Feinstaub
CSU fordert Umweltzone in Regensburg

Die Fraktion reagiert auf die hohen Feinstaubwerte im vergangenen Jahr. Die Grünen freuen sich über diesen Sinneswandel.

11.04.2015 | Stand 16.09.2023, 7:08 Uhr
Claudia Böken
Auspuffgase sind mit verantwortlich für die dicke Luft in Regensburg. −Foto: dpa

Die Überschrift „Die Domstadt leidet unter der dicken Luft“ in der Mittelbayerischen Zeitung vom 8. Januar hat die Regensburger CSU aufgerüttelt. Auf Initiative von Dr. Franz Rieger schickte CSU-Fraktionsvorsitzender Hermann Vanino jetzt einen Antrag an Oberbürgermeister Joachim Wolbergs. Darin fordert sie eine Umweltzone einzuführen. Der räumliche Umgriff soll zunächst alle Straßen im Bereich Altstadt südlich der Donau und innerhalb des Alleengürtels beeinhalten.

In dieser Umweltzone dürften dann – „soweit keine Ausnahme vorliegt“ – Fahrzeuge der Schadstoffgruppen 1, 2 und 3 nicht mehr einfahren. Die Verwaltung solle beauftragt werden, die Einführung der Umweltzone durch ein wissenschaftliches Begleitprogramm zu analysieren und auszuwerten. Zwei Jahre nach Beginn der Einrichtung der Umweltzone solle dem Stadtrat darüber berichtet und eine Fortführung, gegebenenfalls eine Modifikation bzw. Erweiterung der Umweltzone herbeigeführt werden, fordern Vanino und Rieger.

In ihrer Begründung beziehen sie sich auf den MZ-Artikel vom Januar, wonach Regensburg mit 30 Überschreitungstagen beim Feinstaub Spitzenreiter aller Städte im Freistaat Bayern sei. Im Sinne der Gesundheit der Bürger sei diese Umweltzone dringend geboten, beziehen sie sich auf Äußerungen des Facharztes für Lungenheilkunde, Prof. Dr. Michael Pfeifer. „In Regensburg dürfen dann grundsätzlich nur noch Autos, Busse und Lkw fahren, die eine grüne Plakette haben. „Somit werden Abgassünder aus der Altstadt verbannt, wodurch die Feinstaubbelastung erheblich gesenkt werden kann“, glaubt die CSU.

Viele Autos haben grüne Aufkleber

Ob der Ausschluss dieser Fahrzeuge aus der Altstadt tatsächlich Wesentliches bewirken könnte, erscheint fraglich, wenn man mit offenen Augen an den geparkten Autos in der Obermünsterstraße oder am Obermünsterplatz vorbei geht: Kaum eines, das älter ist, als zehn Jahre, ganz wenige, die den Grünen Aufkleber nicht an der Windschutzscheibe haben. Und von denen, die ihn nicht haben, ist noch lange nicht gesagt, dass sie ihn nicht haben dürften, wenn der Besitzer es wollte. Genaue Zahlen waren aus dem Amt für öffentliche Ordnung nicht zu erfahren.

Grünen-Stadtrat, MdL Jürgen Mistol, hat sich über den Sinneswandel der CSU jedenfalls amüsiert. Seit sehr vielen Jahren hat er im Stadtrat Diskussionen über das Für und Wider einer Umweltzone miterlebt, die vor allem von seiner Fraktion immer wieder angestoßen worden war: 2006 hatte Regensburg die Feinstaub-Grenzwerte bereits Ende Februar an 27 Tagen überschritten – erlaubt waren 35 Tage. Trotzdem glaubten weder der damalige Umweltreferent Dr. Eugen Rosenmeier noch Oberbürgermeister Schaidinger, dass die Feinstaubplakette Abhilfe bringe. „Der Luft und dem Feinstaub ist die Stadtgrenze egal. Es ist ja nicht so, dass dahinter alles in Butter ist“, lautete das städtische Credo.

Im Sommer 2006 bekam Regensburg eine Schonfrist: Die EU änderte die Richtlinien für die Höchstwerte. Im März 2007 beschloss der Stadtrat eine probeweise Einführung der Umweltzone, was schließlich an der Fortschreibung des Luftreinhalteplans scheiterte. Das Thema verschwand aus dem Fokus.

Im Januar 2009 hinterfragte Oberbürgermeister Hans Schaidinger in seiner Neujahrsrede die Sinnhaftigkeit einer Umweltzone, die zwar große Einschränkungen für den Bürger mit sich brächte, aber in Sachen Feinstaub wenig Effekt zeige. Trotzdem plante die Stadt pflichtgemäß eine solche – ihrer Meinung nach überflüssige – Einrichtung. Der damalige CSU-Fraktionsvorsitzende Christian Schlegl erklärte das in einer Sitzung des Stadtplanungsausschusses so: Die CSU in Regensburg stehe seit Jahrzehnten für die richtige Umweltpolitik. In einer Resolution wurde der Freistaat aufgefordert, eine Fortschreibung des Luftreinhalteplans vorzunehmen. Vom Bund forderte die Stadt, die Entstehung des Feinstaubs an der Quelle zu bekämpfen.

2011 zurückgestellt – bis heute

Weil sich – möglicherweise witterungsbedingt – die Tage mit Feinstaubbelastung in den folgenden Jahr etwas reduzierten, wurde im Juli 2011 zwar die Fortschreibung des Luftreinhalteplans beschlossen, die Einführung einer Umweltzone aber zurückgestellt – bis heute.

Jürgen Mistol konnte sich angesichts der Vorgeschichte ein Schmunzeln nicht verkneifen, als er jetzt den CSU-Antrag las: „ Ich erinnere mich nicht, dass sich die CSU bisher besonders für die Umwelt eingesetzt hat.“ Eine Umweltzone begrenzt auf die Altstadt sei inzwischen zu wenig. Mistol würde sie erweitern und wünscht sich ein Lkw-Duchfahrverbot, das früher ebenfalls an der „Regierung“ gescheitert sei. „Für gute Umweltpolitik für Regensburg brauchen wir die Hinweise der CSU nicht“, ist er überzeugt.

OB Joachim Wolbergs kommentiert den CSU-Antrag nicht. Er und Umwelt-Bürgermeister Jürgen Huber seien längst mit dem Regierungspräsidenten und den Fachreferenten im Gespräch, um eine Lösung der Problematik zu finden. Feinstaub müsse an der Wurzel bekämpft werden. Und da seien Hubers Ideen wirklich gut.