Ski
Die Piste als Schule des Lebens

Die ehemaligen Weltcup-Cracks Monika Bergmann und Alois Vogl plauderten über Vergangenheit und die Gegenwart.

22.12.2017 | Stand 16.09.2023, 6:19 Uhr
Jürgen Ziereis

Monika Bergmann und Alois Vogl plauderten über ihre goldene Vergangenheit auf der Skipiste, die ihnen viele hilfreiche Erfahrungen brachte.Foto: Ziereis

Ein Ratsch über alte Zeiten im Ski-Weltcup – wie schaut’s aus? Monika Bergmann war sofort dabei. „Freilich, dann sehe ich den Luis wieder mal!“ Der „Luis“, das ist Alois Vogl, der gemeinsam mit Monika Bergmann über viele Jahre das Bayerwald-Fähnchen im Weltcup hochgehalten hat. Und so sitzen wir mit den beiden Ex-Slalom-Stars im Cafe und lassen sie entspannt plaudern über ihre Ära im Weltcupzirkus, der sie trotz erschwerter Bedingungen (Monika Bergmann: „Wir waren schon irgendwie Einzelkämpfer“) aus deutscher Sicht ihren Stempel aufgedrückt haben. Gemeinsamkeiten entdecken wir in dem lockeren Gespräch etliche, nicht nur das Einzelkämpfer-Dasein. „Wir waren für die immer die Exoten – oder siehst du das anders?“, fragt die „Moni“ den „Luis“. „Wir haben keine Lobby, keinen Olympiastützpunkt, der anschieben könnte. Wer weiß, ob es mal wieder jemand aus dem Bayerischen Wald schafft…“

Höchstens noch bei Skigolf-WM

So ist Skifahren für Bergmann wie für Vogl nach ihrem Karriereende ein seltenes Erlebnis geworden. Mit den dreijährigen Zwillingen im Schnee tollen und ab und zu für die Skiabteilung des TSV Blaibach einen Skikurs geben, so beschreibt die gebürtige Lamerin Bergmann ihr sportliches Wirken im Winter. „Und ab und zu gehe ich Nachtskilaufen.“ Für den Lohberger „Luis“ Vogl sind die Skitage gar noch seltener: „In den letzten beiden Jahren war ich einen Tag beim Skifahren – bei der Skigolf-WM.“

Da grinst der 45-Jährige: Denn Golfen ist nach dem Karriereende 2008 die sportliche Passion des Slalom-Spezialisten geworden. Die nächste Gemeinsamkeit, denn auch „Moni“ Bergmann schwang gerne den Golfschläger, bevor die beiden Jungs kamen („Golf vermisse ich schon …“). Dank des Golfsports zog „Luis“ Vogl auch in Sachen WM-Titel mit Monika Bergmann gleich, die WM-Gold 2005 in Bormio im Team holte. Genauso wie der Lohberger jüngst beim Skigolfen. „Stern ist Stern“, juxt Vogl und pflichtet Monika Bergmann bei, die stolz auf die goldenen Titelkämpfe zurückblickt: „Gold ist Gold. Eine Einzelmedaille ist vielleicht noch etwas mehr wert, aber das war der erste Teamwettkampf, der ausgefahren wurde, von daher war das schon etwas Besonderes.“ Eigentlich hätte auch Alois Vogl, der damals in der Form seines Lebens war, zum Team gehört. Eine Augenverletzung verhinderte allerdings seinen WM-Start. Mit dem Weltcup-Sieg kurz zuvor in Wengen wäre der Bundespolizist im Slalom als Medaillenkandidat an den Start gegangen – wie groß war damals die Enttäuschung? „Natürlich war das ärgerlich, weil du dein ganzes Sporterleben darauf hinarbeitest und dann kannst du wegen sowas nicht mitfahren. Aber als positiv denkender Mensch habe ich das relativ schnell abgehakt.“

Medien-Hype stets ein Greuel

Ob es wirklich geklappt hätte mit Edelmetall, sei ohnehin dahingestellt: „Das waren absolut nicht meine Verhältnisse, es war sehr weich.“ Vogl mochte es lieber eisig, je schwieriger ein Hang zu bewältigen war, desto besser war der „Luis“. Wie beim Klassiker im Schweizer Wengen am 9. Januar 2005.

Mit welchen Gefühlen denkt Vogl an seinen einzigen Weltcupsieg zurück? – „Vom Rennen weiß ich so gut wie nichts mehr, nur, was danach alles auf mich eingeprasselt ist. Diesen Moment kannst du gar nicht genießen. Ich weiß noch, dass ich in der Nacht heimgekommen bin und den ganzen nächsten Tag telefoniert habe.“ Besuch im Fernsehstudio inklusive. Erfolg verpflichtet, hat Alois Vogl damals gelernt, denn mit dem medialen Hype konnte der bodenständige Lohberger nie etwas anfangen.

