Hirschberg-Forum
Joachim Herrmann: „Demokratien führen keine Angriffskriege“

19.06.2022 | Stand 15.09.2023, 4:41 Uhr
Als Festredner des diesjährigen Hirschberg-Forums des KKV-Bildungswerkes konnte der Bayerische Staatsminister des Inneren, Joachim Herrmann (3. von rechts), gewonnen werden. −Foto: F. Rieger

„Freiheit bewahren – Demokratien stärken“: Unter dieser Überschrift hat das viertägige Forum des Bildungswerkes Bayern des Verbandes der Katholiken in Wirtschaft und Verwaltung (KKV) auf Schloss Hirschberg stattgefunden. Die Festrede am Sonntagmorgen hielt der Bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU).

Dass es dabei in Zeiten des russischen Angriffskriegs bei Weitem nicht nur um bayerische Innenpolitik gehen würde, war zu erwarten. Und so spannte Herrmann einen Bogen von Waffenlieferungen an die Ukraine bis zur Hilfsbereitschaft der deutschen Bevölkerung – um dann letzten Endes in einen gesellschaftlichen Appell zu münden.



Aber der Reihe nach: Zunächst einmal nahm Herrmann kein Blatt vor den Mund, als er Russland ganz klar als Aggressor dieses Krieges benannte und darauf verwies, dass es keinerlei Rechtfertigung für dieses Vorgehen gebe. Noch deutlicher wurde der Staatsminister, als er von „unglaublichen Gräueltaten“ und „grausamen Kriegsverbrechen“ sprach, die von russischer Seite begangen würden. Hierbei sei festzuhalten, wie wichtig es sei, dass an alle Akteure solcher Verbrechen das klare Signal gesendet werde: Ein solches Handeln werde vom internationalen Gerichtshof bewertet.

Position zu Waffenlieferungen

Allein: Den Krieg beenden werde diese Botschaft noch nicht. Er hoffe und bete, dass es zügig zu einer Waffenruhe kommt, so Herrmann. Aber es sei leider auch im Bereich des Möglichen, dass sich die Situation in einem Jahr noch ähnlich darstellen werde wie aktuell.

Zur viel diskutierten Frage, ob und mit welchem Tempo Deutschland schwere Waffen an die Ukraine liefern solle, bezog Herrmann ebenfalls klar Stellung. Er sei davon überzeugt, dass die Ukraine mit Waffen, die der Verteidigung dienen, unterstützt werden müsse. Weil es, bei allem Respekt vor der pazifistischen Bewegung, nicht sein könne, dass man einem Angreifer verteidigungslos das Feld überlasse. Und die Ukraine könne sich nur mit Unterstützung internationaler Waffenlieferungen erwehren. Diese Position untermauerte Herrmann auch bei Nachfragen, die es in der anschließenden Diskussionsrunde zu den Waffenlieferungen gab.

Kein gutes Zeugnis für Bundesregierung

Teilen der Bundesregierung, insbesondere Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD), stellte der Redner bei diesem und weiteren Themen im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg kein gutes Zeugnis aus. Während überraschenderweise die Grünen einen sehr realistischen Kurs eingeschlagen hätten, sei es vor allem die SPD, die immer wieder bremse und den Eindruck erwecke, von anderen europäischen Staaten zu Entscheidungen getragen werden zu müssen. Dabei werde doch von Deutschland eine „gewisse Führungsstärke erwartet“ – nicht mit Befehlen, aber doch mit klaren Positionen und Konzepten. Das fehle seit Monaten.

Ganz andere Töne schlug Herrmann bezüglich der deutschen Bevölkerung an. Es sei „phänomenal“, welche Hilfsbereitschaft hier vorgelebt werde – ganz besonders bei der Aufnahme und Unterstützung der ukrainischen Kriegsflüchtlinge.

Meinungsfreiheit hat ihre Grenzen

Und in diesem Kontext schloss sich dann auch der Kreis zu klassischen innenpolitischen und gesellschaftlichen Themen. Denn Herrmann verwies darauf, dass der Krieg in der Ukraine und viele Aussagen des russischen Präsidenten Wladimir Putin deutlich vor Augen führen würden: „Freiheit und Demokratie sind nicht naturgegeben vorhanden.“ Es sei Aufgabe der Politik, aber auch der Gesellschaft, für den Erhalt dieser Errungenschaften einzutreten – weil sie der Garant für eine Lebensform seien, wie man sie seit Jahrzehnten als die erstrebenswerteste erfahren dürfe.

In diesem Kontext verwies Herrmann darauf, dass es in einem demokratischen Rechtsstaat die Meinungsfreiheit ein enorm wichtiges Gut sei. Sie habe aber auch Grenzen – und Letztere seien während der Corona-Pandemie in gefährlicher Weise überschritten worden. Im Zuge der Querdenker-Proteste hätten manche Akteure ganz bewusst daran gearbeitet, den Staat zu bekämpfen – antisemitische und rechtsradikale Tendenzen inklusive. Hier müsse man wachsam sein – als Staat, aber auch als Gesellschaft. „Mut haben, so jemandem zu widersprechen“, so der Appell des Innenministers. Und somit gemeinsam dafür einzutreten, die christlichen Werte sowie die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu bewahren. Denn, und auch das sei in Zeiten wie diesen eine wichtige Feststellung: „Demokratien führen keine Angriffskriege.“