Nichts wegwerfen! Das war die Devise meiner Oma, geboren 1901. Und natürlich war es auch die Not, die sie zu dieser Tugend zwang, hatte sie doch drei hungrige Männer sattzukriegen in einer Zeit, als während und nach dem Krieg Mangel herrschte. Als ich klein war, herrschte freilich kein Mangel mehr, aber an ihrem Motto hielt sie fest.
„Keine unnötige Verschwendung“
Es war auch der Respekt vor den Lebensmitteln, der ihr wichtig war. Sie hatte einen kleinen Schrebergarten und sie wusste sogar, wie man ein Huhn oder eine Ente schlachtet, obwohl sie nicht auf dem Land, sondern immer in der Stadt gelebt hat. Nie wäre es ihr in den Sinn gekommen, Gemüse, das sie selbst gezogen hat, oder ein Tier, das für sie sein Leben lassen musste, unnötig zu verschwenden.
Hähnchen wurden zum Beispiel roh zerlegt: Brust, Haxen und Flügel hat sie gegrillt oder gebraten und aus dem Gerippe kochte sie mit reichlich Suppengrün, Karotten und Sellerie eine Hühnerbrühe. Das Fleisch, das noch an den Knochen hing, löste sie ab. Daraus bereitete sie ihr Frikassee zu. Genau so mache ich es auch – mit einer Änderung: Zusätzlich zum Suppenfleisch verwende ich eine Hühnerbrust. Aber ansonsten halte ich mich weitgehend an Großmutters Rezept.
Zwiebeln klein schneiden und in etwas Öl – Oma nahm dafür ein Stückchen Butter oder Schmalz – andünsten. Anschließend gebe ich die gewürfelte Hühnerbrust hinzu und lasse sie kurz anbraten. Nun folgt das ausgelöste und in mundgerechte Stücke zerpflückte Suppenhühnerfleisch. Umrühren und mit Mehl stäuben. Achtung: Brennt leicht an, deshalb die Hitze etwas reduzieren.
Als Nächstes lösche ich mit Wein ab, gieße die Hühnersuppe an und löse beim Rühren mit dem Holzkochlöffel den Topfbodensatz ab. Ein Becher Sahne macht die Sauce schön cremig. Das Ganze köchelt nun um die zehn Minuten. In der Zwischenzeit wird der Langkornreis in Salzwasser gekocht. Zuletzt das Hühnerfrikassee mit Salz und Pfeffer würzen. Wer mag, kann auch noch etwas Muskatnuss drüberreiben. Eine gute Hand voll gehackte Petersilie rundet das Ragout ab. Schmeckt wie bei Oma und ist eine kleine Zeitreise – vor allem, wenn ich das Frikassee in den Tellern mit blauem Dekor und Goldrand serviere, das ich von ihr geerbt habe.
Hier sehen Sie ein Video von der Zubereitung:
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