Requiem
Kevenhüll trauert um die Prinzessin

Hella von Bayern aus dem Geschlecht der Khevenhüller hatte Beziehungen zum Ort Kevenhüll aufgenommen. Sie ist Ehrenbürgerin.

14.02.2018 | Stand 16.09.2023, 6:08 Uhr
Johann Grad

Bei der Fahnenweihe der Freiwilligen Feuerwehr Kevenhüll übernahm Prinzessin Hella das Amt der Fahnenmutter. Foto: Grad

Bei der Vereidigung der Damen und Herrn Stadtratsmitglieder, bei Empfängen oder Unterzeichnung wichtiger Verträge legt eine Bürgermeisterin bzw. ein Bürgermeister die Amtskette um. In Kevenhüll darf das auch Georg Harrer, derzeit Ortssprecher und Stadtrat. Bei der Eingemeindung nach Beilngries wurde festgehalten, dass die Bürgermeisterkette in Kevenhüll bleiben soll. Der Ortssprecher trägt sie bei festlichen Anlässen wie die Fronleichnamsprozession oder bei Besuchen von Mitgliedern des Fürstenhauses. Doch wie kommt die ehemalige Gemeinde zu diesem Statussymbol?

Die Khevenhüller, ein Grafengeschlecht in Kärnten, stammen ursprünglich tatsächlich aus Kevenhüll, auch wenn man hier keine Spuren von ihnen mehr findet. Prinzessin Hella von Bayern, eine Nachfahrin der Khevenhüller hatte um 1966 Beziehungen zu Kevenhüll aufgenommen und wurde 1967 zur Ehrenbürgerin ernannt. Oft besuchte sie den Ort ihrer Vorfahren, jetzt verstarb die Adelige an Weihnachten 2017. Bei einem Trauergottesdienst am Sonntag gedenken die Kevenhüller der beliebten Prinzessin Hella von Bayern.

Über die Herkunft geforscht

Aus dem Buch „Seinerzeit“ vom Kevenhüller Chronisten Georg Semmler, an dessen Entstehung Bibliothekar Alfred Wolfsteiner mitwirkte, ist mehr zu erfahren. Die Gegend um Beilngries gehörte ursprünglich zu den Gütern des 1007 durch Kaiser Heinrich neugegründeten Bistums Bamberg. Auch in Kärnten hatte Bamberg umfangreiche Besitzungen. So könnte es möglich sein, dass eine Linie der Kevenhüller als Bamberger Dienstmannen nach Kärnten kam. Diese Annahme deckt sich mit einer Aussage von Georg Harrer.

Ein Richard, vermeintlich der erste Khevenhüller, ist 1030 weggezogen. Urkundlich tauchen die Khevenhüller erst kurz von 1400 in Kärnten auf. Seit 1751 nennt sich das Geschlecht nach einer Heirat Khevenhüller-Metsch, Wohnort ist die Burg Hochosterwitz. 1953 heiratete Hella, Tochter des damaligen Fürsten Max Khevenhüller-Metsch und Anna Prinzessin von Fürstenberg den Prinzen Konstantin von Bayern, einen Wittelbacher.

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Um 1966 bahnte sich dann die Sensation an. Georg Semmler erfuhr vom damaligen MdL Schmiedramsl, eine Prinzessin aus dem Hause Wittelsbach wolle nähere Beziehung zum Dorf Kevenhüll aufnehmen. Semmler informierte Bürgermeister Franz Semler, der Pfarrer Karl Strobl unterrichtete. Der Geistliche nahm die die Sache in die Hand und ehe sich „die Bewohner versahen, kam Prinzessin Hella nach Kevenhüll und hängte dem Gemeindechef Semler eine wertvolle Bürgermeisterkette um“ so Georg Semmler. Der Gemeinderat machte die Prinzessin Hella aus der Familie Khevenhüller-Metsch Anfang Februar 2917 zur Ehrenbürgerin.

Bei einem Festakt am 27. Juli 1967 überreichte Bürgermeister Franz Semler die kunstvoll gestaltete Urkunde. Im Jahr fuhren die Dörfler per Bus nach Kärnten und besuchten auf der Burg Hochosterwitz ihre „Ahnen“. Manch Österreicher wunderte sich über die vielen „K(h)evenhüller“. Prinzessin Hella pflegte mit vielen Besuchen ihre Ehrenbürgerschaft. In der Adventszeit der siebziger Jahre lud sie die Kevenhüller und Oberndorfer Schulkinder nach dem Unterricht in das Gasthaus zu einer vorweihnachtlichen Feier ein.

Aussichtspunkt benannt

Immer wieder kam die Ehrenbürgerin nach Kevenhüll, ging gern unter die Leute, plauderte und lachte mit ihnen und gewann ihr Vertrauen. Nach ihr benannt ist ein Aussichtspunkt auf dem Kevenhüller Berg. Vom Hella-Felsen aus hat man einen schönen Ausblick auf Beilngries. Als das Dorf 1972 sein 900-jähriges Bestehen feiern konnte, war Prinzessin Hella Gast und bei der Fahnenweihe der Freiwilligen Feuerwehr 1974 übernahm sie das Amt der Fahnenmutter. Die begonnenen Beziehungen setze Hellas Bruder Fürst Max Khevenhüller-Metsch fort, als er im Sommer 1993 den 100. Geburtstag der Feuerwehr mitfeierte. Bei einem Besuch 2001 sagte Prinzessin Hella zu, sich bei den Feierlichkeiten zur Fahnenweihe des Schützenvereins Jurahöhe Kevenhüll aktiv zu beteiligen. Beim großen Fest 2003 der Schützen übernahm sie das Amt der Fahnenmutter, beteiligte sich an dem Zeremoniell beim Festgottesdienst und marschierte zu Fuß beim Festzug mit durch das schön geschmückte Kevenhüll. Auch per Post hielt man bis vor wenigen Jahren regelmäßig Kontakt.

Am 25. Dezember 2017 verstarb sie und im Januar 2018 fand in der Wallfahrtskirche zu Andechs das Requiem statt. Als Vertreter von Kevenhüll und Stadt Beilngries nahmen Ostsprecher Georg Harrer und Bürgermeister Alexander Anetsberger daran teil. Graf Karl von Khevenhüll-Metsch, ein Neffe von Prinzessin Hella, ist der aktuelle Burgherr, auch für die Burg Hochosterwitz. Er bekräftigte in einem Schreiben, die Beziehungen zu Kevenhüll weiterhin zu pflegen, berichtet Georg Harrer.

Der Ortssprecher selber ist bestrebt, die Verbindung weiter aufrecht zu erhalten bzw. zu intensivieren bei anstehenden Jubiläen. 2020 können die Khevenhüller ein Jubiläum feiern, denn vor 990 Jahren hat einer ihrer Vorfahren das Dorf Kevenhüll verlassen. Und auch 2022, wenn Kevenhüll die erste urkundliche Erwähnung vor 950 Jahren feiern kann, werden die Ursprünge lebendig halten. und wir werden dem Erbe von Prinzessin Hella gerecht“, so Harrer. Unterstützt wird er bei diesem Anliegen in jeder Hinsicht auch von Bürgermeister Alexander Anetsberger. Und bei all diesen Anlässen und Feierlichkeiten trägt der Ortssprecher wieder die Amtskette.

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