Fernsehen
Das alltägliche Leben als Quotenknüller

Die Serie „Dahoam is Dahoam“ erzählt Geschichten aus dem Dorf Lansing. Fan Andreas Sedlmeier hat noch keine Folge verpasst.

01.09.2010 | Stand 16.09.2023, 21:07 Uhr

Pförring/Dachau.Zwischen 19.45 und 20.15 Uhr sind keine Anrufe erwünscht. Zumindest nicht montags bis donnerstags. Dann sitzt Andreas Sedlmeier aus Pförring (Lkr. Eichstätt) vor dem Fernseher und schaut zu, was sich in Lansing zwischen Maibaum und Kriegerdenkmal, zwischen Wirtshaus und Rathaus abspielt. Lansing ist ein fiktives Dorf, kreiert für die überaus erfolgreiche Serie „Dahoam is Dahoam“ im Bayerischen Fernsehen. Täglich tauchen etwa 15 Prozent der bayerischen Bevölkerung in diesen Mikrokosmos ein. Erleben mit, wie sich bei den Brunners, Kirchleitners und Preissingers Liebesgeschichten, Tragödien oder auch ganz alltägliche Szenen abspielen. Die Heimatserie ist in drei Jahren zum Zugpferd des Bayerischen Fernsehens geworden. Selbst an Nord- und Ostsee gibt es trotz der bayerischen Dialoge Zuschauer.

Fans vom Kind bis zur Oma

Bei Andreas Sedlmeier hat es im Oktober 2007 angefangen. Der 28-jährige Wohnbereichsleiter eines Seniorenzentrums fühlte sich durch die Programmankündigung angesprochen und schaltete zur allerersten Folge ein. „Die Figuren in der Serie, die Art, wie die Geschichten erzählt werden, das hat mir sofort gefallen.“ Wie dem Oberbayern ging es vielen Zuschauern, sie testeten auch die zweite, dritte, vierte Folge und waren von da an immer dabei. Im Gegensatz zu den sogenannten Daily Soaps wie „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ und „Marienhof“ lockt „Dahoam is Dahoam“ nicht nur das jüngere Publikum zwischen 15 und 50 an. „Vom Kleinkind bis zur Oma reichen die Fans“, weiß Sedlmeier, der sich auch in Internetforen mit anderen Fans über die Serie, ihre Darsteller und die aktuellen Geschichten austauscht.

Gerade am Anfang gab es auch Kritik an dem neuen Format. Eine bayerische Serie, in der kein echtes Bairisch gesprochen werde, hieß es.

Pförring/Dachau.Auch das zur Schau gestellte Volkstümliche, die Schauspielerinnen oft im Dirndl, die Herren im Trachtenjanker, stieß manchem Zuschauer sauer auf. Schauspieler Bernhard Ulrich, der in der Serie von Beginn an die Rolle des Hubert Kirchleitner spielt, kann sich gut daran erinnern. „Die Schauspieler kommen ja nicht alle aus einer Ecke, mache sprechen Münchnerisch, andere Fränkisch, wieder andere niederbayerischen Dialekt, manche auch gar keinen Dialekt. Das war für die Zuschauer verständlicherweise anfangs gewöhnungsbedürftig“, sagt er im Gespräch mit der MZ. Doch letztlich sei es doch wie in jedem reellen Ort, wo Menschen aus anderen Gegenden hinzukommen oder weggehen. „Lansing spiegelt da eigentlich sehr gut das ganz normale Leben wieder.“

Das ganz normale Leben, das Alltägliche, das ist es auch, was Andreas Sedlmeier an seiner Lieblingsserie so mag. „Es muss doch nicht ständig Mord und Totschlag herrschen, damit sich die Zuschauer unterhalten fühlen“, ist seine Meinung. Schauspieler Bernhard Ulrich sieht das ähnlich: „In der Serie gibt es vier Generationen, die Figuren erleben die täglichen Probleme jeder Altersstufe, mal geht es um die Liebe, mal um den beginnenden Haarausfall oder die Probleme der älteren Generation mit dem Computer.“

Es scheint jedenfalls die richtige Mischung zu sein, die die etwa 30 Autoren der Serie in den inzwischen 600 ausgestrahlten Folgen – weiteren 200 Folgen sind bereits in Vorbereitung – gefunden haben. Wer einmal mit dem „Dahoam is Dahoam“-Virus infiziert wurde, löst sich auch nicht mehr davon, weiß Sedlmeier, dessen Bekanntenkreis Rücksicht auf seinen 19.45 Uhr-Termin nimmt. „Bei Feiern werde ich sogar gefragt, ob man mir den Fernseher für ‚Dahoam is Dahoam‘ einschalten soll.“ Meist winkt Sedlmeier dann ab, denn zu Hause ist ja der Videorekorder programmiert, wie auch an den Tagen, an denen er im Seniorenzentrum die Spätschicht übernimmt.

Medienpsychologe: Gute Mischung

Für Medienwissenschaftler liegt das Suchtpotenzial der Serie in der Mischung aus Personen, Stimmungen und einer guten Prise Humor. Medienpsychologe Jo Groebel sagte in einem Interview mit dem „Münchner Merkur“, dass er „Dahoam is Dohoam“ für eine „gelungene Synthese aus einem Serienklassiker wie ‚Lindenstraße‘ und einer modernen Daily Soap wie ‚Sturm der Liebe‘, gewürzt mit einer Prise ‚Weißblaue Geschichten‘“ halte.

Schauspieler Bernhard Ulrich sieht auch die Nähe zwischen Darstellern und Zuschauern als Teil des Erfolges. Er selbst kann mit dem Fanrummel ganz gut umgehen. „Interessant ist, dass uns die Leute auch auf der Straße mit unseren Seriennamen ansprechen, viele kennen unsere echten Namen gar nicht.“ Das geht so gar so weit, dass Ulrich bisweilen im Supermarkt mit den aktuellen Problemen seiner Serienfigur konfrontiert wird. „Zur Zeit bekomme ich Tipps gegen Haarausfall“, sagt er lachend. Dass er nun überall erkannt wird, sieht er aber nicht als Problem an. „Für mich ist das ein Lob für die Arbeit.“

Schauspieler Ulrich: „Tolles Team

Auch „Dahoam is Dahoam“-Fan Sedlmeier hat es in seiner Lieblingsserie inzwischen in die Riege der Darsteller geschafft – wenn auch bislang nur in verschiedene Komparsenrollen. „Ich bin total nett von der Mannschaft aufgenommen worden, keiner der Darsteller hat Starallüren“, schwärmt er von der Zusammenarbeit. Auch Schauspieler Bernhard Ulrich findet das Team super. „Vielleicht liegt das gute Miteinander darin begründet, dass es 21 Hauptrollen gibt. Jeder von uns steht mal in der ersten, mal in der zweiten Reihe. Da kommt erst gar kein Neid unter den Kollegen auf.“

Am Samstag wird Sedlmeier alle Schauspieler wieder hautnah erleben. Diesmal aber nicht als Komparse, sondern als Besucher des Fanfestes. Dann wird er sich Autogramme geben lassen, wird durch die Kulissen streifen und sich vorstellen, was wohl in den kommenden Wochen wieder alles bei den Lansingern passieren wird. Für ihn steht fest: „Dahoam is Dahoam werde ich mir anschauen, so lange die Serie läuft. Für mich können das gerne noch 20 und mehr Jahre sein.“