Helfen wird teurer
Die Tafel in Bad Kötzting steckt in der Kosten-Klemme

20.09.2022 | Stand 15.09.2023, 3:35 Uhr
Einen Scheck an Christa Aschenbrenner und Arnfried Lausch (4.u.3.v.r.) überreichten MdL Dr. Gerhard Hopp (v.l.) Rimbachs JU-Chef Konstantin Silberbauer, Christina Staudinger, Lams Bürgermeister Paul Roßberger, Carola Höcherl-Neubauer und JU-Kreisvorsitzender Matthias Scherr. Lohbergs Vizebürgermeisterin Rita Wellisch (3.v.l.) hatte zudem 500 Euro von der Gemeinde dabei. −Foto: Hainzinger-Feigl

JU/CSU im Altlandkreis verschaffen der Bad Kötztinger Lebensmittelausgabe eine Atempause in der finanziellen Zwickmühle mit der bisher zweithöchsten Spende: 5000 Euro

Die Schiebetür des Transporters geht auf und Christa Aschenbrenner nimmt einen Stapelbehälter abgepackter Wurst heraus. Dazu je zwei Kartons Butter und Joghurt. „Das war‘s schon,“ sagt die Vizechefin der Bad Kötztinger Tafel. „Mehr gibt‘s aktuell nicht für 200 Euro. Selbst wenn es Produkte von Eigenmarken oder im Angebot sind“.

Im Büro der Tafel sitzt Arnfried Lausch und blickt auf die Rechnung: „206 Euro“ steht auf dem Zettel. „Das reicht für einen Ausgabetag. Vielleicht bleibt was übrig, aber wohl eher nicht,“ sagt der Leiter der Bad Kötztigner Tafel über den Einkauf, der mittlerweile zur Routine geworden ist.

Auch Helfen wird teurer

„Wir bekommen nach wie vor viele Lebensmittel von Märkten , Bäckereien und Herstellern gespendet. Aber es reicht nicht mehr,“ so Lausch. Seit dem Frühjahr haben die rund 40 aktive Helfer der Tafel mehrere tausend Euro ausgegeben, um zwei mal die Woche die Regale für die Lebensmittelausgabe füllen zu können. Die Zahl der Empfänger wachse wie die Kosten für Energie und Sprit – selbst beim Shop der Tafel in der Marktstraße liege man unter den Umsätzen des Vorjahres. Die Gründe sind unbekannt, die Konsequenzen eindeutig: Die Tafel steckt in der Kosten-Klemme. Da war der Anruf von CSU und JU für Arnfried Lausch natürlich „wie Weihnachten“, als die Vorsitzenden Christina Staudinger und Carola Höcherl-Neubauer ihm das Ergebnis einer Verlosungsaktion mitteilten: 4505 Euro. Hinzu kamen 500 Euro von der Gemeinde Lohberg.

In elf Geschäften im Altlandkreis konnten die Kunden Lose für je fünf Euro kaufen. Zu gewinnen gab es Preise, die on Geschäften, Hotels, Restaurants oder Privatpersonen gespendet worden waren. Nun brachten Christina Staudinger und Carola Höcherl-Neubauer mit weiteren CSU- und JU-Vertretern den Scheck in die Bahnhofstraße. Der Besuch tat gut in Zeiten, in denen durch Corona und Inflation es allgemein an Spenden für Hilfsorganisationen mangelt: „Wir fühlen uns derzeit irgendwie verlassen“, beschreibt Lausch das Gefühl.

Weniger Einnahmen, mehr Ausgaben und dann wuchs die Zahl der Bezieher quasi über Nacht: Seit Juni haben erwerbsfähige ukrainische Frauen und Männer und ihre Familien Anspruch auf Hartz-IV-Leistungen – ohne dass ihre Vermögenssituation geprüft wird. Damit haben sie auch das Recht, zur Tafel zu gehen.

Ukrainer sind mit 41 Prozent aktuell auch die größte Kundengruppe der Kötztinger Tafel. Bei 1800 Menschen pro Monat sei auch die bisher zweitgrößte Einzelspende in wenigen Wochen aufgebraucht.

Lausch rechnet zudem mit weiter wachsendem Zulauf, wenn die Lebensmittelpreise weiter steigen und sich immer mehr Menschen sich ihre Heiz- und Stromkosten nicht mehr leisten können.

Ein Spiegel der Gesellschaft

Dabei mussten viele ältere und kranke Menschen auch in unserem Raum schon vor der Inflation und Flüchtlingswelle jeden Euro umdrehen. Hinzu kamen Schutzsuchende aus allen Teilen der Welt, so dass die Tafel in Bad Kötzting ein Spiegel der hiesigen Gesellschaft ist: Aus acht Nationen stammen die Tafelkunden, rund ein Viertel davon sind Deutsche, rund ein Drittel Kinder.

Unter den aktuellen Voraussetzungen ist für die Kötzinger Tafel guter Rat teuer. „Wir tun unser Bestes, um allen zu helfen, die zu uns kommen – unabhängig von ihrer Geschichte oder Herkunft“, sagt Arnfried Lausch. Nicht in Frage komme, dass am Angebot für Grundnahrungsmittel gespart wird, es Rationierungen oder gar weniger Öffnungstage geben wird.

Vielmehr vertraut er darauf, dass dem steigenden Nachfrage ein steigendes Spendenaufkommen gegenübersteht. Denn eigentlich möchte Lausch mehr machen, was die schwächste Gruppe der Tafelkunden anbelangt: die Kinder. „Spätestens zu Weihnachten lassen wir uns was einfallen,“ sagt der Tafelchef — als es an seiner Bürotür klopft. Ein Mann aus Lam steht draußen und sagt, er habe Schul- und Schreibwaren über. Ob er die vorbeibringen könne? Arnfried Lausch nächster Weihnachtswunsch wurde erhört...