Heimat
Ein Zeitspaziergang in der Stadtgeschichte

Der Historische Verein unternahm eine Stadtführung zum Thema „Entwicklung des Pflege- und Gesundheitswesens“ in Cham.

03.04.2022 | Stand 15.09.2023, 6:04 Uhr
Ferdinand Schönberger
Ergänzendes historisches Material präsentieren Florian Gruber (im Vordergrund) und Dr. Wolfgang Schoyerer (re. dahinter) vor der Klosterkirche. −Foto: Ferdinand Schönberger

Zu historischen Bauwerken und Plätzen der Stadt führte am Samstagnachmittag ein Rundgang des Historischen Vereins für Oberpfalz und Regensburg, zu dem Florian Gruber, Sprecher der Regionalgruppe, eingeladen hatte. In früheren Zeiten wurden Alte und Kranke auf das Heimatrecht verwiesen und in ihrer Gemeinde von Haus zu Haus herumgereicht, erhielten eine „Armensuppe“ und warteten auf ihre Erlösung. Heute gebe es im Krankenhaus der Stadt, das auf modernstem Stand sei, alle Abteilungen.

So resümierte Dr. Wolfgang Schoyerer, ein – so Gruber – „Relikt der Medizingeschichte Chams“, seine Ausführungen über Interessantes und auch eher Unbekanntes zu „Krankheit, Elend und Genesung -– Die Entwicklung des Pflege- und Gesundheitswesens der Stadt“. Trotz des Wintereinbruchs trafen sich 15 Teilnehmer beim Museum SPUR. Zudem passte das Wetter zum eher unerfreulichen Thema. Über die Jahrhunderte könne der Fortschritt im Bereich Gesundheit an etlichen Gebäuden abgelesen werden. Mitgefühl und Nächstenhilfe waren damals so notwendig und präsent wie in unseren Tagen, so Schoyerer.

In Cham gab es früher mehrere Spitäler, eines in Altenstadt mit der Kirche St. Nikolaus, aus dem vermutlich die Bürgerspitalstiftung hervorging, oder das bis zum Mittelalter bestehende St. Maria Magdalena, ebenfalls mit einem Kirchlein. Denn wer nahe an einem Gotteshaus beerdigt war, hatte einen „Freischein zum Himmel“. Armenhaus war am Regenübergang das heutige Museum SPUR, das um 1500 als Lazarett diente und im 19. Jahrhundert als „Abstellstation für lichtscheues Gesindel“, Arme und Kranke endete. Das Gebäude blieb zum Glück erhalten, auch wenn Anwohner und Stadt es weghaben wollten.

Zweite Station der Stadtführung war kurz oberhalb des Biertors. Zur Gesundheit gehören Ernährung und Wasser. Hier gab es linkerhand stadteinwärts einen Brunnen, dessen Quelle im Lagally-Garten lag. Einen zweiten, im 19. Jahrhundert stillgelegten Brunnen fand man in Brunnendorf.

Auf dem Marktplatz informierte Schoyerer über die Apotheken. Die Ersten sind ab 1560 nachweisbar, als es – wie meistens – um Streitfälle ging. Der Apotheker „Zum Mohren“ im Rathaus beschwerte sich über jenen im Spital und sein „kleines Gelass“. Für diesen Beruf dauerte die Lehrzeit fünf Jahre. Man musste oberflächlich Latein können, Erfahrung im Kräutersammeln und über geheimnisvolle Zutaten haben, wohl eher mit Placebo-Effekt. Die heutige Marien-Apotheke war einst Pflegeschlösschen und erhielt in der Barockzeit ihre heutige Funktion.

Vor dem Portal der Klosterkirche berichtete Schoyerer, dass Cham bis Mitte des 19. Jahrhunderts kein Krankenhaus hatte, ehe es im Zusammenhang mit dem Bau der Eisenbahn (Böhmische Linie), wofür es viele ausländische Arbeitskräfte brauchte, benötigt wurde. Gegen den Widerstand der Distriktsräte und der Arbeitgeber wurde es 1864 in der Ludwigstraße eröffnet, war im 1. Weltkrieg Lazarett und bis zum Neubau 1963 in Betrieb.

Oberhalb des Stadtparks wurde mit Blick auf das Studienheim St. Josef, das im 2. Weltkrieg als Reservelazarett genutzt wurde, die letzte Station erreicht. Zum Abschluss ging Gruber noch auf Dr. Hermann Lagally, den Vorreiter moderner Medizin, ein.