Parsberger Künstler
Eine Himmelsleiter für den Friedhof

Der Parsberger Fred Ziegler wirkt bei einem Kunstprojekt der evangelischen Kirche mit. Die Inspiration fand er in Israel.

10.05.2022 | Stand 15.09.2023, 5:27 Uhr
Fred Ziegler mit seinem Kunstwerk "Himmelsleiter" auf dem Friedhof in Oberallershausen −Foto: Rückert

Steil ragen vier hölzerne Stelen aus einer aufgelassenen Grabstelle nach oben. 340 Zentimeter hoch, bestehend aus verschraubten Holzquadern, bemalt mit gelber Acrylfarbe. Die Elemente lehnen sich aneinander an und ergeben so ein pyramidenförmiges Gehäuse.

Himmelsleiter hat der Parsberger Künstler Fred Ziegler sein zum Himmel hinaufsteigendes Monument genannt, das aus dem Stirnholz eines alten Fabrikbodens gefertigt wurde. Es ist Bestandteil des Kunstprojekts „unendlich still“ der evangelischen Landeskirche. Nachdem es am Wochenende vor Ort der Öffentlichkeit vorgestellt wurde, wird es bis Ende September auf dem evangelischen Friedhof im oberbayerischen Oberallershausen ausgestellt sein.

Zum Hintergrund des Projekts sagt Landesbischof Heinrich Bedford-Strom: „Friedhöfe sind besondere Orte: Sie bieten einen Schatz an Glaubenszeugnissen und Familiengeschichten. Sie sind Orte der Ruhe, nicht nur für die Toten, sondern auch für die, die hier ihrem eigenen Leben nachsinnen und den Lieben nachtrauern.“ Gleichzeitig seien sie ein historischer, architektonischer und künstlerischer Schatz der evangelischen Kirche und zudem öffentlicher Kulturraum.

Friedhöfe neu beleben

Diesen möchte der Kunstreferent der Landeskirche, Helmut Braun, neu beleben und Gegenwartkunst auf Friedhöfen als Einstellungen oder dauerhaft gestaltete Elemente etablieren. „Gerade Künstler beschäftigen sich im Rahmen ihrer jeweiligen Ausdrucksform häufig mit existenziellen Problemen und Grenzerfahrungen sowie mit den letzten Fragen des Lebens“, sagt er. Deshalb könnten sie mit ihren häufig direkten und provozierenden Arbeiten Debatten über die Hintergründe und Folgen des Umgangs mit dem Tod anstoßen.

Projekt: Orte:
Die Ausstellung „unendlich still…“ findet bis 30. September zeitgleich an sechs Orten statt, und zwar auf je einem evangelischen Friedhof in den sechs Kirchenkreisen der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern.Auf dem Stadtfriedhof Ansbach, dem Protestantischen Friedhof Augsburg, dem Stadtfriedhof Bayreuth, dem St. Johannisfriedhof Nürnberg, dem Evangelischen Friedhof Oberallershausen, dem Evangelischen Zentralfriedhof Regensburg

So wie Fred Ziegler mit seiner Himmelsleiter, zu der er von einer ostkirchlichen Ikone aus dem 12. Jahrhundert inspiriert wurde. „Ich sah diese Ikone bei einem Besuch des Katharinenklosters am Berg Sinai und durfte sie dann mit Erlaubnis des Archivars fotografieren“, erzählt der Parsberger Künstler im Gespräch mit unserer Zeitung. An der Spitze der darauf dargestellten Himmelsleiter steht der Asket Johannes Klimakos, der von Christus empfangen wird.

Ziegler: „Die Jakobsleiter oder Himmelsleiter ist ein Auf- und Abstieg zwischen Erde und Himmel, den Jakob laut der biblischen Erzählung in Genesis 28,12 in einer Vision erblickt“, verrät der Künstler den biblischen Hintergrund zu seinen Gedanken, die dem Kunstwerk zugrunde liegen. In dieser Vision stand die Leiter auf der Erde und ihre Spitze reichte in den Himmel. Auf ihr sieht Jakob die Engel Gottes, die auf- und niedersteigen, oben aber steht der Herr.

Leiter zum Paradies

Zudem beziehe das Johannesevangelium die Jakobsleiter auf die Christusoffenbarung mit dem Höhepunkt am Kreuz: „Ihr werdet den Himmel geöffnet und die Engel Gottes auf- und niedersteigen sehen über dem Menschensohn“, zitiert Ziegler die Bibel. Von daher würden die Kirchenväter das Kreuz als die Leiter zum Himmel oder zum Paradies deuten, was er bei seinem Werk durch das Eisenkreuz, mit dem die Stelen oben verschraubt sind, aufgegriffen habe.

Kulturreferent Braun schreibt dazu in der Begleitbroschüre zum Kunstprojekt: „Ästhetische Anmutung und poetischer Zauber, das Spiel mit Durchblicken, die Schattenwürfe – all das regt den Betrachter zu optischen Versuchen und zum Anfassen an. Die Farbe Gelb, deren empirischer Erforschung sich der Künstler annähernd wissenschaftlich verschrieben hat, mag im Zusammenhang mit dem goldenen Hintergrund der Ikone auf einen Bereich der Transzendenz verweisen.“