Unternehmer
Hotelier Wöhrl zieht es nach Regensburg

Provokant, weltoffen, verrückt: Marcus Wöhrl lebt eine etwas andere Hotelphilosophie – und ist in der Branche ein Exot.

15.04.2016 | Stand 16.09.2023, 6:46 Uhr
Christine Hochreiter

Marcus Maximilian Wöhrl liegt mit seiner Hotel-Philosophie bislang offensichtlich goldrichtig. Die Zahl der Dormero-Häuser wächst. Foto: Robert Geisler

Wäre der Schlacks mit der frechen Frisur Gast in einer Neuauflage der Kult-TV-Sendung „Was bin ich?“ – das legendäre Schweinderl wäre schnell voll. Vom Äußeren her passt Marcus Maximilian Wöhrl in kein Berufsbild-Klischee. Auf den ersten, oberflächlichen Blick könnte der eloquente junge Mann etwas mit Mode zu tun haben. Oder im weiteren Sinne mit Design. Doch weit gefehlt. „Für Mode habe ich zu wenig Geschmack“, sagt er.

Marcus Wöhrl ist Hotelier. Mit nur 30 Jahren leitet er zwölf „Dormero“-Hotels mit 800 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von 50 Millionen Euro. Am Freitagabend wird das neueste Hotel in Passau eröffnet. Der gebürtige Nürnberger lässt sich nicht gerne „in ein Muster pressen“. Nach dem Studium meinte er – wie es sich gehört – zum Job in Anzug und Krawatte erscheinen zu müssen. Doch er fühlte sich verkleidet, „wie ein Pinguin“. Inzwischen lässt er das bleiben und bleibt lieber er selbst.

Zu undiplomatisch für die Politik

Dabei hatte er mit Wirtschaft lange Zeit nichts am Hut. Auf dem Humanistischen Gymnasium in Nürnberg war der Spross einer Unternehmerfamilie zwischen Mediziner und Juristen-Kindern eher ein Außenseiter. Auch Abiturfächer wie Altgriechisch und Kunst sollten noch keinen Hinweis auf den späteren Berufsweg geben. Nach Bundeswehr, drei Semestern Politikwissenschaft, entschloss er sich zu einem BWL-Studium („Was studiert man am besten, wenn man nicht weiß, was man werden soll?“), kann im Rückblick aber nicht sagen, dass das spannend war. Wöhrl: „Als Betriebswirt stehen einem zwar alle Türen offen, doch es gibt nichts Langweiligeres.“ Wöhrl zog das Studium dennoch durch mit allen Stufen der akademischen Möglichkeiten: Bachelor, Master und 2015 in den USA der Doctor.

Die große Frage: „Was macht man nun damit?“ stellte sich längst nicht mehr. Die Politik hatte er bereits abgehakt: „Dafür bin ich zu undiplomatisch. Deswegen haben sie mich auch aus der CSU irgendwann mal rausgeschmissen.“ Auch die Fliegerei war nichts für ihn: „Ich habe es probiert und dachte, es liegt vielleicht in meinen Genen. Aber eigentlich mag ich Höhe nicht.“ Und als der Pilot ihm demonstrierte, dass man irgendwo zwischen Himmel und Erde auch den Motor abstellen kann, war auch dieses Kapitel endgültig zugeschlagen.

Der Vater fordert den Sohn heraus

Marcus Wöhrl war viel mit seinen Eltern unterwegs. Die Hotel-Welt hat ihn schon immer fasziniert. Seine eigene Hotel-Geschichte begann dann während des Studiums: Eines Abends saß die Familie in launiger Runde zusammen. Vater Hans-Rudolf Wöhrl dachte laut darüber nach, ein Hotel in Plauen, das soeben Insolvenz angemeldet hatte, in ein Projekt betreutes Wohnen umzuwandeln. Oder sollte es vielleicht doch ein Hotel bleiben? Er machte dem Sohn ein Angebot - nach dem Motto: Hast Du Lust ..., aber Du traust Dich ja eh nicht. Marcus Wöhrl: „Mein Vater weiß, wie er mich kitzeln muss, ich sagte, ich mache es.“ Der Vater gab dem Sohn den Schlüssel und wünschte ihm viel Spaß.

Mein Vater gab mir den Schlüssel und wünschte mir viel Spaß.Marcus Wöhrl zu seinem Start als Hotelier

Anfangs setzte Vater Wöhrl noch einen Manager ein. Marcus Wöhrl übernahm aber immer mehr Verantwortung und eröffnete in immer mehr Städten neue Hotels. Dormero baut Immobilien um, errichtet aber keine eigenen Hotels. Zu den Vermietern zählen so renommierte Adressen wie die Deutsche Bank. Seit 2013 ist Marcus Maximilian Wöhrl alleiniger Geschäftsführer der Dormero Hotel AG. Seit dem vergangenen Jahr hält er auch die Mehrheit der Anteile. 49 Prozent sind im Besitz der Familienholding.

