Schlagzeilen
Hollywood-Märchen ohne Happy End

Große Schlagzeilen Ostbayerns: Schauspieler Nicolas Cage erwirbt 2006 Schloss Neidstein, eingezogen ist er nie. Drei Jahre später ist der Spuk vorbei.

04.01.2014 | Stand 16.09.2023, 7:15 Uhr |

Es war die Nachricht Mitte Juli 2006: Weltstar Nicolas Cage kauft Schloss Neidstein bei Etzelwang. Inzwischen hat sich die Aufregung gelegt, das alte Gemäuer ist wieder in Oberpfälzer Hand.

Es war Liebe auf den ersten Blick: Kaum hatte Nicolas Cage an einem eiskalten Januartag zum ersten Mal seinen Fuß ins Schloss Neidstein gesetzt, da wollte er es auch haben. Im Sommer 2006 war der Verkauf besiegelt, zwei Millionen Euro bezahlte der Hollywoodstar für das rund 500 Jahre alte Gemäuer. Vor allem die ruhige Lage des Anwesens mitten im Wald soll Cage zugesagt haben. Mehrere Wochen im Jahr wolle er dort wohnen, verkündete er damals. Doch am Ende zog der Weltstar nicht einmal ein. Nach knapp drei Jahren, im März 2009, verkaufte Cage sein Märchenschloss wieder und Etzelwang musste sich bei diesem Zwischenspiel mit einer Statistenrolle begnügen.

Heinz Breitfelder ist einer der wenigen, die den Schauspieler vor Ort erlebt haben. Seit fast 45 Jahren ist der Getränkehändler der gute Geist von Neidstein, Verwalter und „Mädchen für alles“. „Ich mähe den Rasen und meine Frau hält das Schloss sauber“, erzählt der 70-Jährige, der nur 300 Meter unterhalb des Ansitzes wohnt. Als Cage zum ersten Mal zur Besichtigung anreist, führt ihn Breitfelder durch das alte Gemäuer, „ich hab ja den Schlüssel“. Fast 30 Zimmer und rund 900 Quadratmeter Wohnfläche bietet das Schloss. Nach dem Rundgang lädt Breitfelder den Weltstar zu sich nach Hause zum Kaffee ein. „Bratwürstl haben wir auch gegessen“, erinnert er sich. Die Fotos von damals und ein Autogramm hängen heute in der privaten „Cage-Ecke“ der Breitfelders.

Geteilte Meinung im Ort

„Leger“ sei der Schauspieler gewesen. „Ich bin gut mit ihm ausgekommen“, sagt der Schlossverwalter. Einer von Cages Leibwächtern habe Deutsch gesprochen und übersetzt. Als Cage nach Gespenstern fragt, ist Breitfelder nicht um eine Antwort verlegen: „Ich lebe schon seit 300 Jahren hier und hab noch keins gesehen.“ Mit dem prominenten Schlossherrn wäre zwar in Etzelwang „was geboten“ gewesen, meint Breitfelder, trotzdem sei er auch froh, dass Neidstein wieder in Oberpfälzer Hand sei. Im Ort sei man über Cage geteilter Meinung gewesen.

