Die strahlende Schönheit starb als gebrochene Frau

Petra Schürmann, das reizende Markenzeichen des Bayerischen Fernsehens, ist tot. Sie war 74 Jahre alt.

14.01.2010 | Stand 16.09.2023, 21:09 Uhr
Thomas Dietz

München.Ihre Karriere verlief wie im Märchen. Über Jahrzehnte galt Petra Schürmann als das strahlend schöne und aparte Gesicht des Bayerischen Fernsehens, als Sympathie-Botschafterin ganz Deutschlands, als ein Markenzeichen, ähnlich wie Carolin Reiber mit ihrem wunderbaren „r“. Doch die letzten neun Jahre ihres Lebens brachten der beliebten Moderatorin die Höllenqualen der Depression. Der Unfalltod ihrer Tochter Alexandra 2001 hatte sie wie ein Keulenschlag getroffen, ihr das Herz und ihre markante Stimme gebrochen. Am Donnerstag starb Petra Schürmann, wie erst jetzt bekannt wurde, mit 74 Jahren in ihrer Villa am Starnberger See.

„Nur so aus Spaß“ hatte sich die schlanke, dunkelhaarige und braunäugige Studentin der Philosophie, Amerikanistik und Kunstgeschichte zu einem Schönheitswettbewerb in Köln gemeldet – und ihn prompt triumphal gewonnen. 1956 wurde sie in London sogar als erste Deutsche „Miss World“, die schönste Frau der Welt. Als Fotomodell war sie fortan so gefragt, dass ihre Doktorarbeit im Fach Philosophie „Über den Begriff der Wahrhaftigkeit bei Nietzsche“ nie fertig wurde. In den 60er Jahren arbeitete sie dann als Ansagerin beim Bayerischen Fernsehen und volontierte nebenher beim Münchner Merkur.

„Das Verkehrsgericht tagt“

Bundesweit bekannt wurde die sympathische Brünette 1982 mit dem „MM-Montags-Markt“ im Nachmittagsprogramm. Im selben Jahr moderierte sie auch zum ersten Mal „Das Verkehrsgericht tagt“. Allein bis zum Jahr 2000 trat sie mindestens 600 Mal in ARD und ZDF auf, in „Essen wie Gott in Deutschland“, „Die Goldenen Fünfziger“, „Schlüsselloch“, „Samstagsclub“ oder „Wir in Bayern“. Petra Schürmann spielte auch in Filmen und Bühnenstücken mit, etwa „Die Tote aus der Themse“ von Edgar Wallace (1971) oder 1977 in Dieter Wedels Fernsehfilm „Halbzeit“. Jahrelang begleitete sie den Auftakt des Oktoberfestes in der ARD.

München.Am 6. März 1967 kam Tochter Alexandra zur Welt. Petra Schürmann verheimlichte zunächst den Namen des Vaters, zog das Mädchen alleine auf und entwickelte eine sehr enge Beziehung zu ihrem Kind. Im Jahr 1973 ließ sich dann die Schauspielerin und Ärztin Marianne Koch nach 20-jähriger Ehe von ihrem Mann, dem Internisten Gerhard Freund, trotz der beiden gemeinsamen Söhne Thomas und Gregor, scheiden – weil der eine Affäre mit Petra Schürmann hatte. Freund und Schürmann heirateten. Nun wurde klar, dass er der Vater der damals sechsjährigen Alexandra war. Freunde sagen, dass jetzt die glücklichste Zeit im Leben der Petra Schürmann begann. Sie währte 28 Jahre.

Doch dann kam der 21. Juni 2001. Alexandra war inzwischen 34 Jahre alt. Sie hatte Kunstgeschichte studiert, 1992 als Assistentin von Elmar Hörig in der ZDF-Dating-Show „Liebe auf den ersten Blick“ mitgewirkt und gehörte seit 1999 zum Sprecherstamm der Münchner Abendschau. In einigen Wochen wollte sie heiraten, einen Schulfreund, der eine kleine Computerfirma besaß.

Psycho-reaktive Sprechstörung

Alexandra fuhr an diesem Tag auf der A8 München-Salzburg zu einem Drehtermin. Bei Rosenheim kam ihr mit Vollgas ein 23-jähriger Geisterfahrer entgegen und rammte sie frontal. Der Kfz-Mechaniker Tobias B. hatte zuvor amerikanischen Whiskey getrunken, einen Joint geraucht und wollte sich auf diese makabre Weise umbringen. Er war sofort tot, er verbrannte. Alexandra Freund war auch sofort tot, ihre Kollegin auf dem Beifahrersitz überlebte schwerverletzt.

Diesen Schicksalsschlag hat Schürmann kaum überlebt. Den Tod ihrer geliebten Tochter konnte sie nie verwinden. Seitdem war sie psychisch und körperlich von der Tragödie schwer gezeichnet. Vor allem konnte Schürmann seitdem nicht mehr sprechen. Sie litt an einer psycho-reaktiven Sprechstörung und konnte sich nicht mehr artikulieren. Sie kommunizierte jetzt mit ihrem Handy oder schickte E-Mails. „Ein solcher Schicksalsschlag wie der Tod eines geliebten Kindes macht anfälliger für Krankheiten. Ich kann gar nicht mehr sprechen und nicht gut laufen“, berichtete sie einer Illustrierten. Und über den Geisterfahrer meinte sie im Jahr 2006, dass sie dem jungen Mann nicht verzeihen könne: „Er hat mir das Liebste genommen. Ich bin vernichtet, zerstört.“ In der Kirche am Starnberger See, wo die Trauerfeier ihrer Tochter stattfand, hätte Alexandra wenige Wochen später heiraten sollen.

München.Ein einziges Mal, wenige Monate nach Alexandras Tod im Dezember 2001, kehrte Petra Schürmann noch einmal als Moderatorin der BR-Benefizsendung „Sternstunden“ vor die Kamera zurück. Danach zog sie sich ganz aus dem TV-Geschäft zurück. Ihre geplante Teilnahme an der Promi-Talkshow „Unter 4 Augen“ sagte sie ab.

Erloschen und gebrochen

2005 drehte die Regisseurin Heidi Kranz für den BR ein ergreifendes Por-trät über Schürmann, das sie einfühlsam, aber als erloschene und gebrochene Frau zeigte. Sie wünsche sich nichts mehr, als dass sie endlich wieder sprechen und „noch einmal durchstarten“ könnte, meinte die Hauptdarstellerin.

2008 folgte ein weiterer Schicksalsschlag für Petra Schürmann, ihr Mann Gerhard Freund erlag seinem Krebsleiden. Die Eheleute waren in den letzten Jahren unterschiedlich mit der Trauer um ihre Tochter umgegangen. Der „Bunten“ sagte Freund, er lebe in ständigem Selbstgespräch. „Sie hört mich, kann mir aber nicht mehr antworten.“ Im Rollstuhl wurde Petra Schürmann zur Beisetzung ihres Mannes gebracht.