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Kronprinz Söder und die Bernhardiner

Der CSU-Mann Söder drängt ins Rampenlicht. Auch die Patenschaft fürs Bernhardiner-Vereins-Jubiläum ist kein Aprilscherz.

01.04.2016 | Stand 16.09.2023, 6:50 Uhr
Der bayerische Finanzminister Markus Söder (CSU) in seinem Element – nicht nur weil die Kameras beim Ortstermin mit Bernhardinern im Englischen Garten klicken. Der CSU-Mann ist Hundefreund. Er hat selbst einen Labrador und einen Mini-Dobermann. Bernhardiner wie der 75-Kilo-Hund „Quantum vom Baronenschloss“ (r.) haben für ihn das Zeug zum Familienhund Nr. 3. −Foto: dpa

Beim Ortstermin im Englischen Garten ruckeln am Freitag elf Bernhardiner an ihren Leinen. Ihre Frauchen und Herrchen warten unter schiefergrauem Himmel gespannt auf Markus Söder. Dem CSU-Kronprinzen und Finanzminister soll die Schirmherrschaft für das 125-jährige Jubiläum des St. Bernhards-Klubs übertragen werden, das im Herbst im fränkischen Schloss Seehof gefeiert wurde.

Ein Klub in Erklärungszwang

Die Namensähnlichkeit zwischen Schloss und bayerischem Ministerpräsidenten, der Termin ausgerechnet am 1. April und der fintenreiche Söder als Hauptprotagonist: Das hatte den Bernhards-Klub im Vorfeld allerdings erst einmal in Erklärungsnot gebracht. Journalisten glaubten an einen von Söder ausgeheckten Scherz. „Radio, Fernsehen und die Deutsche Presse-Agentur haben nachgefragt“, erzählt Bundesvorsitzender Wolfgang Splinter. Am Freitag gibt er letzten Zweiflern immergleiche Antworten: Es ist Ernst. Die bayerische Vorsitzende Marie-Luise Löhr (69) lässt derweil unterm Chinesischem Turm die Augen schweifen. Wann trifft Söder ein? Kommt er über den Weg hinten? Oder doch von vorne? „Mit Söder muss man von allen Seiten rechnen“, scherzt ein Journalist. Ein Satz mit Wahrheitsgehalt.

Tatsächlich drängt der ehrgeizige Franke derzeit besonders vehement in die Öffentlichkeit: Er reist kreuz und quer durch Bayern, um Breitbandförderbescheide zu verteilen. Er ist in Talkshows von Maybrit Illner bis Markus Lanz omnipräsent. Er bespielt im engen Takt alle digitalen Netzwerke. Seit kurzem hat der gelernte Journalist sogar einen eigenen Youtube-Kanal, eine Art Södersches Privat-TV.

Heute ist Karfreitag. Jesus Christus wurde gekreuzigt. Ein wichtiger Tag für uns Christen. Zum Essen gibt es Fisch statt Fleisch...

Posted by Markus Söder on Freitag, 25. März 2016

Statements gibt es von ihm zur kompletten Themenpalette – von der Flüchtlingspolitik bis zu Finanzfragen. Er postet auch Bilder vom privaten Sushi-Essen. Ein Miniclip zeigt ihn beim Tätscheln des neuen Söderschen Familienhunds Bella, ein Mini-Dobermann, der in Söders Armbeuge passt. Teils nimmt der Mitteilungswunsch des politischen Selbstdarstellungskünstlers skurrile Züge an. Am Karfreitag erklärte Söder Facebook-Freunden in weniger als 140 Zeichen den Kern des hohen Kirchentages: „Heute ist Karfreitag. Jesus Christus wurde gekreuzigt. Ein wichtiger Tag für uns Christen. Zum Essen gibt es Fisch statt Fleisch.“ Anbei kredenzte der Minister ein Foto von gebratenem Fisch.

Bernhardinertugenden im Kabinett

In der CSU beobachten sie Söders Treiben mit Argwohn. Partei-Chef Horst Seehofer reagiert mit schöner Regelmäßigkeit verschnupft, ohne dass das Söder nachhaltig beeindrucken würde. Manfred Weber, CSU-Vize und Chef der konservativen EVP-Fraktion im Europa-Parlament – vom Naturell ein klarer Gegenentwurf zu Söder – setzt unverhohlen Spitzen. „Ich möchte durch meine Aufgaben wachsen, nicht durch Überehrgeiz, der gleich durch die Decke geht.“ Wirtschaftsministerin Ilse Aigner attestiert Söder machiavellistisch anmutendes Machtstreben, mit dem sie auf keinen Fall in Konkurrenz treten werde. „Da müsste ich ja so werden wie er, das will ich nicht. Ich will Teamarbeit für das ganze Land.“

Machtgierig, rücksichtslos, publicitysüchtig? Dieses Image klebt seit CSU-Generalsekretärs-Zeiten an Söder. Doch mit unermüdlicher Beharrlichkeit zeichnet er an einem neuen Bild, irgendwas zwischen Staatsmann und herzlichen Familienmenschen. Der Termin mit Bernhardinern im Englischen Garten passt in dieses Konzept und ist trotzdem mehr. „Ich liebe Hunde“, sagt Söder. Er freue sich sehr, über die Schirmherrschaft. Tatsächlich leben unter dem Dach seines Hauses in Nürnberg neben Mini-Dobermann Bella auch Labrador-Dame Fanny. Bernhardiner hätten das Zeug zum Familienhund Nummer 3, meint er und krault dem wuchtigen 75-Kilo-Bernhardiner „Quantum vom Baronenschloss“ über dem Kopf. Mit den gutmütig-verspielten Tieren verbinde ihn die „täglich große Gelassenheit“, die auch am Kabinettstisch gefragt sei.

Bataillone gesammelt

Glaubt man dem, was in der CSU kursiert, hat Söder zur Gelassenheit allen Grund. Im Landtag und in der Partei habe er genügend Bataillone für den Tag gesammelt, an dem der Machtwechsel ansteht. Auch die Großzahl der CSU-Bezirksverbände sollen ihm zugeneigt sein. Die Zwischenzeit versteht Söder als Ministerpräsidenten-Testlauf. Der Terminkalender für April ist wieder voll, inklusive Heimspiel beim Maibock-Anstich mit Django Asül am 27. April im Münchner Hofbräuhaus. Der facettenreiche Söder ist dort als Finanzminister Hausherr.Er hat sich als spitzzüngiger Vorredner etabliert, der Politiker jedweder Couleur im Schnelldurchlauf derbleckt.Seehofer hat abgesagt, wie man hört – wie schon in den Vorjahren.

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