Menschen
Dem Sonntagskind gelingt fast alles

Sanierer Oswald Zitzelsberger spricht mit MZ-Autorin Marion Koller über Glück, Widder-Eigenschaften und seine Weinberge.

07.03.2015 | Stand 16.09.2023, 7:12 Uhr
Oswald Zitzelsberger vor seinem bislang letzten Projekt, dem Hotel Jakob −Foto: Lex

Oswald Zitzelsberger trifft auf die Minute genau im Hotel Central, Margaretenstraße 18, ein. Heute ist er zu Fuß gekommen, weil er gegenüber wohnt. Längere Stadtstrecken legt der 68-Jährige mit dem Fahrrad zurück. Er setzt sich, stellt fest, dass der Café-Tisch wackelt und steht wieder auf, um ein Stück Pappe zum Unterlegen zu holen. Typisch für ihn. Auch in seinen Immobilien schaut er selbst nach dem Rechten. Auf persönliche Fragen antwortet Zitzelsberger zurückhaltend. Der Sanierer wirkt hektisch. Gerne würde er seinen Lebenslauf herunterrattern und rasch wieder an die Arbeit gehen. Nach einer halben Stunde taut er auf.

Herr Zitzelsberger, Sie haben sich eben als klassischen Widder bezeichnet, als Sie den Tisch stabilisierten.

Der Widder hat anscheinend gewisse Gene, die ihn ungeduldig machen. Er ist sehr aktiv, muss immer in Bewegung sein. Das trifft auf mich zu 100 Prozent zu. Meine Frau Ursula erlebt dass seit 40 Jahren so.

Lesen Sie Horoskope?

(Zögert) Wenn ich Zeitung lese, stoße ich darauf.

Von einigen Regensburgern werden Sie auch Zitze genannt.

Ja, Ossi ist mehr privat, Zitze mehr im öffentlichen Bereich. Leute, mit denen ich öfter zu tun habe, nennen mich so. Ich finde das okay.

Sie haben markante Regensburger Gebäude saniert, zuletzt das Hotel Jakob. Wann geht es mit dem Anbau weiter, gegen den ein Anwohner erfolglos geklagt hat?

Die Arbeiten laufen. Der Anbau soll im Sommer fertig sein, damit die Beeinträchtigungen für die Nachbarn bald enden. Eineinhalb Jahre Bauverzögerung hat uns der Prozess gekostet. Wir brauchen die 18 Zimmer dringend, weil das Hotel gut gebucht ist. Dann haben wir 100 Betten. Vor allem Touristen, Geschäftsleute und Gäste des Kunstforums wählen das Hotel.

Warum haben Sie das Gloria verkauft und nicht selbst Neues daraus gemacht?

Meine Devise: Alles hat seine Zeit. Wenn man ins Alter kommt, muss man sich mit Sachen, die Schwierigkeiten mit sich bringen, nicht mehr befassen. Die Lärmbeschwerden wegen der Disco haben sich über Jahre hingezogen. Es war verpachtet, ich hatte keinen Einfluss. Diese Situation wollte ich nicht mehr. Die optimale Nutzung wäre das Münchener Metropol-Theater gewesen. Regensburg muss über den Tellerrand hinausschauen. Aber die Regensburger Kurzfilmwoche war in Gefahr, weil man nicht weiß, wie es mit dem Ostentor-Kino weitergeht, also habe ich das Gloria an Neli Färber verkauft. Die Kurzfilmwoche zieht dann mit Kinobetreiber Achim Hofbauer ins Gloria.

Seit Jahrzehnten sanieren Sie unermüdlich. Wem wollten sie etwas beweisen?

Niemandem. Es war ein stetiger Aufbau. Mir sind Sachen über den Weg gekommen, die ich tun konnte und wollte.

Sind Sie jemals gestrauchelt?

Nein, ich habe alle Projekte erfolgreich zu Ende gebracht. Ehrlichkeit, Menschlichkeit und Zuverlässigkeit sind mein Rüstzeug. Leute, mit denen ich Geschäfte mache, sollen zufrieden sein. Außerdem bin ich ein Sonntagskind und habe Glück.

In der Stadt heißt es, Sie seien beim Immobilienausbau ein Sparfuchs.

Ich spare nicht, ich gestalte alles möglichst effizient und wirtschaftlich.

Ein Kollege hat geschrieben, dass Sie 100 Immobilien in der Stadt besitzen, von den Pesthäusern bis zum Lokschuppen.

100? Das ist gar nicht wahr. Darüber möchte ich keine Auskunft geben. Es sind einige.

Im Andreasstadel bieten Sie jungen Künstlern ein Forum und Ateliers. Was hängt bei Ihnen zu Hause?

Moderne gegenständliche Kunst. Alexander Timofeev, der in Regensburg lebte und nach St. Petersburg zurückgekehrt ist, beeindruckt mich. Diese Perfektion kannte ich nur von alten Meistern. Aus unserer Region schätze ich neben anderen die Malerin Sabine Schneider (deutet auf ein Bild an der Wand, auf dem Meer und Himmel dramatisch ineinander übergehen). Oder Hélène de Beauvoir. Ich liebe auch Tim Anderson aus Chicago.

Sind Sie in Sachen Kunst einer Meinung mit ihrer Frau, die den Andreasstadel leitet?

Nein, das sind zwei Welten. Sie bevorzugt die abstrakte Kunst.

Haben Sie unerfüllte Wünsche?

Ich wünsche mir ein harmonisches Leben mit meiner Familie und die Zeit, das zu tun, was ich schon immer tun wollte: reisen und einen Tag für mich haben – ohne schlechtes Gewissen, dass ich Schlendrian betreibe.

Warum machen Sie es nicht einfach?

Weil es das geschäftliche Umfeld oder der Alltag nicht zulassen. Es tauchen immer wieder neue Schwierigkeiten auf, die gelöst werden müssen.

Ihr Sohn André könnte übernehmen.

Mein Sohn, ein Diplomkaufmann, hat mit der Immobilienverwaltung und seinen Hotels mehr als genug zu tun. Mit externen Mitarbeitern kann ich nicht zusammenarbeiten, die könnten es mir nicht Recht machen. Ich leiste einen Arbeitseinsatz, den man von niemandem erwarten kann.

Kommen Sie jemals zur Ruhe?

Ja, in meinen Weinbergen auf den Winzerer Höhen. Auf den Steilhängen arbeite ich selbst. Das ist die totale Entspannung. Im Jahr produzieren wir einige Tausend Flaschen Regensburger Landwein. Das gute Ergebnis erfüllt mich mit Stolz.

Glauben Sie?

Auf jeden Fall. Auch an ein Leben nach dem Tod. Ich hinterfrage das nicht. Wenn ich es hinterfragen würde, müsste ich alles auf den Prüfstand stellen. Das würde mich verunsichern.

Ihre nächsten Ziele?

Die neue Nutzung des IT-Speichers wird mich noch viel Kraft kosten. Dort könnten ein kleines Hotel oder preisgünstige Wohnungen entstehen. Wenn dann eine Sache abgeschlossen ist, die viel Mühen und Lebenszeit gekostet hat, kümmere ich mich um etwas Neues. Ich bin ein Wanderer.