„Ehrlich gesagt hatte ich damit so meine Schwierigkeiten. Ich wollte nie im Rampenlicht stehen, ich war nie der laute Typ, eher der ruhige, und habe nicht gewusst, wie ich mit meiner Bekanntheit umgehen soll. Darauf wirst du auch nicht vorbereitet. Das war das, was mich vielleicht etwas gebremst hat.“ Monika Bergmann sagt es gerade heraus: „Du wolltest einfach deine Ruhe haben, oder? Der Luis war halt keine Rampensau, der wollte das nicht.“ Umso erstaunlicher, dass er mit dem Neureuther-Felix, dem extrovertierten Medienprofi, so gut kann, bis heute befreundet ist.

Vielleicht sind es Geschichten wie diese, als Vogl, damals schon Ski-Rentner, mit einer Art „Mentalcoaching“ dazu beitrug, dass sein langjähriger Zimmerkollege – noch dazu im Ski-Mekka Kitzbühel – seinen ersten Weltcupsieg schaffte. Weil er dank Vogls Tipps fokussiert blieb. Zurück zum Vogl-Luis: War Wengen 2005 sein bestes Rennen? – Nein, ein paar Tage vorher, in Flachau, schaffte der Lohberger sein erstes Podium als Dritter. Dieser Wettkampf war’s: „Ich weiß noch, dass es brutal glatt war. Das war das beste Rennen, das ich je gefahren bin, so wie ich es mir immer vorgestellt habe.“ Das sollte Lust auf mehr machen: „Ich hatte von da an ein ganz komisches Gefühl, wie wenn ich Schmetterlinge im Bauch hätte. Positiv, aber anstrengend. Das nächste Rennen war Chamonix, das wollte ich gewinnen. Zehnter bin ich dort dann geworden. Dann kam Wengen. Ich hatte immer das Gefühl, da kommt noch was. Nach dem ersten Durchgang war ich Vierter, im Finale wurde der Italiener (Anm.: Giorgio Rocca, der nach dem ersten Lauf geführt hatte) disqualifiziert und ich habe gewonnen. Dann war dieses Gefühl wieder weg …“

Zu mehreren Podiumsplatzierungen reichte es in den beiden folgenden Jahren dennoch. Auch Monika Bergmann schaffte es einige Male aufs Stockerl, zweimal auf die zweithöchste Stufe – im Dezember 2001 in Lienz, ihrem Lieblingshang, und im Februar 2004 auf ihrer Hausstrecke am Arber. „Für mich persönlich war der zweite Platz am Arber mein größer Erfolg, sozusagen mein persönliches Bockbierfest. Ich kannte dort ja fast jeden. Das war richtig cool und für mich das Beste, was ich gemacht habe.“

Ein wenig Kämpfen ist nötig

Nur knapp schrammte die heute 39-Jährige am Heimsieg vorbei, gewonnen hat damals die Schwedin Anja Paerson. In jener Saison wurde Bergmann Dritte der Slalom-Wertung, ihr bester Winter. Eine kleine Kugel oder ein Weltcupsieg wären zwar „natürlich schon cool“ gewesen, gibt „Moni“ Bergmann zu, die heute als Betriebswirtin arbeitet. „Aber es waren halt eine oder zwei besser.“

Was der Slalom-Spezialistin während ihrer Karriere auch stets anhaftete, war das Etikett der meinungsstarken, bisweilen sturen Athletin, was sie auch offen einräumt. „Im Nachhinein wäre es vielleicht geschickter gewesen, wenn ich manchmal ein bisschen taktischer, diplomatischer gewesen wäre. Aber ich hätte nicht anders gekonnt. Entweder du bist so jemand, der das rausfeuert, was du dir denkst, oder nicht. Wenn ich es anders gemacht hätte, hätte ich es vielleicht nicht so schwer gehabt. Manchmal fühlte ich mich schon unfair behandelt, schließlich habe ich über Jahre im Slalom die Fahne hochgehalten.“

Das letzte Jahr ihrer Karriere, das Bergmann aufgrund ihrer Weltranglistenplatzierung nicht mehr im warmen Stübchen des DSV-Kaders verbrachte, sondern mit ihrem Privattrainer Franz Ringsgwandl, sieht sie heute „als die geilste Zeit. Ich habe viel individueller trainieren können, fürs weitere Leben war das sehr lehrreich: Dass du nicht alles geschenkt bekommst und auch mal ein bisschen kämpfen musst.“