Motorsport
Julia trägt Walter Röhrl auf der Haut

Die Klasse 11 a der Kerschensteiner- Berufsschule hatte eine Art „Sechser im Lotto“. Sie traf den Rallye-Weltmeister.

01.05.2015 | Stand 16.09.2023, 7:05 Uhr
Helmut Wanner
Walter Röhrl (68) erfüllt Julia K. (20) einen außergewöhnlichen Autogrammwunsch. −Foto: altrofoto.de

Auf was die Porschefans der Welt hinfiebern, rollt in der Alfons-Auer-Straße vor. In Orange. Das ist die angesagte Porschefarbe. Der neue Porsche GT3 RS (500 PS, 200 000 Euro) hat „BB-EM 362“ auf dem Nummernschild. Jeder Buchstabe eine Botschaft: BB steht für Weissach, und „E“ und „M“ stehen für Entwicklung Motorsport. Rallye-Weltmeister Walter Röhrl faltet seine durchtrainierten 1,88 Meter aus dem Prototypen. Die Klasse 11 a der Kerschensteiner-Berufschule umringt „das Genie am Lenkrad“ (Niki Lauda). Die Autolackierer sehen den wildesten Porsche, den es je gab, drei Wochen, bevor ihn die Schönen und Reichen sehen.

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Das Gästebuch liegt auf einer langen, weißgedeckten Tafel in der Halle der Trocken und Lackieranlage aufgeschlagen wie ein Messbuch: Die Doppelseite zeigt den kalligrafischen Schriftzug Rallye-Weltmeister Walter Röhrl im Lorbeerkranz. Dahinter liegen wie die Teller beim Staatsempfang die lackierten Tableaus der Autolackierer-Lehrlinge bereit zum Signieren. Danach werden sie mit Klarlack versiegelt und Özkam Kocaoglu, Toy Mycahid, Niklas Heuer und die anderen dürfen sie sich zu Hause übers Bett hängen. Fünf Mädchen sind in der Lackiererklasse. Lena Schmid (20) präsentiert die Werke.

Eine wird das Autogramm auf der Haut mit nach Hause tragen. Julia K., angehende Mediendesignerin, darf dabei sein, weil sie der wahrscheinlich radikalste Fan des 68-jährigen zweifachen Rallye-Weltmeisters ist. Die 22-Jährige schiebt den linken Ärmel ihrer Trainingsjacke zurück. „Der Schriftzug wird tätowiert“, sagt sie. Sie wird das Autogramm „des besten Autofahrers der Welt“ auch noch tragen, wenn in Deutschland keine benzinbetriebenen Fahrzeuge mehr laufen.

Bewunderung kennt kein Alter

Jeden Abend schaut sie sich mit ihrem Freund, Fahrer eines gechipten 5er Golf GTI (300 PS), die Dokus mit Walter Röhrl an. Ihr Favorit ist Pikes Peak. Am Viertausender in Colorado findet das traditionsreichste Bergrennen der Welt statt. „Sagenhaft“, meint sie, wie Walter Röhrl mit den Pedalen Ballett tanzt, welche Rekorde er aufstellt, welche Reaktionen er zeigt.

Wie kann ein Mann wie Röhrl bei soviel Bewunderung bescheiden bleiben? „Ich weiß, dass ich was Besonderes kann. Aber ich weiß auch, dass ich nichts Besonderes bin“, sagt Walter Röhrl. Schlagfertig ist er auch noch.

Das Kerschensteiner Berufsschulzentrum darf sich mit seinem stellvertretenden Schulleiter Bernd Märkl, Lackierermeister Aschenbrenner und Fachlehrer Stefan Reichmann glücklich schätzen. „In Regensburg war ich noch nie in einer Schule“ bekennt er. „Mich hier zu haben ist wie ein Sechser im Lotto.“ In zwei Jahren wird er 70. Aber sein Terminkalender ist noch immer dicht mit Repräsentationsterminen. „Um 17 Uhr muss ich am Red Bull Ring in Österreich sein.“ Der Porsche-Club Gentleman-Drivers Munich hat ihn für einen Fahrkurs gebucht.

„Heuer will ich aufhören“

„Heuer will ich aufhören“, bekräftigt er gegenüber der MZ. „Aber das sage ich ja schon seit drei Jahren.“ 40 Jahre sei er jetzt aus dem Haus. Er fürchte sich vorm Ausstieg. Seit seinem Karriereende ist er schon 23 Jahre bei Porsche. „Plötzlich nur noch im Garten krautern, das kann ich mir nicht vorstellen.“ Aber mit 70 als Opa im Porsche? Das kann er auch nicht. Aber er ist ein und bleibt ein Asphalt-Cowboy. „Ich muss einmal in der Woche die Garagentüre aufmachen und einen Blick auf meine acht Porsches werfen, dann bin ich glücklich“.

Den Schülern der Klasse 11 a des Kerschensteiner Berufschulzentrums reicht schon weniger. Für Sergej Neff (20) ist Walter Röhrl das schönste Abschlussgeschenk, das er sich vorstellen kann. „Am Dienstag hab ich Prüfung, heute ist mein letzter Tag an der Schule.“ Dann steht er in der Lackierstraße 1 bei BMW. „Charakter bilden und das Selbstbewusstsein stärken“ bezeichnet Stefan Reichmann als das Motto der Schule. Der Lehrer hatte den Termin mit Walter Röhrl schon vor neun Monaten ausgemacht. „Dann ist die Berühmtheit da und signiert auch noch ihre kunstvoll angefertigten Porsche-Platten, cool.“