Gratulation
Der „blonde Blitz“ wurde 85

Der Doppel-Olympiasieger von 1960 lässt es mittlerweile etwas ruhiger angehen. Die Bestmarke hält er bis heute.

22.03.2022 | Stand 15.09.2023, 6:32 Uhr
Der Olympiasieger von 1960 zeigt auf diesem Archivbild seine Spikes die er 1960 bei den Olympischen Spielen in Rom getragen hat. −Foto: Sven Hoppe/dpa

Der einst schnellste Sprinter der Welt hat den Schongang eingelegt. „Alt werden ist nichts für Memmen. Ich muss jetzt endlich auch mal an mich denken“, sagt Armin Hary, und Hund Lucky bellt, als wollte er seinem Herrchen zustimmen. Gut drei Monate nach seinem Herzinfarkt geht es Hary schon wieder so gut, wie es das Alter zulässt: Am heutigen Dienstag (22. März) wurde der Doppel-Olympiasieger von 1960 immerhin 85 Jahre alt. „Mein Gott, es geht wieder besser. Ich bin ja kein Mensch, der ruhen und rasten kann. Ich will so ziemlich alles selbst machen“, sagt Armin Hary.

Bei Tina Hary ist er in besten Händen

Bei Ehefrau Tina ist er seit 56 Jahren in besten Händen. „Pflegen muss ich ihn nicht, ich muss ihn nur verwöhnen“, erzählt Christina Hary lachend und berichtet vom Umzug in Adlhausen bei Lanquaid. „Das machen wir mit links, hat er gesagt. Armin fand einen Umzugswagen irgendwie unsportlich.“

Der Mann ist eben noch immer Sportler. 1960 war das Jahr des Armin Hary: Am 21. Juni sprintet der explosive Schnellstarter die 100 Meter als erster Mensch überhaupt in 10,0 Sekunden: mit 480 Gramm schweren Spikes, auf einer Aschenbahn im Zürcher Letzigrund. Genau 72 Tage später ist der „blonde Blitz“ auch Olympiasieger von Rom: Gold über 100 Meter – und eine Woche später als glänzende Zugabe der Triumph mit der deutschen Staffel über 4 x 100 Meter. Kein Europäer und schon gar kein Deutscher schnappt sich nach Hary jemals wieder die prestigeträchtigste Bestmarke der Leichtathletik.

Armin Harys Vita ist filmreif

Auch seine Vita ist filmreif. Der Junge aus dem saarländischen Quierschied spielt erst Fußball, dann Handball und Geige, erst spät erwacht seine Liebe zur Leichtathletik. Der gelernte Feinmechaniker ist Sportstudent, Tellerwäscher, Kaufmann, Immobilienmakler und Baustoffgroßhändler. Aber auch ein Schlitzohr: Für falsche Spesenrechnungen und einen aufmüpfigen Presseartikel wird er gesperrt, wegen dubioser Grundstücksgeschäfte kommt er Anfang der 1980er Jahre mit dem Gesetz in Konflikt.

Die Leichtathletik prickelt heute nicht mehr, gibt Hary zu, dennoch will er die Höhepunkte dieses Jahres – die WM in den USA und die EM in München – verfolgen. „Ich schau‘ mir das schon an, aber ich trauer nicht der alten Zeit nach. Wenn die Kerle heute alle auf der Aschenbahn laufen müssten, dann möchte ich die mal sehen.“ (dpa)