Natur
Die Geheimnisse eines Nutztieres

Siegfried Maurer hat das Leben der Bienen zu seinem Beruf gemacht. Heute produzieren diese bis zu acht Tonnen Honig im Jahr.

04.06.2016 | Stand 16.09.2023, 6:44 Uhr
Macht die Biene wirklich einfach nur Honig? Ja, schon klar – doch darüber hinaus hat sie noch viele andere wichtige Aufgaben. −Foto: Symbolfoto: dpa

Dutzende Kinderaugen sind auf Siegfried Maurer gerichtet. Der Bio-Imker hat seinen Stand beim Edeka-Markt Aschenbrenner am Bahnhofsweg aufgebaut. Er fragt gerade, warum Bienen so wichtig für die Natur sind. Die Grundschulkinder wollen zeigen, was sie gelernt haben und beantworten seine Fragen wie aus der Pistole geschossen: „Ohne Bienen gibt es keine Früchte“ und „Bienen machen Honig“. Und obwohl sie erst in die zweite Klasse gehen, wissen sie auch die Antwort auf die Frage, was passieren würde, sollten die Bienen aussterben: „Dann würden wir auch sterben.“ Keine Bienen, keine Bestäubung, keine Pflanzen, keine Tiere und schlussendlich: keine Menschen.

„Bio“ ist eine Frage des Standortes

Das Wasserschutzgebiet verbiete den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und die Wiesen, die drumherum liegen, würden nur zwei Mal im Jahr gemäht. Das sei optimal, meint Maurer. Durch die Zertifizierung als Bio-Imkerei hat der Betrieb strenge Auflagen zu erfüllen.

Über 500 Blütenarten im Honig

Für seine Frau Andrea Maurer fühlt es sich so an, als sei der Kontrolleur immer präsent. Zwei Mal pro Jahr werden Proben ins Labor geschickt, um sicherzustellen, dass sich keine Pestizide im Honig befinden. Außerdem wird so festgestellt, woraus sich der Honig zusammensetzt. Ab 65 Prozent einer Blütenart kann man eine Sortenbezeichnung wie Wald- oder Tannenhonig auf das Honigglas kleben. Es soll sogar schon vorgekommen sein, dass im Honig 562 verschiedene Blütenarten vorhanden waren – da wundern sich selbst die Maurers, wie fleißig ihre Bienen sind, und was ihnen auf ihrem Weg alles begegnet.

Bio-Imker zu werden ist vielleicht Siegfried Maurers Berufung, gelernt hat er aber zunächst etwas anderes. Als selbstständiger Fliesenleger war er viel unterwegs, hat Fast-Food-Restaurants, Hotels und Kirchen in ganz Deutschland gefliest. Irgendwann wurde ihm bewusst, dass sein Beruf auch auf Kosten seiner Gesundheit geht, und da er und sein Sohn schon immer Honigliebhaber waren, und Maurer einen Beitrag zum Umweltschutz leisten wollte, ist er auf die Imkerei umgestiegen.

„Im Landwirtschaftsamt Deggendorf habe ich Kurse besucht, und vor drei, vier Jahren bin ich dann aktiv geworden“, erzählt der 46-Jährige. Arbeit hat er sich mit dem Umstieg nicht gespart, im Gegenteil: „Wir arbeiten das ganze Jahr über, Urlaub gibt’s bei uns nicht.“ Aber das stört die Eheleute Maurer nicht: „Wir leben doch hier in der schönsten Urlaubsregion!“ Mittlerweile produzieren die 120 Bienenvölker der Bio-Imkerei zwischen zwei und acht Tonnen Honig im Jahr, das reicht zum Leben. Abnehmer sind unter anderem die Edeka-Märkte der Region und Hotels, in deren Wellnessbereichen und Küchen der Bio-Honig zum Einsatz kommt.

Drei wichtige Dinge für Imker

Für den Imkerberuf braucht man vor allem drei Dinge: Zeit, Liebe und Geld. „Wer Vollzeit beschäftigt ist, dem würde ich vom Imkern abraten.“ Denn zum Anfangen brauche man mindestens drei Völker, die sich gegenseitig helfen können. Außerdem koste die Ausrüstung viel Geld: mehrere Kästen, Imkeranzug, -handschuhe, -werkzeug und eine Schleuder zur Honiggewinnung können das Budget eines Anfängers sprengen. Darum: Gut informieren und sich das Ganze ansehen – Siegfried Maurer steht Jungimkern gern mit Rat und Tat zur Seite.

Sorgen machen ihm und seinen Kollegen vor allem Biogasanlagen. Die Wiesen würden zu oft gemäht und gespritzt, so dass die Bienen keine Blumen finden. Löwenzahnhonig sei deshalb so gut wie unmöglich herzustellen. „Gott sei Dank ist es hier in Kötzting noch nicht so schlimm“, stellt Maurer fest.

Die fünf königlichen Bienen-Farben

Die Kinder sind begeistert, als sie ein Bienenvolk durch die Glasscheibe beobachten dürfen. Maurer hat seine bravsten Bienen dabei. Die Zweitklässler haben bereits gelernt, dass die Bienenkönigin 2000 Eier pro Tag legen kann und drei bis sechs Jahre lebt. Die Bienen stellen dafür extra ein spezielles Futter her, das Gelée Royal genannt wird. Normale Bienen dagegen haben eine kurze Lebensdauer, sie sterben nach vier bis sechs Wochen.

Andrea Maurer erzählt, dass die Bienenkönigin jedes Jahr mit einer anderen Farbe markiert wird. Die Reihenfolge – weiß, gelb, rot, blau, grün – sei auf der ganzen Welt die gleiche. So weiß der Imker, wie alt seine Königin ist. Rund um die Bienen gibt es also noch viel mehr zu wissen, als nur, dass sie Honig produzieren.

Varroa-Milben fürchtet der Bio-Imker nicht

Die Sorgen vieler Imker, dass ihre Bienen durch Milben oder Gifte dahingerafft werden, teilt Bio-Imker Siegfried Maurer so nicht. Der Trick ist ein weißer Boden in seinem Bienenkasten. Darauf fällt der Abfall des Bienenstocks und daraus kann er wiederum ablesen, welche Probleme es im Stock gibt.

Ein Mal pro Woche wird saubergemacht. Finden sich zu viele Milben im Kasten, besprüht er seine Bienen mit Honigwasser. „So verkleben die Flügel, und sie müssen sich putzen. Beim Putzen fallen dann die Milben ab und sterben.“ Bisher habe er mit der Methode sehr gute Erfahrungen gemacht. Auf Klee-, Milch- oder Ameisensäure, die zur Behandlung der Bienen freigegeben sind, greift er nur im Notfall zurück. Auch sterben ganze Bienenvölker nicht von heute auf morgen an Giften. Findet er mehrere tote Bienen oder taumeln sie beim Fliegen, deute das auf eine Vergiftung hin. In Absprache mit Tierärzten würden tote Tiere eingeschickt und frühzeitig auf Gifte untersucht.

Tipp: Was tun beim Stich?

Auch Imker Siegfried Maurer wird gestochen – Wie oft? „Ach, nicht so oft. Etwa 300 Mal im Jahr“, sagt er. Bei 80 000 Bienen sei das „wirklich nicht häufig“. Weh tut ihm das übrigens nicht mehr, er ist immun. Ein Tipp für alle anderen: Den Stachel nicht hinten packen, sonst drückt man sich das Gift in die Haut, sondern mit dem Fingernagel wegschieben. Und natürlich: Viel kaltes Wasser oder eine Zwiebel auf den Einstich.

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