Bayerischer Dokumentarfilmpreis
Emotionale Doku gewinnt beim Zwickl in Schwandorf – Appell für mehr Offenheit

12.03.2023 | Stand 15.09.2023, 1:11 Uhr
Freude beim Gewinner: Regisseur Daniel Asadi Faezi (Mitte) nahm die Trophäe persönlich entgegen. In die Spitalkirche war er zusammen mit seinem Vater Hassan (r.) und seinem Onkel Ebi (l.) gekommen. Die Beiden sind die Hauptprotagonisten des Siegerfilms „Langsam vergesse ich Eure Gesichter“ und waren ebenfalls stolz über die Auszeichnung. −Foto: Jan Lange

Mit der Verleihung des Bayerischen Dokumentarfilmpreises erreichte das Zwickl-Festival 2023 am Samstag seinen Höhepunkt. Es wurde ein emotionaler Abend in der Spitalkirche in Schwandorf.

An ihrem Strahlen war es zu sehen: Anne Madlene Schleicher war zufrieden mit dem Festival.Viele der 40 Vorstellungenseien ausverkauft gewesen, blickte die Festivalleiterin zurück. Im Programm gab es auch Spartenfilme, die sich nur 20Leute anschauen wollten. Aber das sei beim Zwickl schon immer so, meinte sie. Nicht jedes Mal sei es „rammelvoll“. Trotzdem sei sie zufrieden, betonte Schleicher. „Es war ein schönes Festival 2023“, lautete ihr Fazit.

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Gut gefüllt waren die Reihen aucham Samstagabend bei der Verleihung des Bayerischen Dokumentarfilmpreises, der seit 2019 zum dritten Mal vergeben wurde. Fünf Filme wetteiferten um die Siegertrophäe samt Preisgeld. Die Auswahl des Gewinnerfilms sei unheimlich schwer gefallen, erklärte Filmautor Gerhard Maier, der einer der drei Juroren war.

Letztlich entschied sich die Jury für „Langsam vergesse ich Eure Gesichter“. Darin lesen sich die Brüder Hassan und Ebi, die vor Krieg und Revolution aus dem Iran geflohen sind, mehr als 40 Jahre alte Briefe vor, die sie seinerzeit aus der Heimat geschrieben haben.

Mutige und innovative Dokumentation

„Dort, wo die großen Ströme der Weltgeschichte auf die Biografien einzelner Menschen treffen und diese für immer verändern, setzt die innovative und mutige Dokumentation an“, begründete Jurymitglied Chrissy Grundl die Entscheidung. Dem Regisseur Daniel Asadi Faezi gelinge aus Sicht der Juroren ein inhaltlich relevantes, formal-ästhetisch interessantes und emotional berührendes Kammerspiel. „Die experimentelle Inszenierung spiegelt die innere Zerrissenheit der Exilanten und lässt uns erahnen, welche vielschichtigen und komplexen Zusammenhänge auch in den aktuellen Protesten im Iran mitschwingen“, so Grundl weiter.

Gerade bei diesem Film bedeute ihm die Auszeichnung extrem viel, erklärte der Regisseur. Denn er „kam heraus, als Covid gerade die ganzen Filmfestivals lahmgelegt hatte“. Er finde es toll, dass dieses Werk beim Zwickl gezeigt wurde und einen Preis erhielt.

Faezi appellierte, dass es viel mehr Geschichten über Leute mit Migrationshintergrund geben sollte, die nicht immer nur die Bösen oder die Supererfolgreichen sind. „Sie sind ein wichtiger Bestandteil unserer Gesellschaft“, so der Filmemacher. „Das anzuerkennen, ist für mich in jedem Preis, den dieser Film bekommt, und jedes Screening, was er hat, ein erster Schritt dahin.“

Mehr Differenzierung beim Thema Flüchtlinge

Auch sein Vater Hassan, einer der Hauptprotagonisten, wurde emotional. Er rief dazu auf, das Thema Flüchtlinge differenzierter zu betrachten. Normalerweise möchte niemand sein Land verlassen, viele müssten es aber, um ihr Leben zu retten. „Ohne Schlepper würden sie nicht aus dem Land herauskommen“, meinte er. Sein Bruder Ebi konnte in den 1980er Jahren den Iran ebenfalls nur mit Hilfe von Schleppern verlassen.

Die größte Leistung des Film sei es, Verständnis für die Leute und deren Situation vor Ort zu vermitteln, fand Daniel Asadi Faezi. Er ziehe seinen Hut und verneige sich vor allen Leuten, die derzeit auf Demonstrationen gehen. Es sei erschreckend, wie aktuell der Film ist, meinte er. Dem Publikum ging es nicht anders.