„Das Luder“

10.01.2012 | Stand 10.01.2012, 15:13 Uhr

Wörter können wie Steine sein, die vom Wasser getrieben durch die Zeiten wandern. Sie werden hin- und hergeworfen, bekommen immer neue Seiten und Brüche und sind endlich ganz abgeschliffen und haben nur mehr eine Bedeutung, die anderen sind weggeschliffen. Luder, ein Schimpfwort, das sich beharrlich seit dem Mittelalter hält, ist auf diesem Weg fast an sein Ende gekommen. Seit dem Mittelalter hat es viele solcher Seiten gehabt. Das Deutsche Wörterbuch kennt allein mindestens neun Bedeutungen. Ursprünglich war es ein Lockfutter, das die Falkner ihren Jagdfalken angeblich in Gestalt eines Vogels formten (wie sie das wohl gemacht haben?). Dann benutzten auch die Jäger diesen Trick und lockten damit Bären oder Füchse an. Das Fleisch blieb oft einmal länger liegen, dann, wie das bei Fleisch so ist, fing es an zu stinken, es wurde Aas und hieß immer noch Luder. Gefallenes Tier stank auch bald und musste vom Schinder weggeräumt werden und hieß dann auch Luder. Da das Fleischstück der Falkner und Jäger Tiere anlocken sollte, hieß jede Art von Lockung auch bald Luder. Und da der Mensch bei Lockung sogleich an „fleischliche Wollust“ denkt, heißt das eben auch Luder, wie die Person, von der die Lockung ausgeht. Mittlerweile ist das Wort sehr stark abgeschliffen und steht in einer Reihe mit Matz und Britsche, und wie diese zeigt es mal eine despektierliche Bedeutung mal so etwas wie Anerkennung, abhängig von der Situation. Das Wort Luder ist wohl selber, „ein Luder, ein raffiniertes“.