Nr. Sieben
Irrlichter am Nachthimmel

Wer in sternenklarer Nacht seiner großen Liebe den Himmel zu Füßen legen will, sollte sich vor falschen Behauptungen hüten.

06.06.2015 | Stand 16.09.2023, 7:02 Uhr
Bettina Griesbeck
Das All im Blick: In der Sternwarte auf der Kanaren-Insel La Palma befindet sich auf 2400 Metern Höhe das größte Spiegelteleskop der Welt. −Foto: P. Bonet/Instituto de Astrofísica de Canarias/dpa

Vom Mond aus kann man die Chinesische Mauer sehen

Ganz klar, die Chinesische Mauer ist so lang, dass man sie ganz einfach vom Mond aus sehen können muss – das meinen viele. Zwar hat das größte Bauwerk der Erde eine beeindruckende Länge von über sechstausend Kilometern, aber leider ist sie nur so schmal wie eine Straße. Einer, der es genau wissen muss, ist der US-Amerikaner James Benson Irwin, der als Mitglied der Apollo-15-Mission, 1971 als achter Mensch den Mond betreten und sich dort viele Stunden aufgehalten hat. Der Astronaut ist sich da ganz sicher: „Es ist unmöglich die Chinesische Mauer vom Mond aus zu sehen.“ Da Mond und Erde 380 000 Kilometer voneinander entfernt liegen, sind allenfalls Ozeane und Kontinente erkennbar. (msa)

Die Mondphasen entstehen durch den Erdschatten

Der Mond leuchtet nicht selbst, er ist eine sogenannte passive Lichtquelle. Wir sehen ihn, weil er vom Sonnenlicht angestrahlt wird. Da liegt es ja nicht fern zu vermuten, dass der Erdschatten den Mond ganz oder teilweise im Dunkeln verschwinden lässt und ihn so für unsere Augen unsichtbar macht. Dieser Gedankengang hat allerdings einen Haken, denn schließlich wäre es so unmöglich, dass Mondsichel und Sonne gleichzeitig nebeneinander am Himmel auftauchen. Genau das aber kann man hin und wieder beobachten. So ist das Ganze unterm Strich auch sehr viel einfacher. Der Mond wird in seiner Kugelform immer nur zur Hälfte von den Sonnenstrahlen erfasst. Diese angestrahlte Hälfte entzieht sich aber je nach Konstellation der Himmelskörper mehr oder weniger unseren Blicken, da wir nicht hinter die Kugel schauen können. Eine Mondumdrehung um sich selbst dauert 29,53 Tage, genauso lang wie es dauert, bis der Mond die Erde einmal umkreist. Deshalb sehen wir immer die gleiche Seite. Der sichtbare Teil der angestrahlten Hälfte bezeichnet nun die Mondphasen, eine sternenklare Nacht vorausgesetzt. So kommt es auch, dass uns der Vollmond, also die vollständig ausgeleuchtete Hälfte des Mondes, genau dann erscheint, wenn er der Erdschatten-Theorie nach eigentlich komplett im Dunkeln verschwunden sein müsste. (msa)

Planeten sind nur mit einem Fernrohr zu beobachten

Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn – diese fünf Planeten sind so hell, dass sie von der Erde aus durchaus mit bloßem Auge erkennbar sind. Venus und Jupiter sind sogar die hellsten Himmelsobjekte nach Sonne und Mond. Innerhalb von Tagen und Wochen verändern sie ihre Himmelsstellung sichtbar. Merkur und Venus sind in der Abend- oder Morgendämmerung nah bei der Sonne zu sehen, da sie diese auf engeren Bahnen als die Erde umkreisen. Außerhalb der Erdbahn befinden sich Mars, Jupiter und Saturn. (gb)

Auf dem Mond sieht man die Erde auf- und untergehen

Tja, so stellt man sich das vor, als Erdenmensch, der noch nie auf dem Mond war. Astronauten und Astronomen wissen es aber besser. Der Mond dreht uns nämlich immer die gleiche Seite zu. Das hat man in früheren Zeiten schon gewusst und kräftig spekuliert, was auf der „dunklen Seite des Mondes“ wohl alles für schreckliche Ungeheuer leben könnten. Aus diesem Sachverhalt folgt nun aber auch, dass man von jedem Punkt dieser Mondseite aus die Erde entweder ganz sieht (Mondvorderseite) oder gar nicht (Mondrückseite). Sie geht weder auf, noch unter. Ein bisschen anders sieht die Sache an den Rändern des Mondes aus, die von der Erde aus sichtbar sind. Hier spielt die sogenannte Libration des Mondes eine Rolle, also eine leichte Taumelbewegung des Erdtrabanten. Sie sorgt dafür, dass wir auf der Erde doch ein bisschen mehr, als die theoretisch maximal möglichen 50 Prozent des Mondes zu Gesicht bekommen, nämlich etwa 59 Prozent. Ihr ist es auch zu verdanken, dass an diesen Randzonen des Mondes die Erde an dessen Horizont aufsteigt und auch wieder dahinter verschwindet. Die Fotos, die wir von Erdauf- und Untergängen kennen, sind aber allesamt vom Weltall aus geschossen worden, z. B. von William Anders während der Apollo-8-Mission, und nicht von der Mondoberfläche aus. (msa)

