Leben
Es gibt Hilfe für Chams Hebammen

Geburtshelferinnen sind Mangelware, wobei die Baby-Zahlen steigen. Der Landkreis will mit einer Koordinierungsstelle helfen.

14.09.2018 | Stand 16.09.2023, 5:58 Uhr

Hausbesuche für die Vor- und Nachsorge können die elf Hebammen, die sich freiberuflich die Arbeit im Kreißsaal in der Chamer Sana-Klinik bei den Geburtsbetreuungen teilen, schon länger nicht mehr leisten. Sie seien dafür einfach zu wenig, sagten Andrea Bemerl und Carola Lange vom Hebammen-Team am Freitag bei der Vorstellung der neuen Koordinationsstelle zur Hebammenversorgung, die bald kommen soll. Foto: Caroline Seidel/dpa

„Dieser Beruf ist für uns auch eine Berufung“ – das erklären am Freitag Carola Lange und Andrea Bemerl im Kleinen Sitzungssaal. Und sie ernten aus dem Rund besonders viel Respekt und Lob für ihre Arbeit und ihr Tun – denn bis auf Manuela Schambeck von der Koordinationsstelle Frühe Kindheit sind nur Männer am Tisch. Und einige davon haben vermutlich eher hilflos dort gestanden, wo die beiden Hebammen arbeiten und Leben auf die Welt holen – im Kreißsaal bei der Geburt eines Kindes.

Somit ist der gezollte Respekt hier keine Floskel – und manche Beschreibung rund ums Thema klingt da aus einem Männermund unbeholfen. „Gerade bei der ersten Geburt einer Frau ist es spannend und interessant“, formuliert etwa Landrat Franz Löffler. Das tut der Anerkennung des Tuns der Hebammen keinen Abbruch.

Werben für einen schönen Beruf

Vielmehr ist es das Bedürfnis von Landratsseite und des Landtagsabgeordneten Dr. Gerhard Hopp, dem Beruf und dem Ruf der Hebammen nach einigen Jahren der Tristesse mit finanziellen und personellen Sorgen mit Tatkraft beizustehen. Dafür soll jetzt – gefördert mit Landesmitteln – eine Koordinationsstelle zur Hebammenversorgung im Landkreis Cham eingerichtet werden. Am Freitag wurde im Landratsamt das Konzept vorgestellt – sobald das Förderprogramm in Kraft trete, sei man personell wie räumlich soweit, um gleich zu starten, so Löffler.

Die Aufgaben sind vielfältig. Es gilt, neuen Nachwuchs für den Job rund ums Leben zu begeistern, denn Hebammen sind heute Mangelware geworden – im Landkreis, in Bayern und in ganz Deutschland. Deshalb haben die elf freiberuflichen Hebammen in Cham die bisher übliche Betreuung der Frauen mit Vor- und Nachsorge eingestellt, denn bei zuletzt 836 Geburten (2017) und aktuell 573 im Chamer Kreißsaal bleibt wenig Zeit für anderes. Das sei nicht mehr zu leisten gewesen, erklärt Andrea Bemerl – und dafür habe man viel Kritik bekommen. Doch jede der elf aus dem Kreißsaal habe sich diese Entscheidung nicht leicht gemacht.

Doch mehr als 60 Wochenstunden seien einfach nicht möglich – und im Mittelpunkt stehe der Kreißsaal. „Wir haben noch keine Schwangere weggeschickt“, betont Bemerl. In Großstädten sei das anders. Man brauche einfach mehr Kolleginnen, so die beiden Hebammen. In Cham seien das mindestens drei – „ein Traum wären fünf“ – dann könne die Vor- und Nachsorge, die ihnen schon am Herzen liegt, wieder aufgenommen werden. Es gelte, den Fokus wieder auf die Schönheit des Berufs zu richten, so Carola Lange. Zuletzt sei der Nachwuchs eher abgeschreckt worden. „Seit 2007 ist es schwieriger geworden“, beschreibt auch Kollegin Bemerl. Man habe das Gefühl gehabt, keinen kümmere das Thema: „Das war deprimierend!“ Heute habe sie das Gefühl, dass sich etwas tue.

Hebammen-Studium kommt

In Sachen Nachwuchs kündigte Löffler an, dass bald ein Hebammen-Studium in Regensburg möglich sei. Bislang konnte so etwas nur außerhalb Bayerns gemacht werden. Er betonte, dass jede gebärende Frau das gesetzliche Recht habe, während der Geburt von einer Hebamme betreut zu werden. Oft werde das als Selbstverständlichkeit wahrgenommen, doch das sei es nicht. Da die Geburtenzahlen im Landkreis wieder auf über 1000 ansteigen, sei eine gute Hebammenversorgung besonders wichtig: „Nahezu täglich bekommt das Jugendamt Anrufe von schwangeren Frauen, die auf der Sucher nach Hebammen sind.“ Doch viele Nachfragen bei Hebammen seien vergebens. Hier müsse besser geholfen werden, sagt Löffler, „weil es auf den Nägeln brennt!“

Deshalb habe der Freistaat für Oktober das „Zukunftsprogramm Geburtshilfe“ initiiert, woraus nun die neue Stelle geschaffen werde.

Auch der Chamer Landtagsabgeordnete Dr. Gerhard Hopp betont den besonderen Beruf und die Verantwortung der Hebammen. Deshalb brauche es für den Beruf Unterstützung und Entlastung, wo möglich. Das solle das neue Programm leisten. Als „Zuckerl“ gibt es zudem vom Land jetzt eine Sonderprämie von 1000 Euro pro Jahr für Hebammen, die vier Geburten jährlich betreut haben. Die könne ab sofort für 2017 beantragt werden, sagt Dr. Hopp.

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