Kirche
Der Bischof und sein „Oster-Nest“

Der Passauer Oberhirte war vor Amtsantritt noch mit seiner Mama einkaufen: Zwei Anzüge, Größe 50. Die Eltern überrollt eine Welle der Begeisterung.

17.05.2014 | Stand 16.09.2023, 7:14 Uhr

Gerne blättern die Eltern des neuen Passauer Bischofs, Heinz und Maria Magdalena Oster, in den zahlreichen Fotobüchern und -alben. Fotos: altrofoto.de

Unter den mehreren Tausend Besuchern der Bischofsweihe von Stefan Oster am kommenden Samstag werden auch 69 Angehörige des neuen Passauer Oberhirten sein. „Die Verwandtschaft ist wie elektrisiert“, erzählt Vater Heinz Oster (74). Kurz vorher hat er noch schnell eine FC-Bayern-Fahne aus einer Vase in der Regensburger Wohnung genommen: „Die hat der Stefan bei seinem letzten Besuch hineingesteckt – er ist ja ein richtiger Bayern-Fan.“

Ob Goldene Hochzeit oder Geburtstag – bei Familienfeiern war die Bischofsernennung durch Papst Franziskus am 4. April zentrales Thema. Der größte Teil der Verwandten kommt aus dem Raum Schwandorf. Dort wurde die Mutter des Bischofs, Maria Magdalena Oster, in eine Familie mit neun Kindern hineingeboren, von denen noch sechs Geschwister leben.

Die Eltern staunen über den Sohn

Die 73-Jährige, die seit 1999 an einer äußerst seltenen Autoimmunerkrankung leidet, sitzt die meiste Zeit im Rollstuhl und wird von ihrem Mann rührend umsorgt. Seit zweieinhalb Jahren lebt sie in einem Senioren- und Pflegewohnheim. „Mein Mann kommt jeden Tag zu mir“, sagt sie.

Vor kurzem, so Heinz Oster, habe der Sohn die Mutter gefragt, ob sie ihn nicht beim Kauf zweier neuer Anzüge für sein künftiges Amt begleiten würde. Maria Magdalena Oster lächelt und berichtet, dass es sehr schnell gegangen sei: Nur je zweimal habe Stefan ein schwarzes und ein dunkelgraues Exemplar der Konfektionsgröße 50 anprobieren müssen, dann habe alles gepasst. „Sehr schöne Anzüge“, verrät sie. Das Bischofsgewand, das sie ihm spendieren wollte, lehnte ihr Sohn allerdings ab. Heinz Oster: „Auch wenn er sehr an seiner Mutter hängt – er lässt sich nichts von ihr schenken, wie er überhaupt Präsente, die man ihm macht, gleich an andere weitergibt.“ Er hat deshalb einen Tipp zur Bischofsweihe parat: „Ich werde oft gefragt, was man ihm denn schenken kann. Dann antworte ich: Das einzige, das er akzeptiert, sind Bücher.“

Noch immer steht das Ehepaar unter dem überwältigenden Eindruck, den die Begeisterung über die Bischofsernennung ihres Sohnes hervorrief. „Unbeschreiblich“, sagt Maria Oster und ihr Mann ergänzt: „Ich hätte es nicht für möglich gehalten, dass jemand, den Tage vorher kaum jemand kannte, solche Reaktionen auslöst.“

Mit Staunen hat er beobachtet, wie souverän sein Sohn nun in Menschenmengen Gläubigen um Gläubigen die Hand reicht. Heinz Oster spricht vom „salesianischen Charisma“. Vor einer Woche, bei der Verabschiedung seines Sohnes in Benediktbeuern, habe er das wieder erlebt: „So traurig alle dort über seinen Weggang sind – jeder in seiner Umgebung hatte ein Lächeln auf den Lippen.“ Gab es einen roten Faden im Leben Stefan Osters? Für den Vater ist es „kein Zufall, dass er bei den Salesianern Don Boscos, der auch ein Straßenkünstler war, gelandet ist“. Kaum ein Medienbericht der letzten Wochen geht an den Jongleurskünsten des neuen Passauer Bischofs vorbei.

Die öffentliche Wirkung ihres Sohnes nach der Bischofsernennung hat eine „neue Qualität“ in das Leben der Osters gebracht: „Ständig rufen nette Leute an – auch solche, zu denen man 50 Jahre keinen Kontakt mehr hatte, und wollen gratulieren. Andere möchten einfach wissen, wie man Kontakt mit Stefan aufnehmen kann.“ Dass sie nun selbst ins Licht der Öffentlichkeit geraten, mussten sie erst lernen. „Wenn Du ein Schreiben des bayerischen Ministerpräsidenten bekommst, dem es eine ,Ehre‘ ist, zur Vereidigung ,Seiner Exzellenz, des künftigen Bischofs von Passau, Prof. Dr. Stefan Oster‘, einzuladen, dann läuft‘s Dir heiß und kalt die Wirbelsäule rauf und runter“, sagt Heinz Oster.

Dabei ist ihm etwas ganz anderes wichtig. Immer wieder wendet er den Blick zu seiner Frau, ergreift liebevoll ihre Hände oder legt den Arm um ihre Schulter. Schließlich sagt er: „Hier sitzt diejenige, die Nestwärme in die Familie gebracht hat, damit aus den Kindern ordentliche Menschen wurden.“ Der ehemalige Bundeswehroffizier und spätere Pressesprecher eines Regensburger Unternehmens kramt eine Urkunde hervor, mit der Maria Magdalena Oster zu ihrem 73. Geburtstag der innerfamiliäre „Oster-Nest-Oscar 2013“ verliehen wurde.

Ex-Lebensgefährtin in Dom dabei?

Wenn man in der Osterschen Wohnung Familienbilder betrachtet, kann man erahnen, dass das keinesfalls übertrieben ist. Allen vier – Mutter, Vater, Sohn und Tochter Karin – scheint das „salesianische Charisma“ nicht fremd zu sein. Dazu gehört ebenso, dass der Kontakt zur ehemaligen Lebensgefährtin des Sohnes niemals abgerissen ist. Höchstwahrscheinlich wird sie zur Bischofsweihe nach Passau kommen, verrät Heinz Oster – „das können Sie ruhig schreiben“. Schon 2001, bei der Primiz des neugeweihten Priesters im Regensburger Don-Bosco-Zentrum, sei sie dabei gewesen.

Und was geben die Eltern dem neuen Passauer Oberhirten mit auf den Weg? „Er soll so bleiben, wie er ist“, bringt die Mutter ihre Gefühle auf den Punkt. Der Vater kramt in einer Mappe und zieht ein Blatt Papier heraus – mit Zeilen zum zehnjährigen Priesterjubiläum seines Sohnes im Jahr 2011. „Lieber Stefan“, ist dort zu lesen, „möge Dir Dein immenser Tiefgang und Deine bewundernswerte Lockerheit noch lange erhalten bleiben. Und wir wünschen Dir, dass Du immerfort und immer tiefer von der Wandlung der Welt als Gegenwart Gottes in der Eucharistie so überzeugt bist, dass sich Dir und anderen die Welt immer wieder verwandelt.“