MZ-Serie
Ein Grantler mit großem Herz

Bayerische Originale: Als Tatort-Kommissar Melchior Veigl und als Meister Eder ist Gustl Bayrhammer unvergessen. Doch er hatte noch mehr Talente.

14.10.2014 | Stand 16.09.2023, 7:09 Uhr
Als Oberinspektor Veigl stand Gustl Bayrhammer Dackel Oswald zur Seite, den er täglich ins Revier schmuggelte. −Foto: BR/Sessner

Seine barocke Figur, die kraftvolle Stimme, das laute Lachen: Gustl Bayrhammer verkörpert das Bild vom waschechten Bayern und Volksschauspieler im besten Sinn. Mal grantelnd, oft hintersinnig, gern humorvoll. Als Schreinermeister Eder haben ihn ganze Generationen von Kindern ins Herz geschlossen. Es sei gewöhnungsbedürftig, mit jemandem zu spielen, der gar nicht da ist, sagt er einmal über seine Paraderolle, die bald an ihm klebt wie Holzleim. Doch seine Talente sind vielfältig, in mehr als 250 Theater- und Fernsehproduktionen ist Bayrhammer zu sehen. „Ich mag keine Wapperl am Arsch“, meinte er in einem Interview kurz vor seinem Tod.

Später Durchbruch

Am 12. Februar 1922 kommt Gustl Bayrhammer in München zur Welt. Mehr als vier Jahrzehnte wird es dauern, bis er in seiner Heimatstadt den Durchbruch als Schauspieler schafft. Der Beruf liegt ihm im Blut, schon sein Vater Max ist ein gefragter Theaterdarsteller. Der junge Gustl wird aber zunächst Kaufmann, weil er auf Wunsch der Eltern einen ordentlichen Beruf er-lernen soll. Als er während des Zweiten Weltkriegs als Nachrichtenfunker bei der Luftwaffe arbeitet, investiert er einen Großteil seines Solds für Schauspielunterricht bei Heinrich George am Schillertheater in Berlin.

Es folgen Theaterengagements in Sigmaringen, wo er seine spätere Frau Irmgard kennenlernt, Stationen in Tübingen, Augsburg Karlsruhe und Salzburg. Erst 1966 kann er in München beruflich Fuß fassen und sich einen Lebenstraum erfüllen: „Mein Mann hat sich immer gewünscht an einem Münchner Theater zu spielen. Am Schluss waren es dann alle“ erzählte seine Witwe kurz vor ihrem Tod. Die Münchner Kammerspiele engagieren den 44-Jährigen nach einem Gastspiel. Dort wird er von Therese Giehse mit den Worten begrüßt: „Wo haben Sie sich denn solange versteckt?“

Eine seiner bekanntesten Münchner Bühnenrollen wird die des Petrus im „Brandner Kasper“ am Residenztheater. Mehr als 700 Mal steht er dort als Himmelspförtner auf der Bühne. Auch in der Verfilmung des Stücks spielt er mit. Er schreckt auch vor kontroversen Theaterrollen nicht zurück, so spielt er zum Beispiel den spießigen Bürgermeister im Homosexuellen-Drama „Jagdszenen in Niederbayern“.

Zwar bleibt Bayrhammer Zeit seines Lebens dem Theater verbunden, doch immer öfter ist er im Fernsehen zu sehen. 1966 macht ihn die TV-Satire „Bohrloch oder Bayern ist nicht Texas“ über den Freistaat hinaus bekannt. Be-rühmt wird er als Tatort-Kommissar Melchior Veigl. Von 1972 bis 1981 spielt er den ersten bayerischen Ermittler. An seiner Seite: Helmut Fischer als Assistent und Dackel Oswald. 15 Tatort-Folgen werden es insgesamt, dann mag Bayrhammer nicht mehr, die Drehbücher gefallen ihm nicht mehr so recht.

Keine „Deppen“-Rollen

Er spielt bei den „Weißblauen Geschichten“ mit, hat Gastauftritte in der „Polizeiinspektion I“, dem „Königlich Bayerischen Amtsgericht“ und den „Münchner Geschichten“. Aus dem Komödienstadl steigt er allerdings wieder aus. Mit volkstümelnden Stereotypen kann er nichts anfangen, die „Deppen“-Rolle behagt ihm nicht.

Anfang der 1980 Jahre beginnt Bayerhammers Einsatz in der Schreinerwerkstatt. In „Meister Eder und sein Pumuckl“ wird er Ersatzvater für den kleinen rothaarigen Kobold und mit ihm Publikumsliebling. Mehr als 50 Folgen werden es insgesamt. Generationen von Kindern kennen den kauzigen Schreiner, der sich immer wieder den Kopf an der Hängelampe in der Werkstatt stößt. Gedreht wird über wiegend in München, in einem Hinterhaus in der Widenmayerstraße im Lehel. Für sein Schaffen wird Bayrhammer vielfach geehrt, unter anderem mit dem Bayerischen Filmpreis, der Ludwig-Thoma-Medaille und dem Bayerischen Verdienstorden. Die Bayerische Schreinerinnung ernennt ihn 1985 sogar zum Ehrenmitglied.

In seiner Heimatgemeinde Krailling bei München engagierte sich der Schauspieler für den Umweltschutz und mischte sich auch in die Politik ein. Toleranz, das bayerische Leben und Leben lassen, liegt ihm am Herzen. Die Asylpolitik der bayerischen Staatsregierung unter Ministerpräsident Max Streibl greift er scharf an und hält flammende Reden gegen Ausländerfeindlichkeit.

Das Ende kommt unerwartet: Am 24. April 1993 wacht Gustl Bayrhammer zu Hause nicht mehr aus dem Mittagsschlaf auf. Ein Herzinfarkt beendet nach 71 Jahren sein Leben.