Pandemie
Ein Chef und seine Gedanken zu Corona

BRK-Heimleiter Josef Pemmerl in Zandt blickt auf harte Wochen zurück. Vor den Pflegekräften zieht er den Hut.

07.05.2021 | Stand 16.09.2023, 3:15 Uhr
„Es ist wichtig, als vermeintlich Stärkerer, der jung und gesund oder privilegiert ist, seine persönlichen Befindlichkeiten zurückzustellen, um andere nicht zu gefährden“, meint BRK-Heimleiter Josef Pemmerl. −Foto: Frank Betthausen, BRK

Seit einem Jahr kämpft Josef Pemmerl mit seinen Mitarbeitern an vorderster Corona-Front. Seine Erfahrungen haben den Leiter des BRK-Seniorenwohn- und Pflegeheims Zandt veranlasst, seine Gedanken zur Pandemie zu Papier zu bringen. In einem persönlichen Rückblick beschäftigt er sich mit der Lage im Land und in der Region und streicht die Rolle der Pflegekräfte heraus.

„Sie sind die eigentlichen Helden dieser Zeit“, betont er. Gleichzeitig tritt er für Solidarität, Rücksicht und Umsicht ein. Sie seien in dieser Phase mehr denn je gefragt. „Es ist wichtig, als vermeintlich Stärkerer, der jung und gesund oder privilegiert ist, seine persönlichen Befindlichkeiten zurückzustellen, um andere nicht zu gefährden“, erklärt Pemmerl.

Durch die Impfung sei der Menschheit ein Werkzeug an die Hand gegeben worden, das ein Ende der Situation im Lockdown verspreche – „genauso wie das merklich voranschreitende Impftempo“. Damit dies gelinge, seien weitere Maßnahmen wie das Tragen von Masken, regelmäßige Testungen und solidarisches Verhalten unumgänglich.

Allein das Ziel, die Zahl der Infektiösen zu reduzieren, sei zu undifferenziert. „Schließlich geht es auch um diejenigen, die all dies aushalten und mittragen müssen: die vielen Pflegekräfte, und dabei sind nicht nur die Kollegen in der Akutversorgung gemeint“, sagt Pemmerl. Es gehe um jene, die in den vielen anderen Versorgungsformen ihren Dienst verrichteten und unter erhöhten physischen und psychischen Belastungen ihr Menschenmöglichstes leisteten, auch darüber hinaus. Und das, meint Pemmerl, ohne zu meckern. „Die Kollegen und Mitarbeiter“, berichtet er, „tragen jede Entscheidung mit nach vorne gerichtetem Blick mit. Sie versuchen an jedem Tag, aus der Situation das Beste zu machen, um den Bewohnern so viel Normalität wie möglich zu bieten.“ Davor ziehe er seinen Hut. Corona habe in der Pflege viele Veränderungen mit sich gebracht.

Wohnbereiche seien zu Kohorten umfunktioniert worden, Besuche dürften nur mit Termin stattfinden, das Tragen von FFP2-Masken sei Pflicht, genauso wie Testungen von Besuchern und Beschäftigten. Im Vordergrund stehe der höchstmögliche Schutz für Bewohner und Mitarbeiter. Dass dies nicht leicht sei in der Entscheidungsfindung, verstehe sich von selbst, so Pemmerl. Dennoch sei es wichtig, Klarheit walten zu lassen. „In diesen Zeiten sind die Macher und pragmatisches Handeln gefragt, um möglichst gut und unbeschadet durch diese schwierigen Monate zu kommen.“

Gleichzeitig erfordere die Lage ein permanentes Reflektieren und Kommunizieren, zumal auch ethische und moralische Abwägungen in Entscheidungsprozessen eine nicht zu vernachlässigende Rolle spielten. „Warum?“, fragt Pemmerl. „Weil das Leben und die Umstände aus mehr als vernünftig begründbaren Fakten bestehen.“ Grundsätzlich solle immer das höhere Ziel, die Solidarität zu den Schutzbedürftigen, im Vordergrund stehen. „Dazu ist es eben bisweilen nötig, sich selbst zurückzunehmen“, meint Pemmerl.