MZ-Serie
Gänzlich authentischer Paradebayer

Wiesn-Hit, Filmstar und Motorradtouren durch die USA – Wolfgang Fierek hat viele Gesichter und bleibt sich doch treu.

31.01.2017 | Stand 16.09.2023, 6:40 Uhr
Wolfgang Fierek lebt von seinem Image als Bilderbuchbayer. In seinem neuen Buch erklärt er seine Heimat. −Foto: dpa

So eine Lederhose hat man sein ganzes Leben. Sie sagt viel über den Träger aus und den Ort, aus dem er kommt. „Die Lederhose ist die bayerische Jeans“, sagt Wolfgang Fierek. Sie sei eine Hose für alle Tage und zugleich ein besonderes Kleidungsstück, ein schönes Kleidungsstück. Auch der Bayer ist schön – nämlich ganz schön eigenartig. So steht es auf der Rückseite von Fiereks brandneuem Buch. „Lob der Lederhose“ heißt es und der Bilderbuchbayer Fierek erklärt darin mit Humor und Herzenswärme seine Heimat.

Das ist nicht unkomisch, schließlich hat Fierek eigentlich gar keine bayerischen Wurzeln. Als Kind oberschlesischer Flüchtlinge kommt er 1950 in Ottobrunn zur Welt. Bis zum sechsten Lebensjahr sprach er Hochdeutsch. Dann kam er in die Schule und seine Mutter verstand seinen Dialekt nicht mehr. Heute gilt Fierek als bayerisches Original.

Bajuwarisches Schlawinertum

„Weißt Du, was Du bist? Eine gescheiterte Existenz bist Du.“ Das sitzt. Es ist eine der Szenen, die aus der Fernsehserie „Der Schwammerlkönig“ eine Kultsendung gemacht haben. Filmvater Walter Sedlmayr und Filmsohn Fierek geraten darin aneinander. Denn Fritz Schwaiger, den Fierek spielt, ist ein Sonnyboy und Frauenheld, der nicht erwachsen werden will und keinen Knopf Geld mehr in der Tasche hat. Der bodenständige Serienvater Sedlmayr, erfolgreicher Champignonzüchter, diszipliniert, gewohnt, dass man ihm gehorcht, urteilt hart über den Sohn. Doch auch dessen Antwort hat es in sich: „Geh Dädy, des derfst ned so eng sehn.“ Es ist diese lebensfrohe Lässigkeit, dieses bajuwarische Schlawinertum, für das der heute 66-Jährige Fierek in fast allen seinen Rollen steht.

Der Fierek sei gänzlich authentisch, charakterisierte Regisseur Klaus Lemke einmal den Schauspieler und Musiker. Fierek fiel dem „König von Schwabing“ Mitte der 1970er Jahre auf. Er engagierte den groß gewachsenen Burschen für seinen Film „Idole“. Dabei blieb es nicht. Für die Komödie „Amore“ gab es sogar den Grimme-Preis. Doch als die Zusammenarbeit endete, tat sich Fierek schwer, neue Rollen zu bekommen. Das änderte sich, als ihn Helmut Dietl als Tierpark Toni in der Serie „Monaco Franze“ besetzte. Fierek verkörperte einen Münchner Gauner und ist auch hier Akteur in einer unvergesslichen Szene.

In Folge sechs doziert der Monaco Franze über Kantinensoße. Jeden Tag gebe es etwas anderes zu essen im Polizeipräsidium, aber die Soße bleibe immer dieselbe. Sie binde die Tage und Wochen zusammen. „Da ist eine unheimliche Kontinuität drin, eine Regelmäßigkeit“, sagt der Franze. „Ohne eine sämige Kantinensoße ist ein Beamtenleben gar nicht denkbar.“ Das erklärt er dem Tierpark Toni, der dem pensionierten Kommissar seinerseits einen Vorschlag machen will. „Hab I di jemals scho pflanzt?“, will er wissen. Als der Monaco Franze bejaht, wirft der Toni ein: „Aber nur als Kommissar, nie als Mensch.“

Die Sehnsucht nach der Weite

Fierek ist gelernter Feinmechaniker – eine Schauspielschule hat er nie besucht. Er war außerdem Zeitsoldat, Lkw-Fahrer, Kellner und DJ. Mit „Resi, i hol di mit mei’m Traktor ab“ landete er einen Wiesn-Hit und als „Ein Bayer auf Rügen“ wurde er auch bundesweit bekannt. Die Rolle des Polizisten Valentin Gruber auf der Ostseeinsel verkörperte er in mehr als 80 Folgen.

Der Erfolg erlaubte ihm, sich Träume zu erfüllen. Fierek besitzt ein Haus in Arizona und liebt es, mit seiner Harley durch die Weiten zu fahren. Seine Freiheit ist ihm wichtig. Sie sei das höchste Gut eines Menschen, findet er. Das Fernweh packte ihn schon in Kindertagen, als der Vater am Fliegerhorst Neubiberg für die Amerikaner kochte. Die US-Soldaten erzählten von ihrer Heimat und der kleine Wolfgang begann, sich dorthin zu träumen. Er wollte raus in die Welt. Diese Sehnsucht ist geblieben. Noch immer schwärmt davon „wie ein Büffel durch die Prärie“ zu streunen. 1994 heiratet er seine deutsch-algerische Frau sogar in einer indianischen Zeremonie. Die Frau eine Freundes, eine echt Sioux, habe das vermittelt, erzählt Fierek.

Ganz verlassen wollte er die Heimat bislang aber doch nicht. Im Dörfchen Aying – auf halbem Weg zwischen München und Rosenheim – lebt er mit seiner Frau und den Schwiegereltern. Seine Frau war es auch, die ihm beistand, als er 2003 einen schweren Motorradunfall hatte. Ein Schock. Fiereck hatte Angst, sein Bein zu verlieren. Er sagt sich damals aber auch: „Das musst du wieder hinkriegen. Ich wollte wieder genau so leben wie vorher.“

Es kommt, wie es kommt

Der Unfall hat Fiereks Leben verändert. Fünf Operationen waren nötig, fünf Jahre dauerte der Heilungsprozess. Viel Zeit zum Nachdenken. Er habe sich mit dem Tod beschäftigt und der Zeit, die noch bleibe. „Ich habe mich gefragt: Warum ist das alles passiert? War das ein Zeichen von Gott? Was will er mir damit sagen?“, erzählt Fierek. Beruflich gelang das Comeback. In der Serie „Hammer & Sichl“ spielte er eine Hauptrolle und mit Erfolgskomponist Harold Faltermeyer nahm er das Album „Sweet Home Bavaria“ auf.

Mit 66 denkt Fiereck inzwischen über das Altwerden nach. Eines steht für ihn fest: „Ich nehme die Jahre, wie sie kommen.“ Ein bisschen sei das wie mit einem Auto, merkt er dann noch an. Wenn man es in der Garage stehen lasse, dann passiere nicht viel. Fahre man es jedoch schnell oder auch bei Wind und Wetter, dann gebe es auch einmal Beschädigungen.

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