Wir können Millionen Sterne am Nachthimmel sehen

Unzählbar erscheinen die Sterne, die allabendlich am Himmel aufblitzen. Im Millionenbereich liegt ihre Zahl aber nicht. Würde man sich aber Zeit nehmen und hätte ziemlich gute Augen, könnte man es vielleicht schaffen. Knapp 6000 Sterne sind aber so hell, dass wir sie von der Erde aus erkennen können. Nur etwa die Hälfte liegt über dem Horizont. Sterne in Horizontnähe sind ebenfalls nicht mit bloßen Augen zu sehen. Übrig bleiben dann nur noch an die 2000 Sterne, vorausgesetzt, die Nacht ist sternenklar und in der Umgebung gibt es kein künstliches Licht. Wer also mal nachzählen möchte, sollte sich nicht in einer Großstadt auf die Lauer legen. Von dort aus zählt es sich allerdings flott: nur etwas mehr als ein oder zwei Dutzend der hellsten Sterne sind zu erkennen. Wer jetzt aber den Einwand bringt: „Aber die Milchstraße besteht doch aus dem Licht von Millionen von Sternen!“, dem sei Recht gegeben. Allerdings sind ihre Einzelsterne mit bloßem Auge nicht zu erkennen. (gb)

Schwarze Löcher saugen alles um sich herum auf

Bei den Schwarzen Löchern handelt es sich um die bizarrsten Erscheinungen im Weltraum. Was in ihnen passiert weiß man bis heute nicht – daher kommt wohl auch die große Faszination. Allerdings sind sie entgegen des verbreiteten Irrglaubens keine alles verschlingenden Monster, sondern überaus kompakte Himmelskörper. In ihnen ist Materie auf ein kleines Volumen verdichtet. Objekte, die einen bestimmten Mindestabstand zu den Schwarzen Löchern (Schwarzschildradius) nicht einhalten, verschwinden darin. Selbst für Licht gibt es kein Entrinnen. Die Gravitation dieser astronomischen Objekte ist so stark, dass nichts nach außen dringen kann, nicht einmal Licht. Wenn die Erdmasse auf neun Millimeter zusammendrückt würde, hätte man ein Schwarzes Loch. (gb)

Lichtjahre bezeichnen sehr große Zeiträume

In Science-Fiction-Filmen, aber auch in seriösen Medien ist immer wieder von Lichtjahren die Rede. Damit sind allerdings keine unvorstellbar großen Zeiträume gemeint, sondern vielmehr Entfernungen beziehungsweise Strecken: Das Lichtjahr ist also eine Längen- und keine Zeiteinheit. Es bezeichnet die Strecke, die das Licht (genauer: eine elektromagnetische Welle), in einem Jahr im Vakuum zurücklegt und das sind etwa 9,5 Billionen Kilometer. Das Licht bewegt sich also mit einer Geschwindigkeit von rund 300 000 Kilometern pro Sekunde fort. Die Entfernungen von Sternen zur Erde werden beispielsweise in Lichtjahren gemessen. (msa)

Fixsterne stehen unbeweglich am Himmel

Der Irrtum liegt schon im Wort begraben: Wenn etwas fix ist, dann ist es gleichbleibend, festgelegt, unveränderlich und konstant. Der Begriff Fixstern kommt aus der Antike. Die Menschen gingen damals davon aus, dass die „fest stehenden Sterne“, lateinisch „stellae fixae“, sich nicht bewegen und immer in der selben Konstellation zueinanderstehen. Allerdings gibt es im All keine unbeweglichen Objekte. Auch die Sterne bewegen sich. Die Bewegungen sind wegen ihrer großen Entfernung zueinander allerdings sehr gering. Im Laufe eines Menschenlebens ist eine Veränderung kaum wahrnehmbar und die Fixsterne erscheinen immer in genau der selben Position zu verharren. Weil es Jahrtausende dauert, bis sich der Fixsternhimmel merklich verändert, blicken die Menschen heute noch auf den gleichen Nachthimmel, wie ihrer Vorfahren in der Antike. Durch die Entwicklung ausgefeilter Messmethoden können heute Positionsveränderungen erfasst werden. (gb)

