Brauchtum
Ein rotes Ei und das Herz verschenkt

om Fensterln und anderen Osterbräuchen kann Cilli Allmeier erzählen. Keiner kennt schönere Gschichterln als die 94-Jährige.

24.03.2016 | Stand 16.09.2023, 6:52 Uhr
Antonie Beiderer
Die 94-jährige Cilli Allmeier vorm Osterbrunnen in Griesau −Foto: A. Biederer

Das „Rote-Eier-Gehen“ hat auch heute noch Tradition: Vor Ostern gehen die Ministranten von Haus zu Haus und bitten dadurch um eine kleine Anerkennung für ihren Dienst im ganzen Kirchenjahr. Statt der Eier bekommen sie heutzutage aber meist eine kleine Süßigkeit oder einen finanziellen Obulus.

„Wenn a Deandl am Bou a rouds Oa gschenkt hod, na hod des ghoaßn, dass ma eam gern hod“.Cilli Allmeier (94)

Die Tradition des „Rote-Eier-Gehens“ hatte vor einigen Jahrzehnten aber sehr viel weitreichendere und für manche jungen Männer sicher auch niederschmetternde Bedeutung: „Wenn a Deandl am Bou a rouds Oa gschenkt hod, na hod des ghoaßn, dass ma eam gern hod“, erklärt Cilli Allmeier den Brauch. Mit Zwiebelfarben oder gekauften Farbbeuteln hätten sie und ihre Freundinnen vor Ostern die Eier gefärbt, so viele, dass es oft gar keine mehr zu kaufen gab.

Rohe rote Eier für die Ungeliebten

In der Nacht zum Ostermontag stiegen die Burschen dann über eine Leiter zum Kammerfenster der „Angebeteten“ und spekulierten auf Liebesbeweise. „Da sand die Buama oft auf da langa Bank ghockt und ham gwart“, meint sie heute noch etwas schelmisch grinsend. Gute Freunde hätten sogar drei Eier bekommen, andere nur eins und die ganz Unerwünschten sogar rohe, die in ihren Händen zerplatzen.

An einen Jugendstreich im Jahr 1936 erinnert sie sich noch genau: Ein junger Bursche hatte seine Jackentasche mit weich gekochten Eiern gefüllt, wobei ihn die spitzbübische Cilli in der Hoffnung auf eine „Sauerei“ darüber nicht aufklärte. Die Jacke lag dann über dem Bett der Schwester, während die jungen Leute beim Ratschen noch zusammen saßen. Als sich der besagte Jüngling nach einer Weile auf das Bett setzte, schwamm er in dem Dotter und Eiklar. „Mei, da bin i wieder mal ganz sche gschert gwen“, gluckst sie heute noch vor Lachen an das Gesicht des jungen Mannes.

An eine andere Begebenheit zu Ostern erinnert sie sich noch ganz genau, als sie selbst nämlich buchstäblich wie ein „buntes Osterei“ ausgesehen hatte. Zusammen mit einer Schulfreundin war sie die zwölf Kilometer zum Ostermarkt nach Straubing geradelt, als ein Wetter über sie hereinbrach und kein Haus mehr zu erreichen war. „I hob mei scheens hellrotes Gwand anghabt und an Huat mit am blauen Band. Da Regen hat die Farben so ausgwaschen, dass mir die Farb’ wie an am bunten Ei obegloffa is“, kann sie heute darüber schmunzeln. Damals war sie weniger erfreut gewesen: Eigentlich hatten sie in das große Tanzlokal in der Stadt gehen wollen, wo zu Ostern für die jungen Leute aufgespielt wurde.

In Religion nur ein „befriedigend“

Sie hatte es schon immer lieber mit Spiel, Tanz und Musik gehalten, was dem Pfarrer nicht sehr gefallen hatte. Statt zweimal täglich die zwei Kilometer in die Kirche zum Gottesdienst zu gehen, ist sie öfter beim Fußballspiel der Buben hängen geblieben. Zur Strafe setzte es prompt ein „befriedigend“ in Religion für die damals 14-Jährige. „Des hat ma aber ned vull ausgmacht, i bin trotzdem weiter zum Fußball ganga“, erzählt 94-Jährige lachend.

Von großer Bedeutung war das Essen an Ostern - nach der langen Fastenzeit und weil es damals im und nach dem Krieg nicht viel gab, erzählt die Griesauerin: Kurz vor Ostern wurde ein Schwein geschlachtet und geselcht, eine Sulz gekocht und Blut- und Leberwürste gemacht. Bis zu zehn Leute, auch die Dienstboten, saßen an den Feiertagen zusammen, wenn der Schweinsbraten auf den Tisch kam. „Damals is ma halt no ned ins Wirtshaus ganga und Fleisch war eh a rare Sach’“, erklärt die rüstige Seniorin.

Anders als heute wurden früher keine Osternester mit Süßem gesucht. Stattdessen schenkte man sich kleine Geschenke aus Papier. Zum Beispiel faltete man kleine Hasen, kleine Herzen und schöne farbige Blumen aus Papier. Für ihre fünf Enkel und vier Urenkel versteckt sie aber weiterhin Ostereier und hat dabei mindestens ebenso viel Freude daran wie die Suchenden.