Stadtviertel
Heimat zwischen Nusshörndl und Brot

Seit 25 Jahren ist das Café Freisleben eine beliebte Anlaufstelle im Inneren Westen. Die neue Chefin sorgt für die Tradition.

29.04.2015 | Stand 16.09.2023, 7:06 Uhr
Eva Freisleben kennt das Geschäft von klein auf. Die Nusshörndln, die sie hält, sind ein Lieblingsprodukt der Stammgäste. −Foto: Wiedamann

„Eine Käsestange und ein Schokocroissant, bitte“ – „Zwei Butterbrezen“ – „A Breze und a Nusshörndl“. Rund ein Dutzend Schüler steht vor dem Tresen und auf der Außentreppe der Bäckerei Freisleben Schlange. Es ist 9.30 Uhr, die Schüler haben Pause, und Eva und Margarete Freisleben schieben quasi im Akkord Gebäckstücke in die Papiertüten. Seit 6 Uhr morgens hat das Café geöffnet, eines der wenigen im Inneren Westen. Dementsprechend groß ist das unmittelbare Einzugsgebiet: vom Grüngürtel bis zur Autobahn, vom Pindl bis zum Albertus-Magnus-Gymnasium und von den Maltesern Am Singrün bis zu den Kleingärten am Donauufer. Unübersehbar im Knick der Gumpelzhaimerstraße angesiedelt, liegt der Freisleben auch für viele Auswärtige oder Regensburger aus anderen Vierteln auf dem Weg in die Stadt oder dem Weg nach draußen.

Vor 25 Jahren hat die Familie Freisleben das frühere Café Graf übernommen. Nun stand ein Generationswechsel an: Seit Jahresbeginn ist Eva Freisleben Chefin im Café Freisleben. Und ihre Mutter Margarete, die das Geschäft ein Vierteljahrhundert leitete, bleibt ihr als Angestellte treu. „Sie ist die Seele des Hauses. Wir machen das miteinander“, sagt Eva Freisleben.

Emanzipation vom Stammhaus

„Die Stammgäste hatten schon Angst, dass sich nun alles ändert“, gesteht Eva Freisleben. Und auch sie selbst hatte etwas Muffensausen vor der Verantwortung als Selbstständige. Selbstständig übrigens in doppelter Hinsicht. Denn nicht nur wechselte Eva Freisleben vom Angestelltendasein in die Unternehmerposition, auch das Geschäft im Regensburger Stadtwesten wurde eigenständig, emanzipierte sich von dem seit 1949 in vierter Generation geführten Stammhaus in Reifenthal, wo Vater und Bruder – beide mit Vornamen Manfred – all die Brote, Semmeln, Kuchen und Gebäckstücke produzieren. Die bezieht das Regensburger Café natürlich weiter aus Reifenthal.

„Wichtig ist bei uns die Tradition. Wir stellen alle Waren selbst her, mit der Hand und ohne Zusatzstoffe“, schwärmt Eva Freisleben über die Handwerkskunst und überlieferten Rezepte der Familie. Die Geschichte der Bäckerei Freisleben soll denn auch auf der neuen Speisekarte eine besondere Würdigung finden. Einige Renner, für die Kunden extra von weiter her anfahren, liegen auch heute in den Regalen hinter der Theke: die Natursauerteigbrote wie das Reifenthaler Bauernbrot. Und das glutenfreie Buchweizenbrot, das jeden Dienstag und Freitag frisch geliefert wird. „Da ist fast gar kein Weizen drin, ganz lässt sich das aber nicht verhindern“, präzisiert Eva Freisleben das „glutenfrei“. Kundentäuschung ist ihre Sache nicht. Der Favorit unter den hauseigenen Produkten? „Stocknarrisch san’s nach unsere Nusshörndln“, sagt Mutter Margarete, die jeden Tag mit einer selbstgekochten Suppe den Mittagstisch bereichert. Sie freut sich besonders, dass es mit der Übergabe des Cafés an die Tochter – und bald auch der Bäckerei an den Sohn – geklappt hat. „Das ist heutzutage nicht selbstverständlich, dass man im Handwerk einen Nachfolger hat.“

Ankommen Zuhaus

Jetzt, neun Jahre später, freut sie sich über das „Ankommen“ in der Heimat, über die familiäre Atmosphäre im eigenen Café, das sie von Kindesbeinen an kennt. „Das ist ein bisschen wie in der Lindenstraße“, beschreibt die neue Chefin das Leben im Freisleben. „Da kommen fast jeden Tag die gleichen Leute.“ Eine alte Dame rief sogar extra bei ihr an, um sich wegen Krankheit für jenen Tag abzumelden. „Damit Ihr euch keine Sorgen macht, hat sie gesagt. Das war so nett!“