Enfant terrible der Branche

Der Selfmade-Hotelier ist unkonventionell, aber ehrgeizig, wenn er für eine Sache brennt. Und das ist nun einmal die Dormero-Philosophie: Anders sein, provokant, lustig, ein wenig verrückt, weltoffen. Diese Aufgeschlossenheit überträgt er auch auf das Personal. Die Mitarbeiter müssen beispielsweise Piercings und Tattoos nicht entfernen beziehungsweise verbergen und sie dürfen ihre Religion so leben, wie sie das möchten. Damit sieht sich Wöhrl mit dieser Haltung als „Enfant terrible“ der Branche.

Apropos Kind: Der Unternehmer ist von Klein auf mit Tieren groß geworden. „Zu Bestzeiten hatten wir drei Hunde, zwei Katzen und ein Aquarium.“ Das fehlt ihm heute. Daher hat er sich entschlossen,dass es in jedem seiner Hotels ein Tier gibt.In Passau ist die Entscheidung noch nicht gefallen. Im Gespräch sind eine Katze, ein Frettchen und Hausschweine.

Flotte Sprüche auf dem Zimmer

In seinen Hotels sollen sich die Gäste allerdings nicht tierisch aufregen. „Bei uns sollen die Leute wissen, für was sie bezahlen, und nicht damit rechnen müssen, dass vieles extra kostet“, sagt Wöhrl. Minibar, Internet, Sky und Fitness sind inklusive. Großen Wert legt der Chef auch auf „guten Schlaf“. Die Boxspringbetten in den Zimmern hat er extra für die Hotelkette entwickeln lassen. Ein 55-Zoll-Bildschirm ist ein Must, ebenso wie eine innovative Lichttechnik, die es den Gästen ermöglicht, zwischen verschiedenen Farben zu wählen.

Bei Dormero sind auch die Sprüche in den Zimmern etwas flotter. Wenn man seine Ruhe haben will, kann man ein Schild mit „Bitte nicht stören - Hier wird Liebe gemacht“ oder „Bin noch im Delirium ...“ außen an die Tür hängen. Das gefällt nicht jedem. Ein Firmenkunde hat deswegen schon mal eine Reservierung storniert.

Der Standort Kelheim läuft richtig gut

Den Hotelier stört das nicht: „Wir wollen kein Volkshotel sein, sondern einer bestimmten Gruppe gefallen. Mit Alter hat das nichts zu tun. Bei uns sollen sich Leute wohlfühlen, die nichts Hochtrabendes brauchen, die keine Barrieren im Kopf haben, sondern sich eine entspannte Atmosphäre wünschen. Ob Privat- oder Geschäftsleute - zu uns kann jeder kommen, wie er ist und wie er mag.“ In größeren Städten wie Frankfurt sei dieses Konzept schon bekannt. In den bayerischen Raum dränge er erst jetzt, sagt er.Der Start erfolgte kürzlich in Kelheim.Das Geschäft ist laut Wöhrl dort „richtig gut angelaufen“.

Ich bin niemand, der sich gerne dauernd in der Öffentlichkeit produziert.Unternehmer Marcus Wöhrl

Auch für das neue Haus in Passau ist er sehr zuversichtlich. Es liegt in der Innstadt auf dem Weg nach Österreich. Seines Wissens gibt es in einem Umkreis von 60 bis 70 Kilometern nichts ähnlich Modernes in einem vergleichbaren Stil. Der Name „Wöhrl“ sei bei der Kommunikation durchaus hilfreich, gibt er zu. Für größere Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit sorgte auch das Fernsehformat „Undercover Boss“. Seither weiß man auch, dass Dormero-Mitarbeiter rote Schuhe tragen - die Signalfarbe der Hotelmarke.

Marcus Wöhrl selbst lebt und arbeitet in seinen Hotels – quasi mit seinen Gästen und Mitarbeitern. Er versteht sich nicht als extrovertierter Hoteldirektor: „Ich bin niemand, der sich gerne dauernd in der Öffentlichkeit produziert“, sagt er. In seiner Berliner Wohnung („da steht ohnehin nur ein Bett“) hält er sich kaum auf.

„Vielleicht bringe ich es ja auf mehr Hotels als mein Vater Modehäuser hatte“, grinst er. „Ich glaube bei ihm waren es 38 Filialen.“ Wöhrl junior hat schon wieder neue Objekte im Blick. In Ingolstadt, Wien laufen schon sehr konkrete Gespräche. Ein Standort in Regensburg steht ganz oben auf seiner Wunschliste. „Regensburg ist eine tolle Destination. Jetzt muss nur noch ein Vermieter, Immobilieneigentümer bereit sein für unsere Philosophie.“

Alle Hotels in Regensburg und der Region finden Sie auf Mittelbayerische Maps:

Noch mehr Berichte aus der regionalen Wirtschaft finden Sie hier.