Geburtstag
Die Gräfin musste sehr lange sparen

Godula von Ledebur feierte ihr 90. Wiegenfest. Die Ramspauerin ist im T&T-Schloss geboren, Geld aber hatte die Familie nie.

15.03.2016 | Stand 16.09.2023, 6:54 Uhr
Sieglinde Geipel
Die Gräfin von Ledebur-Wicheln feierte 90. Geburtstag. −Foto: lgs

Auf 90 Jahre blickt Godula Gräfin von Ledebur zurück. 1926 wurde sie als erstes Kind von Marie-Elisabeth, Freifrau von Pfetten, und Dr. Josef, Freiherr von Pfetten, im Fürstlichen Schloss in Regensburg geboren. Für die Ramspauer Bürger ist sie die Gräfin von Ledebur, die bis heute fest im Dorfleben verwurzelt ist. Beim Gespräch im Schloss erzählt die alte Dame aus ihrem Leben. Geboren wurde sie in der Dienstwohnung der Großeltern mütterlicherseits in einem Seitenflügel des Fürstlichen Schlosses. Dort arbeitete ihr Großvater als Verwaltungschef und die Großmutter als Hofdame der Fürstin Margarete.

Der Großvater verlor alles

Ihre Eltern lebten damals im Forsthaus Linden in Frauenau, wo der Vater in der Freiherr von Poschinger’schen Verwaltung tätig war. Die Winter waren sehr streng, deswegen begab sich ihre Mutter zur Entbindung in die Obhut ihrer Stiefmutter. Ihr Vater studierte Forstwirtschaft und promovierte. Doch damit konnte er kein Geld verdienen. Seine Eltern, die im Schloss Ramspau lebten, konnten die junge Familie nicht unterstützen, da sie ihr Barvermögen in der Inflation verloren hatten. „Mein Vater erzählte oft, dass mein Großvater nicht verstehen konnte, dass sein Geld plötzlich weg war“, schildert die Gräfin.

Als sie gerade einmal ein Jahr alt war, gingen ihre Eltern in die Nähe von Luanda in Angola, um dort eine Kaffeeplantage aufzubauen. Leider scheiterte das Projekt und die Familie kehrte zehn Monaten später nach Ramspau zurück. Die junge Familie, zu der nun auch ihre in Afrika geborene Schwester Sidonie gehörte, lebte nun im Schloss Ramspau, in dem auch die Eltern väterlicherseits wohnten. Nach dem Tod des Großvater, 1929, lebte die Großmutter alleine im unteren Teil des Schlosses, die Eltern und die Kinder im oberen Teil.

Wie das tägliche Leben in ihrer Kindheit ablief, erzählt Gräfin von Ledebur sehr anschaulich. Ihr Vater hatte nach dem Tod des Großvaters die Forstwirtschaft übernommen. Viele Kunden konnten jedoch nicht zahlen und die Familie hatte oft kein Geld. Die Mutter schrieb einmal in ihr Tagebuch: „Ich weiß nicht, wie es weitergehen soll!“ Deshalb arbeitete der Vater ab 1937 im zivilen Militärdienst.

Heute wird das Schloss oft als Schmuckstück bezeichnet, doch bis dahin war es ein weiter Weg. In der Küche stand ein 40 Jahre alter Herd. Den Wunsch der Mutter nach einem neuen konnte die Großmutter überhaupt nicht verstehen. Ein großer Stein mit einem großen Loch diente als Abguss und natürlich gab es keine Fliesen. Neben der schweren Hausarbeit wartete auch Arbeit im Garten. Dort mussten die Kinder oft helfen. Gemüse und Obst baute die Familie selbst an, Kartoffeln und Getreide lieferten die Pächter. Nur die Dinge, die man nicht selbst herstellen konnte, – wie Reis, Zitronen, Tee, Kaffee, Hefe, Zucker, Zitronat – wurden gekauft.

Die Mutter nähte alles selbst

Im Kaufhaus Deml in Regenstauf und bei der Firma Rothdauscher in Regensburg kaufte die Mutter die Stoffe und Garne, die sie zum Nähen benötigte.

Nicht nur für die Familie war Ledeburs Mutter da, sie sprang auch oft ein, wenn die Menschen in der Umgebung krank waren. Es gab kein dichtes Netz ärztlicher Versorgung, nur wenige Medikamente und noch weniger Geld für Arzt und Arzneimittel. Penicillin war unbekannt. Auch die gräfliche Familie blieb von schlimmen Krankheiten nicht verschont. Schwester Imma litt an einer Rippenfellvereiterung. Die Kinder hatten eitrige Mittelohrentzündungen. Entweder ein Loch im Trommelfell verschaffte Linderung oder hinter dem Ohr wurde aufgemeißelt, damit das Eiter abfließen konnte.

Ihre Schulzeit verbrachte die Gräfin in Ramspau, Regensburg und München. Ab dem Sommer 1942 wurden die Schülerinnen für einige Monate in Krankenhäusern dienstverpflichtet. Godula hatte Glück und durfte, da sie fünf Geschwister unter 14 Jahren hatte, ihre Mutter nicht gesund und der Vater im Kriegsdienst war, den Krankendienst zu Hause leisten.

1955 nach Hainsacker gezogen

1949 heiratete sie Franz Graf von Ledebur. Bis 1955 lebte das Paar bei Godulas Eltern, da ihr Mann, der aus Tellnitz im Kreis Aussig stammte, aufgrund des Kriegsdienstes kein Vermögen mehr hatte. Er hatte 1937 das Studium der Forstwirtschaft begonnen, dass dann durch den Einzug zur Wehrmacht unterbrochen wurde. Er konnte nicht mehr nach Tellnitz zurückkehren und wurde 1946 in Regensburg aus der Kriegsgefangenschaft entlassen. 1955 bezog die Familie mit den Kindern Hedwig, Wigbert und Maria-Regina ein Haus in Hainsacker. 1959 kam der zweite Sohn Franz-Josef zur Welt. Es begann nun eine sehr schöne Zeit. Franz Graf von Ledebur leitete ab 1959 das Bundesforstamt Hohenfels.

Nach dem Tod von Godulas Mutter 1971 übergab der Vater den Besitz an die Tochter. Heute verbringt die Gräfin ihren Lebensabend im Schloss Ramspau, das ihr Sohn Wigbert verwaltet. Ihr Ehemann ist 2008 verstorben.