Kometen ziehen einen Schweif hinter sich her

Wenn man ein Kind darum bittet, einen Kometen zu zeichnen, sieht das Ergebnis immer ähnlich aus: eine Kugel oder ein Stern, gefolgt von einem langen Schweif. Eigentlich haben die Himmelskörper in der Regel aber zwei Schweife und das auch nur, wenn sie sich in Sonnennähe befinden. Kometen sind schmutzige Schneebälle und haben meist einen Durchmesser von ein paar Kilometern. Wenn ein Komet sich der Sonne nähert, erwärmt sich die Oberfläche. Gefrorene Gase werden freigesetzt und reißen bei der Freisetzung Staub mit sich. So entstehen ein Gas- und ein Staubschweif. Mit der eigentlichen Flugrichtung haben sie aber nichts zu tun. Der Sonnenwind wirkt auf die Schweife, deshalb zeigen sie zumeist in die der Sonne entgegengesetzten Richtung. Der Staubschweif ist dabei im Gegensatz zum Gasschweif meist leicht gekrümmt, da die schweren Staubpartikel außer vom Strahlungsdruck auch von der Schwerkraft der Sonne beeinflusst werden. (gb)

Der Große Wagen ist das bekannteste Sternbild

Wer bisher immer damit geprotzt hat, wenigstens ein Sternbild zu erkennen, könnte möglicherweise jetzt desillusioniert werden. Der Große Wagen ist kein eigenes Sternbild, sondern nur eine Sternfigur des Großen Bären. Wer also seine Liebste oder seinen Liebsten unter klarem Sternenhimmel mit seinem Wissen beeindrucken möchte, sollte noch mal ein paar Sterne mehr auf die Schippe legen. Das vermeintliche Sternbild des Großen Wagens besteht aus den sieben hellsten Sternen des Großen Bären. Diese Konstellation ist bereits bei leicht aufgehelltem Himmel zu erkennen. Es handelt sich jedoch nur um den für einen Bären ungewöhnlich langen Schwanz. In der griechischen Mythologie findet sich die Begründung, warum der Große Bär nicht wie seine Artgenossen auf der Erde ein Stummelschwänzchen hat. Bei dem Bären handelte es sich um die von Zeus vergewaltigte Nymphe Kallisto. Sie wurde schwanger und gebar einen Sohn namens Arkas. Hera, die eifersüchtige Gattin von Zeus, verwandelte Kallisto in einen Bären. Als Arkas auf seine verwandelte Mutter traf, wollte er sie töten. Göttervater Zeus griff ein und schleuderte beide an den Himmel: Kallisto als Großen Bären und Arkas als Kleinen Bären. (gb)

Der Polarstern ist der hellste Stern am Nachthimmel

Auf der Liste der 100 hellsten Sterne landet der Polarstern entgegen dem weit verbreiteten Irrtum nur auf Platz 47. Er weist gerade mal eine mittlere Helligkeit auf. Seine Besonderheit liegt in seiner Position: Der Polarstern steht in der Nähe des Himmelsnordpols, dem Durchstoßpunkt der Erdachse mit der Himmelskugel. Um diesen Punkt scheinen sich nachts alle Sterne zu drehen. In unmittelbarer Nähe leuchtet außerdem kein Stern heller als der Polarstern, deshalb ist er leicht zu finden. Er dient auch zur Orientierung, unter anderem bestimmten Seefahrer so die Nordrichtung. Auf Platz eins der hellsten Sterne steht Sirius. (gb)

Im Sommer ist die Erde unserer Sonne am nächsten

Da die Erde die Sonne nicht auf einer Kreis-, sondern auf einer elliptischen Bahn umläuft, ändert sich der Abstand der beiden Himmelskörper im Lauf eines Jahres. Mit den Jahreszeiten hat das aber nichts zu tun – tatsächlich ist die Erde der Sonne im Januar etwa fünf Millionen Kilometer näher als im Juli. Frühling, Sommer, Herbst und Winter entstehen durch die Neigung der Erdachse in Bezug auf die Bahnebene der Erde. (gb)

Die Sonne ist Horizontnähe der Erde näher und deshalb größer

Die Sonne erscheint manchmal riesig am Horizont. Da liegt der Verdacht nahe, dass sie unserem Heimatplaneten zu diesem Zeitpunkt näher ist als sonst, denn wachsen und schrumpfen wird sie ja wohl nicht, oder? In der Tat ändern sich aber weder Größe noch Entfernung zur Erde: das Ganze ist vielmehr eine optische Täuschung. Woran das genau liegt, ist nicht klar und es gibt mehrere Hypothesen dazu. Eine davon ist, dass, wenn der Himmelskörper am Horizont auftaucht, uns ganz plötzlich ein Größenvergleich zur Verfügung steht: Häuser, Autos, Bäume und was es da sonst noch so alles gibt, sind uns von den Ausmaßen her gut bekannt. Im direkten Vergleich wirkt die Sonne nun gigantisch. Wir sitzen hier also lediglich einer Illusion auf. Das Phänomen gilt auch für die Wahrnehmung des Mondes in Horizontnähe. (msa)

Die Autoren Christian Satorius und Bettina Griesbeck haben die Irrtümer über Sonne, Mond und Sterne gesammelt – und mit Hilfe des Physikers Dr. Oliver Kus von der Sternwarte Regensburg korrigiert.