Sabine Gammel kann über den Hollywoodstar nur das Beste sagen: „Ein sehr höflicher Mensch, gut 1,90 Meter groß und mit einer tollen Ausstrahlung.“ Die Maklerin aus Holzkirchen hat Erfahrung mit prominenten Kunden, die ein passendes Dach über dem Kopf suchen. Sie erinnert sich genau, als die erste E-Mail des Hollywood-stars auf ihrem Bildschirm aufploppte: „Mein Name ist Nicolas Cage, ich weiß nicht, ob Sie mich kennen. Ich bin Schauspieler“, steht darin. „Ich habe gedacht, da verschaukelt mich jemand“, erinnert sich die Maklerin. Aus Höflichkeit schreibt sie zurück, dass sie seine Filme kenne und möge. Zwei Tage später meldet sich Cages Sekretär, um Besichtigungstermine für Schlösser in Deutschland zu vereinbaren. Neidstein ist das letzte Objekt, das Gammel und Cage auf ihrer Tour in Augenschein nehmen. Die Entscheidung fällt unterm Torbogen. „Das ist meins“, sagt Cage, der trotz Schnee und Eis mit Cowboystiefeln bekleidet ist – und von der rührigen Maklerin mit Steigeisen versorgt wird, damit er den Schlossberg überhaupt hochkommt. Mit einem Handschlag und später mit Würstl und Kraut im Amberger Café Zentral wird der Handel besiegelt. Danach bezahlt die Maklerin dem Ehepaar Cage noch Schuhe, weil der Laden um die Ecke keine Kreditkarten akzeptiert. „Das Geld habe ich aber zurückbekommen“, sagt Gammel. In seiner Euphorie als frischgebackener Schlossbesitzer schickt ihr Cage eine innige Dankes-Mail, in der er versichert, dass für ihn ein Traum in Erfüllung gegangen sei. „Schloss Neidstein kommt dem, was sich Amerikaner unter einem Märchenschloss vorstellen, eben sehr nah“, meint die Geschäftsfrau. Überdies mache das Kaufen und Umbauen vielen Kunden oft mehr Spaß als das Wohnen, glaubt die Maklerin. Sie behält recht.

Oft hat sich der US-Amerikaner nicht in Etzelwang blicken lassen. Für Aufruhr sorgt daher sein Überraschungsbesuch im Juni 2007. Per Hubschrauber fliegt er ein und landet in Tabernackel. Einen Nachmittag verbringt er im Schloss. Auch sein Sohn und ein Leibwächter sind dabei. Berührungsängste mit den Oberpfälzern hat der Schauspieler nicht. Bereitwillig gibt er Autogramme und nimmt sich Zeit zum Plaudern. Der damalige Etzelwanger Bürgermeister Ludwig Heinl hat große Erwartungen und hofft für die 950-Jahr-Feier des Ortes 2009 auf das Erscheinen des Oscar-Gewinners. Vergeblich.

„London nicht weit weg“

Als Schlossbesitzer fängt Cage an, Deutsch zu lernen. Vielleicht wäre es ihm gar nicht schwergefallen, denn seine Mutter hat deutsche Wurzeln. Cage, der eigentlich Nicholas Kim Coppola heißt, hat außerdem italienische Vorfahren. Sein Onkel ist der Filmemacher Francis Ford Coppola. Dass der Hollywood-Star in anderen Dimensionen denkt, war schnell klar. So sagte er in seiner Zeit als Oberpfälzer Schlossherr einmal, ein Vorteil von Etzelwang sei, dass „London nicht weit weg sei“. Doch am Ende ist der Liaison kein Glück vergönnt. Sie endet im März 2009, Cage macht etwas uncharmant aus der Ferne Schluss, ohne sich noch einmal blicken zu lassen. Zwischendurch hat er sich in ein anderes Schloss verguckt, in England. Geldprobleme kommen dazu. Die Privatinsel auf den Bahamas und das Strandhaus in Kalifornien kosten ja auch.

Neuer Hausherr von Neidstein wird der Amberger Rechtsanwalt und CSU-Stadtrat Konrad Wilfurth. Die Sanierung des Anwesens, die Cage bereits in Angriff genommen hat, ist inzwischen fast abgeschlossen. Wer heiraten möchte, kann das im Schloss tun. Standesamtliche Trauungen finden im „Blauen Salon“ statt, danach kann man unter Kronleuchtern speisen. 2014 sind außerdem mehrere öffentliche Veranstaltungen, darunter Konzerte und eine Gartenausstellung, geplant. Schloss Neidstein hat die Abfuhr aus Hollywood gut verkraftet.

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