Pflege
Heime sollen demokratisiert werden

Referentin Ursula Kremer-Preiß gab bei der Veranstaltung des LfP einen Überblick über die Entwicklung im Lauf der Jahrzehnte.

23.02.2022 | Stand 15.09.2023, 21:08 Uhr
Das Fachgespräch zu Wohnperspektiven am Bayerischen Landesamt für Pflege soll für mehr Selbstbestimmung für Pflegebedürftige, Angehörige und Mitarbeiter in der Langzeitpflege sorgen. −Foto: Angelika Warmuth/dpa

Für eine bedarfsgerechte und möglichst selbstbestimmte Versorgung von pflegebedürftigen Menschen neue Konzepte denken und diese diskutieren – darum ist es bei der Auftaktveranstaltung zu einer Reihe von praxisbezogenen und handlungsfeldorientierten Fachgesprächen am Bayerischen Landesamt für Pflege (LfP) gegangen, heißt es in einer Mitteilung des LfP. Dabei waren Vertreter des LfP, des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege und des Bayerischen Landkreistages.

In ihrem Impulsvortrag „Wohnen 6.0 – Perspektiven für die Langzeitpflege“ gab Ursula Kremer-Preiß vom Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA) einen Überblick über die Entwicklung der Heimmodelle im Lauf der Jahrzehnte: In der 1. und 2. Heimgeneration der 1950er und 60er Jahre wurde wenig auf die individuellen Besonderheiten der Bewohner eingegangen. In der 3. und 4. Heimgenration in den 80er und 90er Jahren wurde mehr ein Leben nach individuellen Bedürfnissen ermöglicht. Die 5. Generation seit 2010 versucht, Heime wieder in die Gesellschaft zu integrieren.

„Jedoch trotz vielfältiger Reformen hat sich an der Grundstruktur der Heimversorgung nichts Gravierendes geändert“, so Kremer-Preiß. Mit dem Konzept „Wohnen 6.0“ denkt das KDA noch einen Schritt weiter: „Es geht darum, Heime mehr zu demokratisieren.“ Alle am Sorgegeschehen Beteiligten sollen mehr direkten Einfluss auf das Leben und die Arbeit in Langzeitpflegewohnangeboten erhalten. „Im sogenannten Sorgeparlament sollen alle Beteiligten mitentscheiden. Es geht also nicht um eine neue Heimgenration, sondern ein sektorenübergreifendes Wohnkonzept.“

Kremer-Preiß fordert: „Wir brauchen in der Zukunft sicher mehr Langzeitpflegewohnangebote, aber sie müssen so gestaltet sein, dass sie bedarfsgerecht sind, Versorgungssicherheit gewährleistet und finanzierbar bleiben“. Für all das biete Wohnen 6.0 eine Chance. „Wenn Betroffene mehr Einfluss haben, wie der Wohnalltag in der Langzeitpflege gestaltet werden soll, und Leistungen nach Bedarf hinzugewählt werden können, bekommen wir bedarfsgerechtere Versorgungsstrukturen. Wenn Mitarbeitende mehr selbst ihre Arbeit verantworten können, kann dies die Arbeitszufriedenheit steigern und einen Beitrag zur Begegnung des drohenden Pflegenotstandes leisten. Wenn es gelingt, eine neue Verantwortungskultur in der Sorge zu motivieren und Betroffene, Bürger aus den Quartieren und Profis zusammen die Sorgearbeit stemmen, kann dies die kommunale Daseinsfürsorge entlasten,“ fasste die Referentin zusammen.

„Ihr Vortrag hat verdeutlicht, wie wichtig es ist, die Bevölkerung bei etwaigen Lösungsansätzen mit einzubeziehen, um die Bedürfnisse auch bedarfsgerecht decken zu können. Die regionale Daseinsvorsorge gilt als eine wesentliche Grundlage für gleichwertige Lebensverhältnisse. Sie steht für die Sicherung der Grundbedürfnisse und für die Schaffung von Möglichkeiten für eine selbstbestimmte Lebensführung – auch im Alter“, resümierte LfP-Leiter Achim Uhl. Er bedankte sich bei Kremer-Preiß für den Vortrag. Das nächste Fachgespräch am LfP ist für Ende März mit dem Thema „Bürger- und Dachgenossenschaften: Engagement für das Gemeinwesen“ geplant.