordrhein-Westfalen lebt und dort als Schicht- und Anlagenführer für Sandstrahl- und Kunstoffbeschichtungsanlagen arbeitet, wollte er sich mit Freunden aus Bruck an die „guten alten Zeiten“ erinnern „und vielleicht auch von anderen Geschichten von und aus Bruck zu hören“.

So kam es dazu, dass die „Sekretärin Camp mit ihren künstlichen Augenbrauen“ auf Facebook wieder „auferstanden“ ist. Oder die alte Disco in der Bodenwöhrer Straße Mitte der 80er-Jahre. Für manche definiert sich ein Brucker dadurch, dass er sich an Weigl Beppi oder Donhauser Sigl erinnern kann. Andere fühlen sich als Brucker, wenn sie trotz Regen das Bürgerfest nicht verlassen oder „as K‘neiperl“ vermissen. Es werden die besten Sprüche der „guten alten Zilli“, der „Ikone als Bedienung in Bruck“ ausgetauscht: „Kommt a Preiß im Sommer ins Wirtshaus und fragt: Welche Sorten von Pils haben sie denn, Bedienung? Darauf sie knall trocken: a großes und a kleines, warum?“.

Durch die Seite fühlen sich aber auch die Weggezogenen noch mit der Heimat verbunden: Daniela Bauer wohnt zwar nun in Neunburg, für sie sind es aber „gefühlte 1000 km von dahoam weg“. Andere hat es nach München, Saarlouis oder Berlin verschlagen. Aber auch Zugezogene fühlen sich in Bruck und in der Gruppe auf Facebook wohl – und voller Lob für ihre neue Heimat: Angela Lorenz zum Beispiel ist keine gebürtige Bruckerin, lebt aber schon seit 32 Jahren hier. „Und möcht auch nimmer weg von hier!!!“, schreibt sie.

Erinnerungen an Bruck halten lang

Neben ernsten Themen wie Tipps für die Jobsuche in Bruck und Umgebung gibt es auch viel Wehmut. Manche trauern den guten alten Zeiten hinterher, als man noch auf Biedermannsiedlung Fußball gespielt hat und draußen immer viel los war. „Wenn i heit draußn bin, is einfach gar nix mehr los“, schreibt Ramona Radlinger. Hartmut Becker, der als DJ in Bruck gelebt hatte, erinnert sich jetzt noch gerne an die Zeit: „Was mir so gut gefiel an den Bruckern, war der ewige Zusammenhalt, egal was war; und ich muss sagen, ich bin von den Bruckern gut angenommen worden.“ Am besten gefiel ihm der 1. Mai, wenn nachts alle Verkehrsschilder am Marktplatz zusammen gesammelt wurden. „Sowas habe ich nur in Bruck erlebt. Und das war eine schöne Zeit“, schreibt er.

Bisher ist Markus Heinrich mit der Nutzung seiner Gruppe sehr zufrieden – obwohl er niemals damit gerechnet hätte, dass so viele Brucker mitmachen. Inzwischen hat er auch mitbekommen, dass sich durch diese Gruppe einige Leute wiedergefunden haben. Die Mitglieder sind durchweg begeistert von dem Austausch.

Besonders freut Heinrich, dass in der Gruppe im bayerischen Dialekt geschrieben wird. „Das war eigentlich erst mal nur so eine Idee, da ich fand, dass unsere Gruppe sich etwas von den anderen Facebook-Städte-Gruppen abhebt“, erklärt er der MZ. Außerdem gehöre der Dialekt für ihn unbedingt zu den Bayern. Es ist zwar keine Pflicht, im Dialekt zu schreiben, „doch die meisten Mitglieder schreiben anscheinend sehr gerne bayerisch“, stellt er fest. Das mache seiner Meinung nach die alten Geschichten, die bei Facebook aufgetauscht werden, „irgendwie noch interessanter“.

Für die weitere Entwicklung der Seite wünscht er sich, dass die Mitglieder weiter posten und die Aktivitäten nicht einschlafen. „Vielleicht entwickelt es sich zu einer Gruppe, in der auch Veranstaltungshinweise aus Bruck und Umgebung oder aktuelle Ereignisse geteilt werden.“