Geschichte
Die Bedeutung von zwei Wetterhähnen

Einer sieht gen Westen nach Frankreich, der andere in Richtung Süden nach Rom. Blick auf ein altes Anwesen nahe Thanried.

22.11.2014 | Stand 16.09.2023, 7:10 Uhr
Jakob Moro
Sepp Söllner aus Thanried bei der landwirtschaftlichen Arbeit in früheren Tagen −Foto: privat

Wetterhähne werden weniger. Rote Hähne, aus Lehm und Ton gebrannt, befanden sich früher auf fast allen bäuerlichen Gibeldächern der ländlichen Gebäude. Sie hatten für die Bewohner eine große Bedeutung.

Ein roter Hahn soll das Haus vor einer Feuersbrunst schützen, so der Volksglaube früherer Tage. Er sollte das Böse vertreiben. In der Antike war der Hahn ein heiliges Tier, die irdische Verkörperung des Licht- und Kriegsgottes Mars. Aus dieser alten Überlieferung heraus erhofften sich die Besitzer von Häusern vom roten Hahn, dass dieser als Schutz gegen Blitzeinschläge wirke. Auch auf Kirchtürmen sieht man auch heute noch gelegentlich ein Wetterhahn, obwohl es sich bei dieser Figur um eine Symbolfigur heidnischen Ursprungs handelt.

Die Rolle des Hahns in der Bibel

Der Hahn spielt auch in der Bibel eine wichtige Rolle. Erinnert sei dabei an Petrus, den Fels. Und ausgerechnet dieser Petrus hat Jesus dreimal verleugnet, bis der Hahn krähte. So habe sich Petrus im Wind gedreht – wie der Wetterhahn oben auf dem Kirchturm.

Der Wetterhahn auf den Kirchtürmen mahnt zur Reue und zum Mut, wird berichtet. Der Hahn ist ja der erste, der das Ende der Nacht ankündigt.

Der Hahn ist auch am Morgen der Erste im Hühnerstall, der mit lautem Krähen den Tag ankündigt. Bei den Römers war der Hahn dem Lichtgott geweiht und „unsere“ Vorfahren, die alten Germanen verehrten einen goldenen Hahn in ihrem „Weltenbaum“. Auf der Spitze des Weltenbaumes wacht ein Hahn, er glänzt golden und leuchtet in der Sonne. Gleich zwei alte rot gebrannte alte „Hähne“ sah unser örtlicher Berichterstatter auf einem Anwesen in Thanried und fragte nach.

Der 87-jährliche Besitzer des Anwesens, Josef Dirscherl, erzählte. Aus dem Anwesen sind im ersten Weltkrieg in den Kriegshandlungen zwei Söhne gefallen, bzw. seit 1916 vermisst. Georg Stelzer, Landwirt in Thanried und sein Bruder Josef Stelzer dienten im 1. Weltkrieg im 6. Infanterie-Regiment.

Georg Stelzer ist am 12. Oktober 1914 in St. Mihiel/Frankreich gefallen. Sein Bruder Josef ist seit 31. Juli 1916, zuletzt in Einsatz in Verdun/Frankreich, vermisst. Die Schlacht um Verdun war eine der bedeutendsten Schlachten des Ersten Weltkrieges an der Westfront zwischen Deutschland und Frankreich. Sie begann am 21. Februar 1916 mit einem Angriff Deutscher auf die französische Festung Verdun und endete am 19. Dezember 1916 ohne wesentliche Verschiebung des Frontverlaufs. Georg und Josef Stelzer liegen in Frankreich begraben.

Hahn aus Lehm gebrannt

Ihnen zu Ehren setzten die Stelzers auf das Scheunendach ihres Anwesens einen aus Lehm gebrannten Hahn, der in Richtung Westen, nach Frankreich schaue. Dirscherl erzählt weiter: „Der einzige Sohn von Georg Stelzer kam am 4. Oktober 1914 in Thanried auf die Welt. Acht Tage später ist der Vater (gleichen Namens Georg Stelzer) in Frankreich gefallen. Georg Stelzer „Junior“ wurde später Priester. Es war Krieg, so Dirscherl, die sonst erst an Peter und Paul stattfindenden Priesterweihen wurden vorgezogen und fanden am 25. Februar 1940 statt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde er Kaplan in Bärnau. In späterer Zeit seines Priesteramtes wurde er Pfarrer in Pechbrunn in der nördlichen Oberpfalz. Er wohnte nach seiner Pensionierung lange Jahre in seinem Elternhaus in Thanried. Ihm zu Ehren und die Verbindung als Priester mit „Rom“ wurde ein ebenfalls in Lehm gebrannter Hahn auf das Hausdach seines Geburts- und Elternhauses gesetzt. Dieser Hahn sieht in Richtung Süden, nach Rom, so die Erzählungen des 87-jährigen Josef Dirscherl.