Dass sie ihre Patienten am liebsten wieder so fit machen würden, um bei einem Hürdenlauf zu bestehen, nimmt man den beiden ab. Doch dass sie selbst einmal zum Hürdenlauf gezwungen werden, um ihr ersehntes Ziel zu erreichen, das haben Peter Schillinger und Tobias Früchtl wohl nicht geahnt. „Der Weg war steinig“, so der Tenor der Existenzgründer im Gespräch. Doch das Ziel ist nahe: Am Montag, 8. April, soll morgens um 7 Uhr erstmals die Türe bei den „Physios Janahof“ aufgehen.
„Es gibt bei uns keinen Physiotherapeuten, der nicht genug zu tun hat.“Peter Schillinger und Tobias Früchtl
Warum sie überhaupt den Weg zur Selbstständigkeit einschlugen? Diese Frage erübrigt sich, wenn man die Gehaltszettel angestellter Physiotherapeuten anschaut. Für eine Familie ist da bei einem Alleinverdiener wenig Platz. Zudem ist die Lage auf dem Gesundheitsmarkt für Physiotherapeuten so gut wie nie: Die Patienten stehen Schlange für die Termine, die rar zu bekommen sind.
Lange Suche bis zur Lösung
Im Oktober waren die damaligen Pläne für den Neubau, den die Chamer Immobilienfirma Graf aufgestellt hat, kurzfristig über den Haufen geworfen worden. Da hatten die jungen Physiotherapeuten den Mietvertrag für ihre künftigen Praxisräume schon unterzeichnet. Dem Architekten sei ein Fehler unterlaufen – deshalb ist etwa heute keine Tiefgarage unterm Haus. Und deshalb ist es auch in Holzständerbauweise gebaut worden – anders als nebenan auf dem Grundstück, wo gemauert wird. Um schnell entsprechende Räumlichkeiten auf die Beine zu stellen, bot die Holzständerbauweise die schnellste Lösung, die der Bauherr ergriff. Und damit die zweite Hürde für die Physiotherapeuten bei ihrem Gang in die Unabhängigkeit nach der Suche nach Praxisräumen nahm, die den beiden in der Lösung mehr als zusagte. „Ein Holzhaus hat ein tolles Raumklima!“, so Früchtl. Wobei sie selbst als Handlager auf der Baustelle hantierten, um den Bau voranzutreiben und das Ziel zu erreichen. Etwa 180 Quadratmeter Größe auf zwei Stockwerken hat die neue Praxis in Cham-Janahof, verkehrsgünstig und parkplatzfreundlich direkt an der Hauptstraße in Janahof gelegen.
Die Hürde Hallenfußball
Die dritte Hürde kam unerwartet, wie bereits die zweite: Tobias Früchtl brach sich in der ersten Dezemberwoche beim Hallenfußball den Mittelfuß und ein Handgelenk – musste praktisch in Selbstbehandlung. Und die Vierte folgte wenig später – der Bauleiter, der Kopf der Arbeiter auf der Baustelle, – brach sich das Schlüsselbein. Da war die zwischenzeitliche Hürde der Finanzierung eher nebensächlich – 60 000 Euro investieren die beiden Physiotherapeuten in die Ausrüstung der Behandlungsräume. Das Geld von der Raiffeisenbank und der Förderbank zu erhalten, sei bei der Nachfrage auf dem Markt nach Physiotherapie nicht schwer gewesen, so Früchtl und Schillinger. Und – als reiche das nicht – ein Leimbinder-Balken ragte zu tief in den Raum, um den Raumhöhe-Vorgaben der Krankenkasse zu entsprechen.
Statt Holz musste hier kurzerhand ein Eisenträger eingezogen werden – auch das hat die beiden Existenzgründer einiges an Schlaf gekostet. Bei so viel Hürden könnte manchem die Luft ausgehen – doch die beiden Therapeuten sind motiviert beim Blick aufs näherkommende Ziel: „Die Freude überwiegt, bald für sich selbst arbeiten zu können, auch wenn etwas Angst dabei ist!“ Und erste Patienten stehen in den Startlöchern, um Platz zu nehmen auf den Liegen. „Jeder hat schon seine Patienten“, sagt Früchtl – sozusagen einen „Fanstamm“ an Kunden, der vom bisherigen Arbeitgeber mitwandert in die neue Praxis und schon fest die Daumen drückt, dass trotz aller Hürden die Türe pünktlich am 8. April aufgeht.
Weitere Nachrichten aus Cham lesen Sie hier.
Aktuelles aus der Region und der Welt gibt es über WhatsApp direkt auf das Smartphone:www.mittelbayerische.de/whatsapp
Noch gibt es einiges zu tun im Inneren der künftigen Praxisräume von Peter Schillinger und Tobias Früchtl. Foto: Christoph Klöckner
