Kunstausstellung
Endlich ehrt Nürnberg Giorgio Hupfer

In der Kunstvilla wird des Allrounders gedacht, der mehr als nur ein Künstler war. Wir unterhielten uns mit der Villa-Chefin

26.10.2017 | Stand 16.09.2023, 6:27 Uhr

Wirkte wie ein italienischer Mafiosi, er war aber ein Nürnberger Original und begnadeter Künstler: Giorgio Hupfer. Foto: Rogenthin

Giorgio Hupfer ist ein fränkisches Original gewesen. Die Kunstvilla in Nürnberg präsentiert Hupfer in einer großen Sonderausstellung als Ausnahmekünstler und Wanderer zwischen den Welten. Unter der Überschrift „Du sollst Dir kein Bild machen“ hat Andrea Dippel einen Querschnitt aus dem vielfältigen Schaffen des 2012 verstorbenen Künstlers zusammengetragen. Wir haben zur Eröffnung der Schau mit Andrea Dippel, der Leiterin der Kunstvilla, über ihre persönlichen Erinnerungen an den Menschen hinter der Künstlerfigur gesprochen.

Frau Dippel, können Sie sich noch an Begegnungen mit Giorgio Hupfer erinnern?

Ich kann mich noch sehr gut an meine erste Begegnung mit Giorgio Hupfer erinnern. Das war um 2009. Ich habe noch in der Kunsthalle gearbeitet. Er ist in mein Büro gekommen, um mir sein Buch „Rauch und Sand“ vorbeizubringen. Er hat das Taxi einfach mit laufendem Motor vor der Tür warten lassen. Trotzdem hat er sich die Zeit genommen, mir eine persönliche Widmung in das Buch zu schreiben. So war Hupfer. Charmant und einfach anders. Kurze Zeit später ist er schwer erkrankt und daraufhin 2012 viel zu früh verstorben.

Was war Hupfer für ein Typ?

Er war ein Künstlertyp wie aus dem Bilderbuch. Er hat alle Klischees bedient. Es gibt alte Fotos von Hupfer als Akademiestudent in Nürnberg. Auf diesen Bildern schaut er aus wie ein braver Kunststudent. Ab den frühen 80er Jahren hat er sich dann plötzlich stark verändert und sich immer wieder neu erfunden. Auslöser war eine Italienreise. Danach hat er sich wie ein Mafioso gekleidet und wie ein Süditaliener gegeben. Er hat danach auch seinen Namen in Giorgio geändert. Dieses Italiener-Ding war für ihn ein Rollenspiel. Ursprünglich hieß er ja Georg Friedrich Hupfer.

Gehörten der schwere Mercedes und der Wohnwagen zu diesem Image?

Nein, das war etwas später. 1999 hat er seine ,Kunsthandlung‘ beim Quelle-Turm in der Wandererstraße eröffnet. In dem Haus hat er seine Werke präsentiert und Performances aufgeführt. Der Mercedes und der Wohnwagen standen mehr als Attribute vor der Tür. Er hat sich in dieser Phase als „Zigeuner“ verstanden. Obwohl er in dem Wohnwagen nicht gewohnt hat (lacht).

Mit dem großen Auto ist er übrigens auch nicht viel gefahren. Meistens hat man ihn mit seinem Fahrrad in der Stadt gesehen. Zu seinem Outfit gehörte der teure Borsalino-Hut und das dünne „Zigeuner“-Bärtchen über der Oberlippe. Hupfer hat sich eben zeitlebens mit Außenseitern identifiziert. Er hat immer nach Wurzeln gesucht. Hupfer kommt ja ursprünglich aus der fränkischen Provinz. Aus Wendelstein, um genau zu sein. Hupfer ist eine enge Bindung an die Familie immer wichtig gewesen – wie vielen Künstlerinnen und Künstlern, die ich in Nürnberg kenne.

Hupfer muss eine bemerkenswerteErscheinung gewesen sein. In Nürnberg ist er mit seinem Hut doch sicherbekannt wie ein bunter Hund gewesen?

Absolut. In Nürnberg war er sehr bekannt. Er hat viele enge Freunde gehabt. Aber die große Bekanntheit als Künstler über die Grenzen hinaus ist ihm verwehrt geblieben. Ich würde sagen, dass er sogar hier in Nürnberg bei den Menschen eher durch seine Auftritte als Musiker denn als Künstler bekannt gewesen ist. Hupfer hat gut Trompete gespielt und leidenschaftlich gesungen. Das ist ein bisschen so wie bei Matthias Egersdörfer. Der ist eigentlich auch Künstler. Aber vielmehr ist er durch seine Auftritte als Kabarettist einem großen Publikum bekannt geworden.

Warum wollten Sie ihm dennoch eine Sonderausstellung in der Kunstvilla widmen?

Weil er einfach ein fränkisches Gesamtkunstwerk gewesen ist. Die einen kannten ihn als Musiker, die anderen als Performancekünstler. Hupfer war nicht einer, sondern mehrere. Für ihn gehörte alles mit allem zusammen. Er war ein echtes Nürnberger Original. Wir zeigen in unserer Ausstellung einen Fernsehbeitrag von Franz Xaver Gernstl. In dem Filmausschnitt ist zu sehen, wie Hupfer seine Anspruchslosigkeit kultivieren konnte. Er brauchte offensichtlich nicht viel zum Leben und zum Glücklichsein.

Solche Originale gibt es meiner Überzeugung nach heute fast nicht mehr. Giorgio Hupfer war einfach eine herausragende Figur. Mit seinen vielen Ansätzen in der Kunst verkörpert er eine Zeitlosigkeit, die meiner Meinung nach über seinen viel zu frühen Tod bestehen bleiben wird.